Die Selbstanzeige im Außenwirtschaftsrecht gemäß § 22 Abs. 4 AWG

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Einfache Straffreiheit?

Das Außenwirtschaftsgesetz regelt für Deutschland nationalstaatlich den Außenwirtschaftsverkehr und den Wirtschaftsverkehr zwischen Inländern und Ausländern.

Es beruht auf dem Grundsatz, dass alle Geschäfte mit dem Ausland uneingeschränkt zulässig sind, soweit sie nicht ausdrücklich Beschränkungen unterworfen worden sind.

Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz werden als Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten geahndet. Die Regelungen finden sich in den §§ 17-19 AWG. Verwaltungsbehörde für das Straf-und Ordnungswidrigkeitenverfahren ist das Hauptzollamt. Strafverfolgungs- und Ermittlungsbehörden neben der Staatsanwaltschaft sind die Hauptzollämter und Zollfahndungsämter.

Ein sehr gängiges Problemfeld stellen die sogenannten „Terrorlisten" dar, auf welchen Vereinigungen und Personen angeführt sind, mit denen keine Geschäfte getätigt werden dürfen. Gleiches gilt für Embargos, welche gegen Staaten verhängt werden (wie beispielsweise aktuell gegen Syrien oder Belarus). Beides sind wesentliche Instrumente der Ausfuhrkontrolle. § 17 AWG erfasst Verstöße gegen bestehende Waffenembargos. § 18 AWG regelt die Folgen von vorsätzlichen Verstößen gegen das Außenwirtschaftsrecht. Besondere Relevanz in der Praxis hat hierbei die Strafbarkeit von vorsätzlichen Verstößen gegen die Ausfuhr-, Einfuhr-, Durchfuhr- und sonstigen Verbote und Genehmigungspflichten aus länderspezifischen Embargovorschriften.

Der Strafrahmen für mögliche Bußgelder liegt nach § 19 Abs. 6 AWG bei bis zu 500.000Euro für jeden einzelnen Verstoß. Neben dem drohenden Bußgeld kann das Fehlverhalten zudem bei Bewertung der Zuverlässigkeit des Unternehmens im Rahmen von Genehmigungs- und Bewilligungsverfahren negativ berücksichtigt werden. Gegenstände, auf die sich die Ordnungswidrigkeit bezieht oder die zur ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht wurden, können nach § 20 Abs. 1 AWG eingezogen werden.

Das neue Außenwirtschaftsgesetz in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Außenwirtschaftsrechts trat gemäß Art. 4 Abs.1 zum 1. September 2013 in Kraft.

Beachtlich ist seitdem insbesondere § 22 Absatz 4 AWG, da dieser die Voraussetzungen einer bußgeldbefreienden Selbstanzeige regelt, vergleichbar beispielsweise mit § 261 Absatz 9 StGB oder § AO § 371 AO.

Die Selbstanzeige gilt nur hinsichtlich einer fahrlässigen Begehung einer Ordnungswidrigkeit gem. § 19 Absatz 5 AWG. Bei vorsätzlicher Begehung ist die Selbstanzeige ausgeschlossen.

Weitere Voraussetzung für die Selbstanzeige ist, dass der betreffende Verstoß durch Eigenkontrolle aufgedeckt wurde. Der Begriff der Eigenkontrolle ist gesetzlich nicht definiert. Es ist aber davon auszugehen, dass alle Vorgänge erfasst werden, welche der Sphäre des Anzeigenden zuzuordnen sind.

Weiterhin soll nach dem Wortlaut der Norm eine Selbstanzeige nur dann wirksam sein, wenn diese freiwillig erstattet wird. Daran soll es fehlen, wenn die Behörde hinsichtlich des Verstoßes Ermittlungen aufgenommen hat. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist nicht erforderlich, dass der Betroffene von der Einleitung der Ermittlungen auch Kenntnis erlangt hat.

Nach dem Wortlaut der Vorschrift erfasst die Ahndungsfreiheit nicht die Tatbestände der selbstständigen Verbandsgeldbuße gemäß § 30 OWiG bzw. der Aufsichtspflichtverletzung gemäß § 130 OWiG. Dies dürfte aber dem Sinn und Zweck der Norm entgegenstehen, da ja gerade eine Belohnung geregelt werden soll und nicht trotzdem eine Bestrafung stattfindet, wenn bei der Betrachtung zwischen Unternehmen und Einzelpersonen getrennt und einer natürlichen Person ein Bußgeld wegen einer Aufsichtspflichtverletzung oder der juristischen Person eine Verbandsgeldbuße auferlegt wird, obgleich von der Möglichkeit der ahndungsbefreienden Selbstanzeige nach dem AWG wirksam war.

Schließlich muss der Anzeigende angemessene Maßnahmen zur Verhinderung eines weiteren Verstoßes treffen. Diese Maßnahmen müssen nicht nur angekündigt, sondern auch tatsächlich erbracht werden. Welche Maßnahmen im Einzelnen angemessen sind, wird leider nicht im Gesetz erläutert.

Laut einer Statistik des Bundesfinanzministeriums wurden im Jahr 2014 insgesamt 61 Selbstanzeigen erstattet. Von den 50 abschließend bewerteten Anzeigen erfüllten zwar 23 die Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht, 27 wurden jedoch anerkannt.

Lediglich in drei Fällen wurde nach Selbstanzeige ein Strafverfahren eingeleitet.

Im Vergleich hierzu war hinsichtlich der Selbstanzeige im Steuerstrafrecht ein Rekordwert im Jahr 2014 mit mindestens 38300 Selbstanzeigen festzustellen.

Zugegebenermaßen ist die Selbstanzeige des AWG noch sehr jung und noch nicht allzu bekannt, es herrschen zudem hinsichtlich der Wirksamkeitsvoraussetzungen der Selbstanzeige nach wie vor einige Unklarheiten, welche ebenso für ein unsicheres Abwarten sprechen.

Eine erste Hilfestellung hinsichtlich der im Rahmen der Selbstanzeige zu machenden Angaben bietet der Erlass des BMF vom 12.2.2014, welcher zur Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsanwendung Hinweise zur Auslegung des § 22 Abs. 4 AWG gibt.