Arbeitslosengeld I

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Rechtslage ab 1.2.2006

Von Rechtsanwalt Martin Spatz, München

Für Arbeitnehmer, die ab dem 01.02.2006 arbeitslos werden, gelten veränderte Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld I. Im Folgenden sollen deshalb die derzeit geltenden Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld I im Falle der Arbeitslosigkeit grundrissartig dargestellt werden. Dieser Beitrag will eine verständliche Einführung und Beschreibung der Grundstruktur der Anspruchsvoraussetzungen geben und verzichtet dabei bewusst auf die Darstellung von Ausnahme- und Sondertatbeständen.

I. Regelvoraussetzungen

Arbeitslosengeld erhalten Arbeitnehmer, die (1.) arbeitslos sind, (2.) sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und (3.) die Anwartschaftszeit erfüllt haben.

  1. Wann liegt Arbeitslosigkeit vor?

    Arbeitslos ist ein Arbeitnehmer, der

    • nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Beschäftigungslos ist derjenige, der entweder gar nicht oder weniger als 15 Stunden wöchentlich arbeitet. Gelegentliche Überschreitungen der 15-Stunden-Grenze von geringer Dauer sind unbeachtlich.

    • sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Im Rahmen dieser Eigenbemühungen hat der Arbeitslose alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen.

    • den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht. Verfügbar ist, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und zu deren Ausübung auch bereit ist. Der Arbeitslose muss zudem den Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten können und bereit sein, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung teilzunehmen.

  2. Persönliche Arbeitslosmeldung

    Der Arbeitslose hat sich persönlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitslos zu melden. Dies ist Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld. Die Arbeitslosmeldung kann somit weder telefonisch noch durch einen Vertreter erfolgen. Sie setzt grundsätzlich eine persönliche Vorstellung bei der zuständigen Agentur für Arbeit voraus. Eine Meldung ist auch zulässig, wenn die Arbeitslosigkeit noch nicht eingetreten, der Eintritt der Arbeitslosigkeit aber innerhalb der nächsten drei Monate zu erwarten ist.

  3. Anwartschaftszeit

    Der Anspruch auf Arbeitslosengeld setzt die Erfüllung der Anwartschaftszeit voraus. Innerhalb der letzten 2 Jahre vor Eintritt der Arbeitslosigkeit muss der Arbeitslose mindestens 12 Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein oder in einem anderen Versicherungsverhältnis gestanden haben.

II. Anspruchsdauer

Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld richtet sich nach der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der letzten 3 Jahre vor Eintritt der Arbeitslosigkeit und dem Lebensalter, das der Arbeitslose bei der Entstehung des Anspruchs vollendet hat.

Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld beträgt:

nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens... Monaten und nach Vollendung des... Lebensjahres ... Monate
12   6
16   8
20   10
24   12
30 55. 15
36 55. 18

Arbeitslose, die das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, können damit Arbeitslosengeld für maximal 12 Monate beziehen. Die Bezugsdauer für Arbeitslose, die das 55. Lebensjahr bereits vollendet haben, beträgt maximal 18 Monate.

III. Höhe des Arbeitslosengeldes

Maßgebliche Bestimmungsgrößen für die Höhe des Anspruchs auf Arbeitslosengeld sind der Familienstatus, die Lohnsteuerklasse und das auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt. Das Arbeitslosengeld wird für Kalendertage berechnet und geleistet. Ist es für einen vollen Kalendermonat zu zahlen, ist dieser mit 30 Tagen anzusetzen.

Die Berechnung des Arbeitslosengeldes erfolgt in 3 Schritten:

  1. Berechnung des Bemessungsentgelts

    • Betrachtet wird zunächst das gesamte letzte Jahr vor der Entstehung des Arbeitslosengeldanspruchs. Sind innerhalb dieses Jahres weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt angefallen, erstreckt sich die Betrachtung auf die letzten zwei Jahre (Bemessungsrahmen).

    • Ermittelt werden nun die im Bemessungsrahmen geleisteten und abgerechneten Zeiträume, für welche Entgelt gezahlt oder Ansprüche hierauf erworben wurde (Bemessungszeitraum).

    • Anschließend wird das im Bemessungszeitraum erworbene Bruttoarbeitsentgelt ermittelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat und dieses anschließend durch die Entgelttage des Bemessungszeitraum geteilt. Hierdurch erhält man das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).

    Beispiel: Der Arbeitslose ist zum 01.04.2006 arbeitslos geworden. In den letzten beiden Jahren war er insgesamt mehr als 12 Monate versicherungspflichtig beschäftigt, in der Zeit von März 2005 bis März 2006 allerdings nur 180 Tage. In diesen 180 Tagen bezog er insgesamt € 12.000,00 brutto. Das Bemessungsentgelt beträgt demnach € 12.000,00 / 180 Tage = € 80,00 brutto pro Tag.

  2. Berechnung des Leistungsentgelts

    Das so ermittelte (Brutto-)Bemessungsentgelt ist dann um pauschalierte Abzüge zu vermindern, und zwar um eine Sozialversicherungspauschale von 21%, um die Lohnsteuer nach der Lohnsteuertabelle bei Berücksichtigung der Vorsorgepauschale und um den Solidaritätszuschlag. Die Feststellung der Lohnsteuer richtet sich grundsätzlich nach der Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Jahres auf der Lohnsteuerkarte eingetragen war. Spätere Änderungen der Lohnsteuerkarte können nur eingeschränkt berücksichtigt werden. Nach Abzug dieser Pauschalen erhält man das so genannte Leistungsentgelt (=pauschaliertes Nettoentgelt) .

    Beispiel: Bei dem im obigen Beispiel ermittelten Bemessungsentgelt von € 80,00 brutto pro Tag würden sich bei einem Arbeitslosen, der auf der Lohnsteuerkarte die Steuerklasse I/IV eingetragen hat, folgende Abzüge ergeben: Sozialversicherungspauschale € 16,80, Lohnsteuer € 12,44, Soli € 0,68. Damit beläuft sich das Leistungsentgelt auf € 50,08 pro Tag.

  3. Berechnung des auszubezahlenden Arbeitslosengeldes

    Der allgemeine Leistungssatz beträgt 60% des sog. Leistungsentgelts. Anspruch auf den erhöhten Leistungssatz von 67% haben Arbeitslose, die entweder selbst oder deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigendes Kind haben.

    Beispiel: Bei dem im Beispielsfall ermittelten Leistungsentgelt von € 50,08 pro Tag erhält der Arbeitslose, bei dem keine Kinder zu berücksichtigen sind, damit ein Arbeitslosengeld von € 30,05 pro Tag / € 901,50 im Monat (=allgemeiner Leistungssatz von 60% des Leistungsentgelts). Sind Kinder zu berücksichtigen, beträgt das Arbeitslosengeld € 33,55 pro Tag / € 1.006,50 pro Monat (=erhöhter Leistungssatz von 67% des Leistungsentgelts).


Martin Spatz
Rechtsanwalt