Hartz IV für Doktoranden?

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Die Frage, ob man eine Promotion mit "Hartz IV" (richtig: ALG II) finanzieren kann, geistert durch viele Internet-Foren, und die Antworten sind zumeist negativ. Wegen der in der Regel erforderlichen Einschreibung als Studierender lehnen die ARGEn (Jobcenter) Anträge von Doktoranden meist mit der Begründung ab, dass der Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG einen ALG II-Anspruch ausschließe.

Dies entspricht auch der Wirklichkeit. Angesichts der Überlastung der ARGEn ist es aber auch nicht verwunderlich, dass für viele Sachbearbeiter ein einfacher Blick auf die Studenten-Eigenschaft des Antragstellers für die Ablehnung eines Anspruchs genügt. Für differenziertere Betrachtungen der Gesetzeslage ist oft überhaupt keine Zeit. Es gab allerdings auch schon Prozesse vor den Sozialgerichten, in denen von Behördenseite dieser Standpunkt vertreten wurde.

Diese Auffassung ist jedoch falsch und steht im Widerspruch zum Gesetzeswortlaut. § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ist eindeutig: Ein Ausschluss des Anspruchs liegt nur dann vor, wenn dem Grunde nach ein Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG besteht. Dies ist z.B. der Fall bei "normalen" Studenten - auch dann, wenn die Eltern zu viel verdienen oder bei "Bummelstudenten". Dem Grunde nach - also abstrakt - besteht ein Anspruch, nur die individuellen Umstände schließen diesen hier aus.

Ein Doktorand dagegen hat schon dem Grunde nach keinen Anspruch auf BAföG. Ein Promotionsstudium ist kein Studiengang, der auf einen berufsqualifizierenden Abschluss abzielt (und somit förderungsfähig nach dem BAföG wäre), sondern setzt in der Regel das Vorhandensein eines berufsqualifizierenden Abschlusses - z.B. einen Magister oder ein Staatsexamen - voraus. Maßgeblich für den Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ist aber allein die Frage der grundsätzlichen Förderungsfähigkeit nach dem BAföG. Die bloße Tatsache der Immatrikulation an einer Hochschule erfüllt den Tatbestand nicht. Ein Promotionsstudium ist als Ausbildung nicht berufszielorientiert und damit grundsätzlich nicht nach dem BAföG förderungsfähig.

Fazit: Wer einen ablehnenden Bescheid zu einem ALG II-Antrag bekommt mit der Begründung, er sei Doktorand und damit Student, für den BAföG-Leistungen vorrangig seien, sollte auf jeden Fall (innerhalb der 1-Monats-Frist!) Widerspruch einlegen und sich auch nicht davor scheuen, bei einer Ablehnung des Widerspruchs Klage einzureichen. Die Aussichten auf Erfolg sind gut. Spätestens bei der Klage ist jedoch die Hinzuziehung eines Anwalts ratsam. Außerdem darf nicht vergessen werden, dass man während des Bezugs von ALG II dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und deshalb Beschäftigungsangebote der Jobcenter grundsätzlich annehmen muss.


Autor: Jan Knupper