Das Stadionverbot

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Stadionverbote und Hausrecht

Seit ein paar Jahren sorgen im Zusammenhang mit Fußballspielen verhängte Stadionverbote immer wieder für Ärger und kontroverse Diskussionen. Anhand dieses Artikels sollen die Kontroverse kurz nachgezeichnet, Kritikpunkte aufgegriffen und letztlich die bestehenden Möglichkeiten zur Verteidigung gegen Stadionverbote umrissen werden.

Die Idee Stadionverbote auszusprechen resultierte aus dem Bestreben sogenannte „Problemfans" zu disziplinieren, wichtiger aber, Fußballspiele an sich für das Publikum sicherer zu machen. Zu diesem Zweck schlossen sich DFB, Ligaverband und alle Vereine des deutschen Profifußballs unter einer gemeinsamen Agenda zusammen und entwickelten die zum 31.März 2008 in Kraft getretenen „Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten".

Matthias Düllberg
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Diese Richtlinien stützen sich dabei auf das, dem jeweiligen Verein zustehenden, oder übertragenen Hausrecht und werden infolge dessen auch seit einiger Zeit gerichtlich vom BGH (Urteil vom 30. Oktober 2009 – V ZR 253/08) gehalten.

Das scheint auf den ersten Blick sicherlich ein völlig unstreitiges Ergebnis zu sein, da grundsätzlich jeder Hausrechtsinhaber nach eigenem Gutdünken entscheiden darf, wem er Zugang gewährt und wem nicht.

Nun ist das Hausrecht aber in den Fällen eingeschränkt, in denen der umfasste Raum bewusst der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. In derartigen Konstellationen sind auch im Rahmen des privatrechtlichen Hausrechts Aspekte der Verhältnismäßigkeit und des Willkürverbotes zu beachten. Eben hierzu schaffen die angesprochenen Richtlinien eine Grundlage indem sie an tatsachenbezogene Vorgänge anknüpfen und sich erst einmal, dem Sinn und Zweck der Stadionverbote folgend, auf konkrete Vorkommnisse beziehen und insoweit auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein willkürliches und unangemessenes Handeln ausschließen.

Angesichts dessen scheinen Stadionverbote dann auch nachvollziehbar und sogar sinnvoll zu sein. Wer sich nichts hat zu Schulden kommen lassen, braucht sich davor offenbar nicht zu fürchten und insoweit ist es für die friedliebenden Besucher eines Fußballspiels mitunter sogar begrüßenswert, dass Personen, die bereits negativ aufgefallen sind, nunmehr daran gehindert werden, den reibungslosen Betrieb von Fußballspielen zu stören.

Kritik an den Richtlinien

Dennoch wird gerade aus der organisierten Fanszene immer wieder der Einwand erhoben, dass diese Stadionverbote eben doch willkürlich verhängt werden und es kaum möglich sei, sicher ein solches Verbot zu vermeiden.

Auf den ersten Blick erscheint diese Einwand wenig überzeugend. Andererseits wäre es aber auch sicher zu kurz gesprungen einer immerhin signifikanten Anzahl von Fußballfans zu unterstellen, es ginge ihnen darum, „Täter" zu schützen.
Ganz haltlos ist der Vorwurf nämlich nicht.

Nach den Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten sind zwar objektivierte Maßstäbe aufgestellt, diese gehen aber äußerst weit und sind durchaus geeignet, auch an sich friedliche Fans unter einen Verdacht zu stellen, welcher in seiner Folge ein Stadionverbot rechtfertigt.

In § 4 der genannten Richtlinien findet sich ein umfassender Katalog über die Gründe, die ein Stadionverbot nach sich ziehen können. Beginnend mit einfachen Verstößen gegen die jeweilige Stadionordnung, über den Verdacht von Straftaten, die zu einem Ermittlungsverfahren führen, bis hin zu verhängten Platzverweisen, oder der Beschlagnahme gefährlicher Gegenstände, können die unterschiedlichsten Situationen mit einem derartigen verbot geahndet werden.

Das erscheint zunächst noch vernünftig.
Beachtet man aber die enorme Weite genauer, kann sich schnell ein anderes Bild ergeben.

Ein Ermittlungsverfahren wird z.B. schon bei Vorliegen eines Anfangsverdachts eingeleitet. Dieser wiederum liegt bereits vor, wenn bloße Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass überhaupt eine Straftat begangen wurde. Sofern das Verfahren dann wieder eingestellt wird, was durchaus oftmals der Fall sein wird, wäre das Verbot grundsätzlich wieder aufzuheben; allerdings nur dann, wenn die Einstellung mangels hinreichendem Tatverdacht nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung erfolgt. Sollte das Verfahren dagegen z.B. gemäß § 153 StPO wegen Geringfügigkeit eingestellt werden, worauf der Beschuldigte regelmäßig keinen Einfluss haben wird, wird das Stadionverbot gemäß § 6 der Richtlinien nur der Dauer nach nochmals überprüft. Von einer Aufhebung ist hier keine Rede mehr, wenngleich nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts eine derartige Einstellung die Unschuldsvermutung keinesfalls widerlegt. Hier zeigt sich deutlich ein großes Problem der Unterscheidung des zivilrechtlichen Verbotes vor dem Hintergrund rechtstaatlicher Grundsätze.

Deutlicher wird es noch, wenn man sich die Voraussetzungen eines Platzverweises einmal ansieht. Dieser setzt nicht einmal mehr einen konkreten Verdacht voraus, sondern entstammt einzig dem öffentlichen Gefahrenabwehrrecht und knüpft insoweit an die bloße Störereigenschaft an. Ohne an dieser Stelle zu sehr ins Polizei- und Ordnungsrecht einzusteigen, lässt sich hierbei zumindest festhalten, dass ein solcher Platzverweis nahezu gegen jeden ausgesprochen werden kann, der durch seine bloße Anwesenheit eine Gefahr darstellt, die nicht einmal zwingend von ihm selbst ausgehen muss. Dies kann, nur um es einmal zu verdeutlichen, z.B. schon der Fall sein, wenn jemand mit einem Gästefanschal über den Stadionvorplatz zu „seinem" Eingang gehen möchte und es dabei nicht sofort einsieht, einen Umweg in Kauf zu nehmen.

Betrachtet man den Aspekt der gefährlichen Werkzeuge, versteht man die organisierten Fans vielleicht noch besser, wenn man sich einmal den Begriff und seine Anwendung auf mitgeführte Fahnenstangen, oder Doppelhalter vor Augen führt.

Die Liste ließe sich beliebig erweitern. Es sollte aber bereits deutlich geworden sein, dass die grundsätzlich sicher im Interesse aller liegende Idee, Fußballspiele konfliktfrei absolvieren zu können, bei näherer Betrachtung dieses Instrumentariums, durchaus auch kritisch betrachtet werden kann - von Fehlern, die bei Großveranstaltungen durchaus auch dem Sicherheitspersonal und der Polizei unterlaufen können, einmal ganz abgesehen.

Dennoch stellen diese Aspekte eine Randnotiz dar, da, wie erwähnt, die Stadionverbote ja generell vom Bundesgerichtshof gehalten und als nicht willkürlich akzeptiert werden.
Insoweit muss diese Ansicht also zunächst akzeptiert werden und es stellt sich die Frage, was gegen ein konkretes Stadionverbot unternommen werden kann.

Verteidigungsmöglichkeiten gegen ein Stadionverbot

Zunächst einmal besteht nach § 5a der Richtlinien die Möglichkeit, selbst zu dem Verbot Stellung zu nehmen. Diese Anhörung sollte innerhalb der ersten zwei Wochen nach Erhalt des Verbotes erfolgen.

Darüber hinaus steht es jedem Betroffenen frei, nach § 6 der Richtlinien nachzuweisen, dass z.B. das Ermittlungsverfahren wie oben dargelegt eingestellt wurde, mit dem Ziel der Aufhebung des Verbotes.

Letztlich hat der Betroffene nach § 7 die Möglichkeit, jederzeit eine Reduzierung, Aussetzung oder Aufhebung des Stadionverbotes zu beantragen.
Um diesen Antrag mit Aussicht auf Erfolg bei dem, der es festgesetzt hat zu stellen, bedarf es einer umfassenden Erklärung über die Gründe, die den Antrag rechtfertigen. Darüber hinaus muss die eigene Einsicht dargelegt werden und es muss eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehen, dass es nicht zu Wiederholungen kommt.
Die konkrete Formulierung kann dabei mitunter äußerst komplex werden und hängt nicht zuletzt davon ab, welcher Punkt nun genau ursächlich für das Stadionverbot war. Angesichts dessen kann eine Art „Musterantrag" kaum in sinnvoller Weise erstellt werden.

Da es sich aber wegen der Weite des Hausrechts und der dazu ergangenen Rechtsprechung regelmäßig bei diesen Möglichkeiten um ein weniger „scharfes Schwert" handelt, sollte innerhalb der Antragsbegründung durchaus versucht werden, jeden auf den Einzelfall bezogenen Punkt schlüssig und zielorientiert anzusprechen. Hinzu kommt, dass die eigene Einsicht zwingendes Kriterium für einen erfolgreichen Antrag ist.
Es sollte zudem dringend auf bloße Behauptungen verzichtet werden, da die Erkenntnisse mit denen der Polizei und anderer sog. „Erkenntnisträger" vor der Entscheidung über den Antrag abgeglichen werden können.

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