Steueramnestie – Die Rückkehr zur Steuerehrlichkeit

Mehr zum Thema: Steuerrecht, Steueramnestie, Strafbefreiungserklärungsgesetz, Steuersünder, Steuerhinterziehung
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Straffreiheit und Steuerbefreiung

Am 23.12.2003 wurde das Gesetz über die strafbefreiende Erklärung (Strafbefreiungserklärungsgesetz - StraBEG) verkündet, das dem Steuersünder die Möglichkeit einräumt, bisher nicht angegebene Einkünfte nachzuerklären, ohne sich strafbar zu machen. Es soll die Steuerehrlichkeit der Bürger fördern, womit das Interesse des Staates einhergeht, höhere Steuereinnahmen zu erzielen.

Auf die verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung der steuerehrlichen Bürger und der durch dieses Gesetz nunmehr privilegierten Steuersünder soll nachfolgend nicht eingegangen werden. Vielmehr sollen Inhalt, Form und Wirkung der Nacherklärung dargestellt werden:

Michael Wieck
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Die zum 30.12.2003 in Kraft getretene Neuregelung betrifft Straftaten, die sich auf Veranlagungszeiträume nach dem 31.12.1992 und vor 01.01.2003 beziehen. Nachzuerklären sind insofern Einkünfte für die Jahre 1993 bis 2002. Hinsichtlich früherer Zeiträume ist keine Amnestie notwendig, da regelmäßig zwischenzeitlich Verjährung eingetreten ist. Bei der Abgabe der Steuererklärungen für das Jahr 2003 sind selbstverständlich die bisher „vergessenen“ Einnahmen vollständig zu erklären.

Die Folge der nachträglichen Erklärung ist, dass der Steuerpflichtige zum einen straffrei ausgeht, wenn er binnen zehn Tagen nach Abgabe der Nacherklärung die selbst ausgerechnete, pauschale Steuer an das Finanzamt abführt. Für sämtliche Taten, die der Täter anzeigt, erlangt er Straffreiheit. Dies gilt auch für alle an der Tat Beteiligten. Zum anderen wirkt sie steuerbefreiend: Mit der Zahlung der Abgabe gemäß der Erklärung sind sämtliche Steueransprüche und Säumniszinsen hinsichtlich der bisher nicht angegebenen Einnahmen abgegolten. In der Regel liegt der Abgeltungsbetrag nach dem Amnestiegesetz ganz erheblich unterhalb der regulär zu zahlenden Steuer.

Die strafbefreiende und steuerbefreiende Wirkung der Amnestie-Erklärung tritt jedoch nicht ein, wenn die Tat bereits entdeckt ist, z.B. nach Beginn einer Betriebsprüfung.

Formerfordernisse der Erklärung

Die strafbefreiende Erklärung ist nicht formlos möglich, sondern es ist zwingend ein amtlich vorgeschriebener Vordruck zu verwenden, der auf den Seiten des Bundesfinanzministeriums heruntergeladen werden kann ( www.bundesfinanzministerium.de ). Es ist wahrscheinlich, dass ein Schreiben, z. B. unter dem eigenen Briefkopf, keine strafbefreiende und steuerprivilegierende Wirkung haben dürfte. Die Erklärung ist weiter eigenhändig zu unterschreiben und aus Beweisgründen ist es zweckmäßig, diese in Gegenwart eines Zeugen persönlich beim zuständigen Finanzamt abzugeben. Eine Übersendung vorab per Telefax sollte nur in sehr eilbedürftigen Fällen ausnahmsweise geschehen, da noch nicht absehbar ist, ob die Rechtsprechung diese Art der Übermittlung als ausreichend ansieht. Jedenfalls sollte das Original umgehend nachgereicht werden.

Sofern gegen Formvorschriften verstoßen wird, ist die Finanzverwaltung nach dem Amnestiemerkblatt des Bundesfinanzministeriums vom 03.02.2004 gehalten, auf behebbare Mängel hinzuweisen und dem Erklärenden die Möglichkeit zu geben, diesen innerhalb eines Monats zu beheben.

Der Erklärende hat seine Steuernummer und Anschrift in dem Vordruck mitzuteilen und gegebenenfalls auch Namen und Anschrift des Steuerschuldners, sofern diese vom Erklärenden abweicht, z. B. bei einem Geschäftsführer einer GmbH.

Zu senden ist die Erklärung an das zuständige Finanzamt, das je nach Einkommensart unterschiedlich ist. Bei Einkommensteuer ist es das Wohnsitzfinanzamt. Bei betrieblichen Steuern richtet sich die Zuständigkeit nach dem Sitz der Betriebsstätte. Zunächst muss davon ausgegangen werden, dass die Abgabe der Erklärung bei irgendeiner Finanzbehörde nicht ausreichend ist. Wenngleich zu erwarten ist, dass die Rechtsprechung einem steuerrechtlichen Laien nicht zumuten wird, die genauen Zuständigkeitsregeln der Finanzverwaltung zu kennen.

Pauschale Steuer

Die Höhe der zu entrichtenden Steuer ist selbst zu berechnen. Dabei sind die aufgrund unrichtiger, unvollständiger oder unterlassener Angaben zu Unrecht nicht besteuerten Einnahmen in Sinne des StraBEG zu addieren. Dies ist nicht die Summe der nicht angegebenen Einnahmen, sondern bei

  • einkommensteuer- und körperschaftssteuerpflichtigen Einnahmen lediglich 60% der Bruttoeinnahmen (es werden pauschal 40% als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben berücksichtigt),

  • gewerbesteuerpflichtigen Einnahmen 10% der nacherklärten Einnahmen,

  • umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen 30% der nacherklärten Bruttoeinnahmen,

  • der Einkommens- und Körperschaftssteuer unrichtig zu hoch erklärten Werbungskosten, Betriebausgaben und außergewöhnlichen Belastungen 100% der Einnahmen.

In der Zeit vom 01.01. – 31.12.2004 beträgt der Steuersatz der nicht besteuerten Einnahmen lediglich 25% und vom 01.01. – 31.12.2005 35%.

Für nachträglich erklärtes Einkommen, das der Einkommensteuer unterliegt, ergibt sich beispielsweise eine steuerliche Belastung in Höhe von 15%. Im Falle der Anwendung des Grenzsteuersatzes von über 50% nebst etwaiger Säumniszuschläge und Verzugszinsen müsste der Steuerpflichtige im Vergleich zu der normalerweise zu entrichtenden Steuer rund 75% weniger an das Finanzamt zahlen.

Hat z.B. ein Steuerpflichtiger im Jahre 2000 in der Schweiz 50.000,00 EUR Kapitaleinnahme bei der Steuererklärung nicht angegeben, wären 7.500,00 EUR (50.000,00 EUR X 60% X 25%) Steuern nach Abgabe der strafbefreienden Erklärung zu entrichten.

Anlage zur strafbefreienden Erklärung

Des Weiteren ist die Anlage zur strafbefreienden Erklärung auszufüllen, in der gegliedert nach Kalenderjahr und Lebenssachverhalt die Einnahmen zu erklären sind. Der Begriff Lebenssachverhalt taucht im Gesetzestext nicht auf. Zweifelsohne dient er - wie die Angabe des Kalenderjahres - zur Konkretisierung der bisher nicht erklärten Einnahmen. Offen ist jedoch, wie genau der „Lebenssacheverhalt“ angegeben werden muss, um dem Gesetzeszweck genüge zu tun. Nach dem Amnestiemerkblatt des Bundesfinanzministerium vom 03.02.2004 ist die Angabe der jeweiligen Einkommensart nebst Herkunft anzugeben, wie z. B.

  • Kapitaleinkünfte Schweiz mit Angabe des Kreditinstitutes

  • fingierte Werbungskosten wegen Fahrtkosten

  • Vorsteuerabzüge aus fingierten Rechnungen

Wenn die Spezifizierung nach einem Lebenssachverhalt gar nicht erfolgt, ist in jedem Fall die Amnestiererklärung unwirksam.

Es ist nicht erforderlich, Beweismittel oder sonstige Unterlagen einzureichen. Im Hinblick auf eine Prüfung des Sachverhalts durch die Steuerbehörde wird jedoch dringend geraten, entsprechende Vorsorge zu treffen und möglichst die Herkunft der Einnahmen nachzuweisen, zumindest jedoch detailliert darlegen zu können. Grundsätzlich hat die Finanzverwaltung die Möglichkeit, Nachforschungen anzustellen. Interessant dürfte die Entwicklung der Rechtsprechung in Bezug auf Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen sein, da steuerlich grundsätzlich ein Mitwirkungsgebot vorliegt, das jedoch aus strafrechtlicher Sicht eingeschränkt wird, da niemand sich selbst belasten muss.

Die Abgabe der Nacherklärung und Zahlung der errechneten Steuer binnen zehn Tagen hat zum einen die strafbefreiende Wirkung zur Folge und zum anderen gelten die Ansprüche des Fiskus aus dem Steuerschuldverhältnis als erloschen. Insbesondere sind keine Säumniszuschläge oder –zinsen und Zuschlagssteuern, wie Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag zu entrichten. Diese Abgeltung erstreckt sich auch auf so genannte Gesamtschuldner, z.B. auf mehrere Gesellschafter oder auf eine Erbengemeinschaft.

Die Zahlung binnen zehn Tagen ist zwingend einzuhalten und nur dann gewahrt, wenn innerhalb der vorgenannten Frist der errechnete Zahlbetrag bei dem zuständigen Finanzamt eingegangen ist. Insofern sollte mit Abgabe der Nacherklärung der Betrag unter Angabe der Steuernummer und dem Zusatz „Steueramnestieerklärung“ an das Finanzamt überwiesen werden. Weiter kann die Steuerschuld mit einem Scheck beglichen werden, wobei unbedingt darauf zu achten ist, dass eine entsprechende Deckung auf dem bezogenen Konto gegeben ist.

Die positiven Auswirkungen der Nacherklärung wirken sich selbstverständlich lediglich auf nacherklärte Sachverhalte aus.

Jeder Steuersünder sollte sich vor Abgabe einer Amnestierklärung unbedingt von einem Rechtsanwalt beraten lassen, da die strafbefreiende Erklärung zahlreiche Fallstricke beinhaltet: Es bestehen Lücken und Risiken in dem Amnestiegesetz, die von Fall zu Fall zu prüfen und zu bewerten sind. Eine Vielzahl von steuer- und steuerstrafrechtlichen Problemen sind zu beachten: Ausschlusstatbestände, Drittwirkung, Formvorschriften, Zuständigkeiten, Angabe des Lebenssachverhaltes, der Einkommensbegriff z. B. im Hinblick auf Zerobonds und Spekulationsgewinne usw. .

Neben der Analyse der zu erklärenden Einkünfte ist das persönliche Umfeld des Erklärenden, z. B. im Hinblick auf Mittäter oder Erben zu prüfen. In jedem Fall muss auch eine Vergleichsberechnung „Amnestie – Selbstanzeige“ durchgeführt werden. Insbesondere wenn der persönliche Steuersatz des Erklärenden relativ niedrig ist, kann eine Selbstanzeige günstiger sein als eine Amnestierklärung.

Das Steueramnestiegesetz eröffnet die Möglichkeit, illegales, unversteuertes Vermögen durch Zahlung einer relativ geringen Steuer wieder in den regulären Wirtschaftskreislauf einzuführen. Schwarzkonten können schnell „weiß“ gemacht werden. Gerade die Rückkehr in die Legalität ist für Erblasser von großer Bedeutung, da nunmehr wieder über das Vermögen verfügt werden kann, ohne dass all zu hohe Steuern fällig werden. Er kann sein Erbe nach seinen Wünschen verteilen, Freibeträge nutzen und drängt seine Erben nicht in die Illegalität.

Michael Wieck, Rechtsanwalt in Hannover
http://www.wieck-zimmermann.de