Aufrechnung von Mietkautionsdarlehen durch das Jobcenter rechtswidrig

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Wegweisende BSG Entscheidung

Empfänger von Arbeitslosengeld II haben oft Anspruch auf ein zinsloses Darlehen durch das Jobcenter, um Notlagen zu überbrücken. Darlehen können z.B. für eine Mietkaution, Miet- oder Stromschulden bewilligt werden.

BSG verbietet Praxis der Jobcenter

Bisher rechnen die Jobcenter das Darlehen gegen das Arbeitslosengeld II auf. Das kann zu einer längerfristigen Bedarfsunterdeckung führen. Das Bundessozialgericht hat nun jedoch entschieden, dass diese Praxis nicht rechtens ist. Jobcenter dürfen die Tilgungsraten für ein Darlehen nicht mit dem Arbeitslosengeld II verrechnen. Dieser Praxis ist das Bundessozialgericht (BSG) jetzt entgegengetreten und hat entschieden, dass das Jobcenter die Tilgungsraten für das Mietkautionsdarlehen nicht einbehalten durfte (BSG vom 29.06.2015, B 4 AS 11/14 R)

René Piper
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Gewährleistung des Existenzminimums

Das Existenzminimum sei stets zu gewährleisten. Eine Aufrechnung eines Darlehens beinhalte die Gefahr einer Bedarfsunterdeckung bei den laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, die zumindest einer gesetzlichen Regelung bedürfe.

Jobcenter könnten sich bei der Tilgung des Mietkautionsdarlehens durch Einbehaltung des Alg II auch nicht auf die von ihm veranlasste und formulierte "Abtretungserklärung" berufen.

Praxishinweis

Beziehern von Alg II ist zu empfehlen, gegen die Aufrechnung Widerspruch einzulegen. Dieser Widerspruch entfaltet aufschiebende Wirkung (§ 86 a SGG), die nicht von der Ausnahmevorschrift des § 39 SGB II betroffen ist. Das heißt: Der Widerspruch beendet die Aufrechnung schon von ganz alleine. Allerdings wird die aufschiebende Wirkung von den Jobcentern oft nicht beachtet, sodass dann nur der Gang vor das Sozialgericht hilft.

Sollte die Widerspruchsfrist von einem Monat bereits abgelaufen sein, kann noch ein Überprüfungsantrag beim Jobcenter gestellt werden. Ein Anwalt für Sozialrecht kann dabei helfen.

Rechtsanwalt René Piper

an diesem Artikel wirkte Rechtsreferendar Jan Bergmann mit.

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