Die Grundsätze der Strafzumessung

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1. Beweggründe und Tatziele

Hat sich das Gericht von der Schuld des Angeklagten zweifelsfrei überzeugt, so muss es die Frage beantworten, wie die Tat zu sanktionieren ist. In der Bevölkerung stößt das verkündete Strafmaß oft auf Unverständnis. Die Strafe wird in der Regel als zu milde empfunden. Schnell wird der Ruf nach härteren Strafen laut. Die Medien und die Presse tragen zu dieser Art der Meinungsbildung durch, oftmals bewusste und gezielte, Desinformation der Bevölkerung bei.

Glücklicherweise ist der Richter einzig an das Gesetz gebunden. Das Gesetz macht, mehr oder weniger eindeutige, Vorgaben für die Strafzumessung in § 46 StGB. Dabei schreibt es die (persönliche) Schuld des Täters als Grundlage der Strafzumessung fest. Unser Strafrechtssystem ist nämlich am Schuldmaßprinzip ausgerichtet. Jegliche Strafe muss sich an der Schuld des Täters orientieren und zu ihr in einem angemessenen Verhältnis stehen. Unter "Schuld" in diesem Sinne ist die persönliche Vorwerfbarkeit zu verstehen. Das Gericht muss sich die Frage stellen, was dem Täter in der konkreten Tatsituation individuell zum Vorwurf gemacht werden kann und was nicht. Deswegen kann es keine bestimmte Strafe für ein bestimmtes Delikt geben, die zwingend zu verhängen ist. Das Gesetz trifft lediglich aussagen über eine Ober- und Untergrenze und lässt dem Richter innerhalb dieses Strafrahmens einen (erheblichen) Zumessungsspielraum.

Ferner hat das Prinzip der Resozialisierung des Täters in unserem Strafrechtssystem einen (mit-)bestimmenden Platz. Daher schreibt § 46 Abs. 1 S. 2 StGB fest, dass "die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft" zu erwartenden Wirkungen zu berücksichtigen sind. Die verhängte Strafe darf daher nicht zu einer Entsozialisierung des Täters führen oder eine Resozialisierung von vornherein unmöglich machen.

Das Gesetz formuliert weiter (beispielhaft) besimmte Umstände, die das Gericht insgesamt berücksichtigen und im Rahmen einer Gesamtabwägung für und gegen den Täter gegeneinander abwägen muss (Strafzumessungstatsachen). Folgende Umstände benennt das Gesetz namentlich:

Hier stellt sich das Gericht die Frage, aus welchen Motiven der Täter die Tat begangen hat und welchen Zielen die Tat dienen sollte. Es liegt auf der Hand, dass (sittenwidrige) grob eigennützige Motive sich strafschärfend auswirken, wohingegen eine notstandsähnliche Lage oder ähnliche Motive, sich mildernd auswirken.

2. Gesinnung und aufgewendeter Wille

Für die Strafzumessung ist ferner relevant, welche Einzeltatgesinnung aus der Tat spricht. Konkret fragt sich das Gericht, ob der Täter roh, böswillig, gewissenlos etc. gehandelt hat. Außerdem stellt sich das Gericht die Frage, ob der Tat eine sorgfältige Planung vorgegangen ist oder die Tat besonders hartnäckig verfolgt worden ist. Es versteht sich von selbst, dass diese Umstände sich strafschärfend auswirken.

3. Maß der Pflichtwidrigkeit

Dieses Kriterium erlangt insbesondere Bedeutung bei Fahrlässigkeitstaten. Relevant ist in diesem Rahmen, ob der Täter gegen ganz besondere Rechtspflichten verstoßen hat.

4. Art der Tatausführung

Unter diesem Umstand ist zu verstehen, was die Tat im Übrigen begleitet oder sie sonst prägt (BGHSt 37, 154). Von besonderer Bedeutung sind daher Tatort und Tatzeit, die Dauer der Tat und die Mittel, die zur Begehung eingesetzt worden sind.

5. Folgen der Tat

Wenn die Folgen der Tat für das Opfer oder für die Dritte auch in ihrer konkreten Ausgestaltung vom Täter verschuldet sind, können sie sich strafschärfend auswirken. Dies betrifft in erster Linie die unmittelbaren (körperlichen) Folgen der Tat, wie zB die Schwere von Verletzungen. Jedoch können hier unter Umständen auch die mittelbaren Folgen berücksichtigt werden.

6. Vorleben des Täters

Das Vorleben des Täters ist ein außerordentlich wichtiger Umstand bei der Strafzumessung. Hier wirken sich Vorstrafen, insbesondere, wenn sie einschlägig sind, d.h. von der Deliktsnatur her mit der angeklagten Tat verwandt sind, extrem ungünstig für den Täter aus. Hier fließen auch die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters in die Gesamtbeurteilung mit ein.

7. Nachtatverhalten

Auch ein sehr wichtiges Kriterium bei der Strafzumessung ist das Nachtatverhalten des Täters. Dabei gilt, dass ein Geständnis sich immer positiv auswirken muss, egal wann und wie es zustandegekommen ist. Extrem positiv und strafmildernd ist es auch, wenn der Täter den angerichteten Schaden wieder gut gemacht oder sich ernsthaft und intensiv um Wiedergutmachung bemüht hat.

Wenn die Tat nachgewiesen worden ist oder wenn von vornherein davon ausgegangen werden kann, dass der Tatnachweis aller Wahrscheinlichkeit geführt werden wird, empfiehlt es sich eine reine Strafmaßverteidigung zu führen. Ein versierter Verteidiger kann dabei, orientiert an den oben genannten Kriterien, gegebenenfalls im Einzelfall erreichen, dass eine mildere Strafe verhängt wird.

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