Hörgeräte

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über dem Festbetrag - wer trägt die Kosten

Schon mit seinem Urteil vom 17.12.2001 – 1 BvL 29/95 – hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Festbetragsregelung nicht gegen die Verfassung verstößt. Es müsse aber durch gerichtliche Kontrolle der Festbetragsfestsetzung sichergestellt sein, dass eine ausreichende Versorgung der Versicherten durch vertragsgebundene Leistungserbringer noch gewährleistet sei.

Seitdem hat es eine Fülle von Entscheidungen zu diesem Thema gegeben.

Fazit: im Einzelfall muss eine Erstattung auch der Kosten über dem Festbetrag in Betracht kommen, wenn ein Behinderungsausgleich durch die zum Festbetrag erhältlichen Hörgeräte nicht möglich ist, so z.B. das BSG in seinem Urteil vom 17.12.2009 – B 3 KR 20/08 R.

Konkret sollte ein Versicherter, dem ein Hörgerät erordnet wurde, bei dem Erwerb eines Hörgerätes unbedingt einige Dinge beachten:

  1. Zunächst sollte er einen Antrag auf Kostenübernahme stellen.
  2. Zur Beschleunigung Angelegenheit kann er dem Leistungsträger, sei es Krankenkasse, sei es Rentenversicherungsträger, eine angemessene Frist für den Erlass eines Bescheides setzen.
  3. Er sollte die Hörgeräte ausreichend testen, bevor er sich für eines entscheidet.
  4. Er sollte es vermeiden, schon in der Testphase eine Ratenzahlungsvereinbarung oder eine Vereinbarung zu treffen, aus der sich ergibt, dass er sich bereits für ein Hörgerät verpflichtend entschieden hat.
    Auf keinen Fall sollte von dem Hörgeräteakustiker schon jetzt eine Rechnung gestellt werden.
  5. Er hat Anspruch auf Beratung durch die Leistungsträger. Diese sind verpflichtet, dem Versicherten bei der Suche nach einem zum Ausgleich seiner Behinderung geeigneten und nicht überteuerten Hörgerät behilflich zu sein. Dieses Recht sollte er, angesichts der Tatsache, dass der Hörgerätemarkt äußerst intransparent ist, auch einfordern.
  6. Erst nach Ablehnung des Antrags auf Kostenübernahme darf sich der Versicherte das Hörgerät selbst beschaffen und Kostenerstattung verlangen. Im Regelfall wird dann ein Gericht darüber zu entscheiden haben, ob im konkreten Fall ein Gerät zum Festbetrag zum Ausgleich der Behinderung ausreichend gewesen wäre oder nicht.
  7. Bestehen Zweifel, ob die Zuständigkeit der Krankenversicherung oder der Rentenversicherung gegeben ist, sollte er bei beiden Leistungsträgern Anträge stellen und gegen ablehnende Bescheide mit Widerspruch und Klage vorgehen.

 Es bleibt den Betroffenen nichts übrig, als dieses zeitraubende Prozedere einzuhalten und sich zunächst in Geduld zu üben. Beachtet er dies nicht, läuft er Gefahr, auf den Kosten sitzen zu bleiben, die über den Festbetrag hinausgehen – selbst dann, wenn ihm eigentlich ein teureres Gerät zwecks Behinderungsausgleich bezahlt werden müsste.