SGB IX - GdB, Merkzeichen und Nachteilsausgleichung

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Um Nachteile zu vermeiden oder ihnen entgegen zu wirken sowie zu der Förderung der Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, erhalten behinderte Menschen oder von Behinderung bedrohte Menschen Leistungen nach dem SGB IX. Der Artikel zeigt, wie bei den Betroffenen der Grad der Behinderung (GdB) festgestellt wird, welche Merkzeichen zusätzlich bei bestimmten Beeinträchtigungen in den Schwerbehindertenausweis eingetragen werden, und zu welchen Leistungen die Feststellungen von GdB und Merkzeichen führen.

1. Feststellung des GdB:

Patrick Inhestern
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Fachanwalt für Sozialrecht, Fachanwalt für Familienrecht
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Der Grad der Behinderung (GdB) stellt das Maß für körperliche, geistige, seelische und soziale Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigung durch eine Behinderung dar. Das Gesetz definiert eine Behinderung in § 2 Abs. 1 SGB X. Die Vorschrift lautet:

"Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist."

Nach § 69 SGB IX wird das Vorliegen einer Behinderung und der Grad der Behinderung auf Antrag des Betroffenen festgestellt. Eine Feststellung über den Grad der Behinderung wird nur dann getroffen, wenn der GdB zwischen 20 und 100 liegt, wobei eine Unterteilung in 10er – Schritten erfolgt.

Eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 SGB IX liegt vor, wenn ein GdB von mindestens 20 festgestellt worden ist.

Eine Schwerbehinderung nach § 2 Abs. 1 SGB IX liegt vor, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt. Nach § 69 SGB IX können diese Personen einen Schwerbehindertenausweis beantragen.

Menschen mit einem GdB von mehr als 30 aber weniger als 50 können auf Antrag schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden. Nach § 2 Abs. 3 SGB XI setzt die Gleichstellung voraus, dass diese Menschen einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können.

Bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, ordnet § 69 Absatz 3 SGB IX die Bildung eines gesamten Grades der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen an. Eine bloße Addition der einzelnen GdB-Werte verbietet sich dabei.

Der Grad der Behinderung kann im Ausweis auch nachträglich geändert werden. Dazu sind aber ein Antrag auf Neufeststellung sowie erneute medizinische Gutachten notwendig. Man sollte damit rechnen, dass der GdB auch herabgesetzt werden kann.

Das für Sie zuständige Versorgungsamt entscheidet durch Bescheid über Ihren Antrag auf Feststellung des Grades der Behinderung.

2. Merkzeichen

Neben dem Grad der Behinderung und der Zugehörigkeit zu Sondergruppen wie Kriegsbeschädigten werden nach § 3 Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwVO) unter bestimmten Voraussetzungen in den Schwerbehindertenausweis weiter Merkzeichen eingetragen, die zur Ausgleich von Nachteilen des schwerbehinderten Menschen führen sollen. Diese Merkzeichen sind im folgenden erläutert.

a) Merkzeichen "G"

Das Merkzeichen "G" erhalten schwerbehinderte Menschen zu, die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind und deswegen Wegstrecken im Ortsverkehr nicht zurücklegen können, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Dadurch treten Gefahren für den Schwerbehinderten oder andere auf. Diese Beeinträchtigungen können Folge einer Gehbehinderung, aber auch eines inneren Leidens oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit sein.

b) Merkzeichen "aG"

Das Merkzeichen "aG" wird in den Schwerbehindertenausweis von Menschen mit einer außergewöhnlich Gehbehinderung eingetragen sind, also bei solchen Menschen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeugs bewegen können. Als Beispiel sind hier Menschen mit Querschnittslähmungen oder Amputationen beider Beine oder beider Unterschenkel, Menschen, die an schwersten Herzschäden oder Erkrankungen der Atmungsorgane leiden. Eine außergewöhnliche Gehbehinderung ist stets anzunehmen bei Menschen mit einer Querschnittslähmung, bei einem Verlust beider Hände, bei blinden Menschen oder bei Menschen, die erheblich sehbehindert, geistig behindert, anfallskrank oder ertaubt sind oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit leiden, und bei denen das Merkzeichen "G" im Ausweis eingetragen wurde.

c) Merkzeichen "H"

Das Merkzeichen "H" wird bei hilflosen Menschen eingetragen. Als hilflos in diesem Sinn gilt ein behinderter Mensch, wenn er dauerhaft für alltägliche Verrichtungen wie An- und Auskleiden, Körperpflege, Verrichten der Notdurft, Nahrungsaufnahme, notwendige körperliche Bewegung und geistige Anregung der Hilfe bedarf. Es wird Hilflosigkeit auch dann bejaht, wenn eine dauernde Bereitschaft zur Hilfe für die betreffende Person vorhanden sein muss.

Üblicherweise als hilflos anzusehen sind blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen, hirngeschädigte, anfallsleidende und geistig behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 deswegen, querschnittsgelähmte Menschen, und Menschen mit dem Verlust von zwei oder mehr Gliedmaßen.

d) Merkzeichen "BL"

Sind schwerbehinderte Menschen blind, so wird in ihren Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen "Bl" eingetragen. Als blind gelten insoweit Menschen, denen das Augenlicht vollständig fehlt oder deren Sehschärfe so gering ist, dass sie sich in einer ihnen nicht vertrauten Umgebung ohne fremde Hilfe nicht zurechtfinden können. Das wird generell bejaht, wenn auf dem besseren Auge nur eine Sehschärfe von nicht mehr als 1/50 vorliegt.

e) Merkzeichen "GL"

Das Merkzeichen "Gl" wird in dem Schwerbehindertenausweis von gehörlosen schwerbehinderten Menschen vermerkt. Gehörlos sind in der Regel hörbehinderte Menschen, bei denen Taubheit beiderseits vorliegt. Es können aber auch hörbehinderte Menschen mit einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit beiderseits sein, wenn daneben schwere Sprachstörungen vorliegen. Zumeist handelt es sich dann um hörbehinderte Menschen, bei denen die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit angeboren oder in der Kindheit erworben worden ist.

f) Merkzeichen "RF"

Das Merkzeichen "RF" setzt vorausgesetzt, dass die Behinderung mindestens einen GdB von 80 ausmacht. Das ist beispielsweise bei behinderten Menschen mit auch durch innere Leiden hervorgerufene Bewegungsstörungen, die selbst mit Hilfe von Begleitpersonen oder technischen Hilfsmitteln öffentliche Veranstaltungen nicht besuchen können, behinderten Menschen mit dauernd ansteckender Lungentuberkulose stets der Fall. Nötig ist, dass diese behinderten Menschen allgemein von öffentlichen Veranstaltungen ausgeschlossen sind.

Blinde oder wesentlich sehbehinderte Personen mit einem GdB von 60 und gehörlose Personen sowie solche mit einer hochgradigen Hörbehinderung (GdB mind. 50), wird das Merkzeichen auch ohne die vorgenannten Vorraussetzungen gegeben.

g) Merkzeichen „B"

Das Merkzeichen „B" setzt eine erhebliche oder außergewöhnliche Gehbehinderung oder Hilflosigkeit voraus. Es erhalten schwerbehinderte Personen, die zur Vermeidung von Gefahren für sich und andere beim Benutzen von öffentlichen Verkehrsmitteln regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind, oder Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen in Anspruch nehmen müssen.

h) Merkzeichen „1. Kl."

Das Merkzeichen „ 1. Kl." erhalten Schwerkriegsbeschädigte und Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes(BEG) mit einem GdE/GdB von mindestens 70.

3. Nachteilsausgleiche

Die Art und Höhe der Nachteilsausgleiche sind vielfältig. Deswegen ist es auch durchaus von Bedeutung, welchem GdB Betroffene auf ihren Antrag hin erhalten, und welche Merkzeichen eingetragen werden.

So gibt es bereist ab einem GdB von 30 Steuererleichterungen in Form von Freibeträgen. Je höher der GdB, desto höher ist auch der Steuerfreibetrag.

Insoweit bedeutet die Feststellung des GdB bares Geld.

Am gewichtigsten sind die Nachteilsausgleiche ab einem GdB von 50. Hier gelten dann die Regelungen des 2. Teil des SGB IX. Betroffene erhalten beispielsweise begleitende Hilfen im Arbeitsleben, Freistellung von Mehrarbeit, 1 Woche zusätzlichen Urlaub sowie Sonderkündigungsschutz. Daneben bestehen Möglichkeiten bezüglich früherer Verrentung.

Die Eintragung von dem Merkzeichen „G", „aG", „H", „Bl", „Gl" berechtigt zu Freifahrten im öffentlichen Personennahverkehr nach Erwerb einer Wertmarke oder Kraftfahrzeugsteuerermäßigung bzw. Kraftfahrzeugsteuerbefreiung. Daneben gibt es merkzeichenabhängig weitere Pauschbeträge für außergewöhnliche Belastungen, Parkerleichterungen und Parkplatzreservierung.

Patrick Inhestern
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

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