Hartz IV: ARGE muss Kosten für private Krankenversicherung vollständig übernehmen

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Dies ergibt sich aus einem Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16.09.2009 (Az:  L 3 AS 3934/09 ER-B).

Dabei ging es um einen ehemals selbständigen Hartz IV-Empfänger, der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II bezog. Aufgrund seiner vorangegangenen Selbständigkeit war dieser nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern musste  sich weiterhin privat krankenversichern.

Das JobCenter übernahm dabei lediglich den Beitrag, den ein Bezieher von ALG II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen hat. Den Differenzbetrag in Höhe von monatlich 111,24 Euro sollte der betroffene Hartz IV-Empfänger aus seiner Regelleistung bestreiten und beantragte hiergegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Stuttgart.

Das JobCenter berief sich dagegen auf die gesetzliche Regelung der §§ 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), welche dem  Leistungsbezieher lediglich einen Anspruch auf den Mindestbeitrag einer gesetzlichen Krankenversicherung gewähre.

Mit Beschluss vom 13.08.2009 (Az :   S 9 AS 5003/09 ER) stellte das Sozialgericht Stuttgart im Rahmen des Eilverfahrens fest, dass die Regelung der §§ 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 VAG zu einer existenzgefährdenden Bedarfsunterdeckung des Leistungsbeziehers führe. Diese Bedarfsunterdeckung sei hinsichtlich des im Grundgesetz verankerten Anspruchs auf Gewährleistung des Existenzminimums verfassungsrechtlich bedenklich. Das JobCenter wurde deshalb durch den genannten Beschluss verpflichtet, die vollen monatlichen Beiträge zur privaten Krankenversicherung des Hartz IV-Empfängers zu übernehmen.

Gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart legte das JobCenter Beschwerde beim Landessozialgericht Baden-Württemberg ein, mit dem Antrag, diesen aufzuheben.

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg stellte sich aber in einem weiteren Eilverfahren am 16.09.2009 auf die Seite des Hartz IV-Empfängers und bestätigte den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart.

Die dem Hartz IV-Empfänger bewilligte Regelleistung diene der Sicherung seines Lebensunterhaltes, insbesondere seiner Ernährung, Kleidung und seines Bedarfs des täglichen Lebens. Nicht von der Regelleistung umfasst seien dagegen die Aufwendungen für die Krankenversicherungsbeträge.

Auch bestätigte das Gericht das Vorliegen der Eilbedürftigkeit für den Antrag des Hartz IV-Empfängers auf einstweiligen Rechtsschutz.

Zwar könne dieser bei Nichtzahlung der vollen Beiträge nicht von seiner privaten Krankenversicherung gekündigt werden, da dies seit dem 01.01.2009 gemäß § 206 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz ausgeschlossen ist. Dem Hartz IV-Empfänger drohe jedoch, von einer ärztlichen Behandlung ausgeschlossen zu werden, da er als Privatversicherter die ärztlichen Behandlungskosten vorleisten müsse. Aufgrund seiner fehlenden finanziellen Mittel sei damit seine im Grundgesetz verankerte ausreichende medizinische Versorgung nicht gewährleistet.