Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwältin durch den Arbeitgeber ist Arbeitslohn

Mehr zum Thema: Steuerrecht, Arbeitslohn, Steuer, Berufshaftpflicht, Berufshaftpflichtversicherung
0 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
0

I. Leitsatz

Die Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung einer angestellten Rechtsanwältin durch den Arbeitgeber führt zu Arbeitslohn, weil diese gemäß § 51 BRAO zum Abschluss der Versicherung verpflichtet ist und deshalb ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers ausscheidet (BFH v. 26.07.2007, VI R 64/06).

II. Sachverhalt

Die Eheleute E. werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Reinhard Schweizer
Rechtsanwalt
Muldestr. 19
51371 Leverkusen
Tel: 0214 / 2061697
E-Mail:
Erbrecht, Familienrecht, Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Verwaltungsrecht

Die Ehefrau bezieht als angestellte Rechtsanwältin Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.

Zur Abdeckung von Vermögensschäden schloss sie eine Haftpflichtversicherung für Rechtsanwälte ab. Die Versicherungssumme pro Versicherungsfall beläuft sich auf 2.000.000,00 DM. Vertragsbestandteil sind die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschäden-Haftpflichtversicherung von Rechtsanwälten und Patentanwälten (ABG-A).

Die Versicherungsbeiträge trug der Arbeitgeber der Ehefrau, ohne sie der Lohnsteuer zu unterwerfen.

Das Finanzamt (FA) behandelte die vom Arbeitgeber getragenen Versicherungsbeiträge als zusätzlichen Arbeitslohn und erhöhte die Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit entsprechend. Andererseits ließ das FA anstelle des Arbeitnehmer-Pauschbetrags Werbungskosten in Höhe der Versicherungsbeiträge zum Abzug zu.

III. Entscheidungsgründe

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören u. a. Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit.

Dem Tatbestandsmerkmal "für" ist nach ständiger Rechtsprechung zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden.

Dagegen sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen.

Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck im Vordergrund steht.

In diesem Fall des "ganz überwiegend" eigenbetrieblichen Interesses kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden.

Die danach erforderliche Gesamtwürdigung hat insbesondere Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seine besondere Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck zu berücksichtigen. Tritt das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber dem des Arbeitgebers in den Hintergrund, kann eine Lohnzuwendung zu verneinen sein. Ist aber – neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers – ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und führt zur Lohnzuwendung (BFH v. 11.04.2006, BStBl 2006 II S. 691).

Nach diesen Grundsätzen hat das Finanzgericht (FG) eine Gesamtwürdigung vorgenommen. Es ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung der Ehefrau durch den Arbeitgeber auch im eigenen Interesse der Ehefrau erfolgte und deshalb Arbeitslohn anzunehmen sei.

Wie das FG zu Recht ausgeführt hat, ist der Anwalt gemäß § 51 BRAO gesetzlich verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht wird mit der Nichtzulassung zum Beruf oder der Entfernung aus diesem sanktioniert. Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung ist damit unabdingbar für die Ausübung des Berufs eines (angestellten) Rechtsanwalts. Kommt er der gesetzlichen Verpflichtung nach, handelt er in typischer Weise im eigenen Interesse. Soweit der Arbeitgeber eines angestellten Rechtsanwalts im Hinblick auf die Haftungsrisiken aller weiteren Sozien ein Interesse an einer die Mindestsumme von (in den Streitjahren) 500.000,00 DM (vgl. § 51 Abs. 4 BRAO) übersteigenden Versicherungssumme hat, wie die Kläger geltend machen, hat dies nicht zur Folge, dass das Interesse des einzelnen Arbeitnehmers am Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung als unerheblich zu qualifizieren wäre. Im Übrigen weist die Vorentscheidung zu Recht darauf hin, dass wegen dieses erweiterten Haftungsrisikos im Fall einer Sozietät eine höhere Versicherungssumme im Interesse jedes einzelnen Sozius liegt.