Die Untersuchungshaft

Mehr zum Thema: Strafrecht, Untersuchungshaft, Haftprüfung, Pflichtverteidiger, Voraussetzungen
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Dieser Artikel informiert über die Voraussetzungen der Untersuchungshaft.

Das Thema Untersuchungshaft ist in der letzten Zeit in den Medien häufiger thematisiert worden (z.B. bei dem Verfahren gegen Jörg Kachelmann) und so in den Blickpunkt der Gesellschaft gerückt.

Zunächst ist es wichtig, sich klar zumachen, dass Untersuchungshaft keine Strafe ist, sondern lediglich der Sicherung eines Strafverfahrens dient. Zudem muss man sich vergegenwärtigen, dass bei der Untersuchungshaft ein Mensch in Haft sitzt, der nach der gesetzlichen Unschuldsvermutung als unschuldig anzusehen ist. Die Untersuchungshaft stellt daher einen erheblichen Eingriff in die Freiheitsrechte des Betroffenen dar. In der anwaltlichen Praxis erlebe ich immer wieder, wie belastend die Situation für die Untersuchungshäftlinge ist. Insbesondere die Ungewissheit über den weiteren Verfahrensablauf ist für die Betroffenen schwer zu ertragen.

Alexandra Braun
Partner
seit 2010
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Strafrecht
Deutschhausstraße 32
35037 Marburg
Tel: 06421-686165
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E-Mail:
Ordnungswidrigkeiten, Medizinrecht, Verkehrsstrafrecht

Im Folgenden möchte ich die Voraussetzungen für die Untersuchungshaft kurz erläutern. Die Rechtsgrundlage findet sich in den §§ 112 ff. StPO.

1. Richterliche Anordnung

Nur ein Richter kann einen Haftbefehl erlassen. In der Praxis beantragt die Staatsanwaltschaft den Erlass eines Haftbefehls und der zuständige Richter erlässt diesen dann. Wichtig ist, dass der Haftbefehl schriftlich erlassen werden muss, einen mündlichen Haftbefehl gibt es nicht.

2. Dringender Tatverdacht

Weitere Voraussetzung ist, dass gegen den Beschuldigten dringender Tatverdacht besteht. Dieser liegt vor, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit der Beschuldigte Täter oder Teilnehmer einer Straftat ist. Der Tatverdacht muss aus bestimmten Tatsachen und nicht aus bloßen Vermutungen hergeleitet werden. In der Praxis ist dabei problematisch, dass zum Zeitpunkt des Erlasses eines Haftbefehls oft noch nicht sehr viele Informationen vorliegen. Es kann also sein, dass sich im weiteren Verlauf des Verfahrens herausstellt, dass gar kein dringender Tatverdacht mehr vorliegt. Dann ist es Aufgabe des Strafverteidigers, entsprechende Maßnahmen (Haftprüfung oder Haftbeschwerde) zu ergreifen.

3. Haftgrund

Neben dem dringenden Tatverdacht muss ein Haftgrund vorliegen. Die Haftgründe sind im Gesetz abschließend genannt: Flucht, Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr und – bei bestimmten Straftaten – Wiederholungsgefahr (§ 112 a StPO).

In der Praxis kommt der Haftgrund der Fluchtgefahr am häufigsten vor. Oft wird dieser Haftgrund schnell bejaht und es wird argumentiert, dass Fluchtgefahr wegen der Höhe der zu erwartenden Strafe bestehe. Grundsätzlich kann aber die Straferwartung allein das Vorliegen von Fluchtgefahr nicht begründen. Es müssen auch alle sonstigen Umstände berücksichtigt werden, z.B. familiäre oder berufliche Bindungen, Alter des Beschuldigten etc.

4. Verhältnismäßigkeit

Weiterhin muss die Untersuchungshaft verhältnismäßig sein. An der Verhältnismäßigkeit kann es fehlen, wenn dem Beschuldigten ein Bagatelldelikt vorgeworfen wird oder wenn es mildere Mittel gibt, die Durchführung des Strafverfahrens gegen den Beschuldigten sicherzustellen. Mildere Mittel können z.B. die Hinterlegung einer Kaution oder Meldepflichten sein.

5. Sonstiges

Gegen die Anordnung von Untersuchungshaft ist Haftbeschwerde oder der Antrag auf Haftprüfung zulässig. Es sollte unbedingt von einem Rechtsanwalt überprüft werden, was sinnvoll ist. Dem Beschuldigten in Untersuchungshaft ist ein Pflichtverteidiger beizuordnen.