Gesundheitsfürsorge im Gefängnis Teil 1
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Diesen Artikel habe ich für die Gefangenenzeitung "der lichtblick", verfasst. Bei dem lichtblick handelt es sich um die weltweit auflagenstärkste Gefangenenzeitung, unzensiert und presserechtlich verantwortet von Gefangenen der JVA Berlin-Tegel. Seit Anfang 2017 schreibe ich regelmäßig Artikel rund um die Themen Strafvollzug und Strafvollstreckung. Den Artikel habe ich inhaltlich – so auch im Hinblick auf die entsprechende Anrede der Gefangenen respektive der Leser – unverändert übernommen.
Dem Gesundheitsschutz im Strafvollzug kommt aufgrund des Freiheitsentzuges, der bereits ein erhebliches Gesundheitsrisiko darstellt sowie aufgrund des Zusammenlebens vieler Menschen auf engem Raum eine besondere Bedeutung zu. Da Ihr nicht in gleicher Weise wie in Freiheit in der Lage seid, Beeinträchtigungen Eurer Gesundheit zu begegnen, muss Eure ärztliche Versorgung sichergestellt sein.
In Teil 1 des Artikels wird die Gesundheitsfürsorge in der Strafhaft sowie in der Sicherungsverwahrung dargestellt. Der 2. Teil befasst sich sodann mit der Gesundheitsfürsorge im Rahmen der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sowie in einer Entziehungsanstalt.
I. Art und Umfang der medizinischen Leistung
Durch die Föderalismusreform haben alle Bundesländer die Normen, welche die Gesundheitsfürsorge im Strafvollzug betreffen, unterschiedlich ausgestaltet, so dass in diesem Artikel – um den Rahmen nicht zu sprengen – ausschließlich auf die in allen Bundesländern geltenden Grundsätze und nicht auf die Besonderheiten der jeweiligen Länder eingegangen wird.
Für die Art und den Umfang der medizinischen Versorgung im Strafvollzug gilt das aus dem Sozialstaatsgebot abgeleitete Äquivalenzprinzip als besondere Ausprägung des Angleichungsgrundsatzes. Das bedeutet, dass die medizinische Versorgung im Strafvollzug quantitativ und qualitativ den Leistungen für gesetzlich Krankenversicherte im öffentlichen Gesundheitswesen entsprechen muss. Äquivalenz bedeutet damit auch gleiche Chancen des Zugangs zu externen Spezialisten, teurer Medikation sowie dauerhafter Betreuung.
Somit habt Ihr einen Anspruch auf notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Leistungen unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und unter Berücksichtigung des allgemeinen Standards der gesetzlichen Krankenversicherung. Ist die Maßnahme – Untersuchung, Behandlung, Therapie, Operation etc. – zur Wahrung Eurer Grundrechtsinteressen unabdingbar, kann der damit verbundene Kostenaufwand nicht als unverhältnismäßig und damit auch nicht als unwirtschaftlich angesehen werden. Die erforderliche Krankenbehandlung darf auch nicht an einer unzureichenden Ausstattung mit sachlichen, personellen oder finanziellen Mitteln scheitern. Einen Mangel an solchen Mitteln gilt es durch den Strafvollzug zu beheben, so dass Ihr ausreichend medizinisch behandelt werden könnt.
Allerdings – und dies stellt wohl die wichtigste Abweichung vom Recht der gesetzlichen Krankenversicherung dar – besteht für Euch keine freie Arztwahl. Diese Thematik wird ausführlich unter Ziffer III. dieses Artikels erläutert.
II. Vorsorgeleistungen und Gesundheitsuntersuchung
Euer Anspruch auf medizinische Leistungen umfasst die gleichen Vorsorgeleistungen, wie sie auch den gesetzlichen Krankenversicherten zustehen. Im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht hat Euch Eure JVA auf die entsprechenden Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten hinzuweisen. Da der Vollzug an die allgemeinen Lebensverhältnisse in Freiheit soweit wie möglich angeglichen werden soll, werden Euch die Leistungen – Behandlungen, Untersuchungen und Versorgungen – nur auf Euren Antrag hin gewährt.
Die Ansprüche auf die allgemeinen Vorsorgeuntersuchungen entsprechen denen der in § 25 Abs. 1 SGB V geregelten Ansprüche der gesetzlich Krankenversicherten: ab dem vollendeten 35. Lebensjahr habt Ihr alle zwei Jahre einen Anspruch auf ärztliche Gesundheitsuntersuchung zur Früherkennung von Krankheiten, insbesondere von Herz-, Kreislauf- und Nierenerkrankungen sowie der Zuckerkrankheit; ab dem vollendeten 20. Lebensjahr (Frauen) bzw. 45. Lebensjahr (Männer) habt Ihr einen jährlichen Anspruch auf Krebsvorsorgeuntersuchung.
Die Aufzählung der Erkrankungen ist nicht abschließend, so dass die Früherkennung grundsätzlich auch auf weitere Krankheiten ausgedehnt werden kann. Dabei umfassen die ärztlichen Leistungen die Anamnese, klinische Untersuchungen, Laboratoriumsuntersuchungen, die Informationen über die Ergebnisse und die Beratung über die ggf. erforderlichen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen.
Voraussetzung zur Geltendmachung der Ansprüche ist allerdings, dass bestimmte Anforderungen erfüllt sind. So beschränkt sich der Anspruch auf Vorsorgeuntersuchungen auf solche Krankheiten, deren Frühstadium durch diagnostische Maßnahmen erkennbar ist und die wirksam behandelt werden können. Dabei ist es unerheblich, ob die Behandlung innerhalb Eurer Strafdauer erfolgen kann, da Vorsorgeuntersuchungen auch dann sinnvoll sind, wenn sie Euch die Notwendigkeit einer Folgebehandlung nach Eurer Strafhaft verdeutlichen, Ihr also nach Eurer Entlassung einen Arzt zur (Weiter-) Behandlung aufsucht bzw. mit einer notwendigen Behandlung beginnt. Weiter ist der Anspruch auf Untersuchungen beschränkt, die serien- und routinemäßig durchgeführt werden können. Für aufwendigere und kostenintensivere Untersuchungen müssen Verdachtsmomente vorliegen. Von den medizinischen Vorsorgeleistungen mit umfasst sind neben der ärztlichen Behandlung auch die Versorgung mit Arznei-, Verbands-, Heil- und Hilfsmitteln.
III. Krankenbehandlung
Auch bei der ärztlichen Krankenbehandlung wird sich wie bei den gesetzlich Krankenversicherten an dem SGB V orientiert, was insbesondere bedeutet, dass Ihr wie Versicherte in Freiheit einen Anspruch auf Krankenbehandlung habt, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.
Für Strafgefangene bedeutet dies in der Praxis, dass Ihr einen Anspruch auf Weiterleitung bzw. Meldung Eures Anliegens durch den kontaktierten Bediensteten an das medizinische Personal und/oder den Besuch in der Sprechstunde des Anstaltsarztes habt. Anstaltsarzt deswegen, weil Euch – sofern Ihr Euch nicht in einem freien Beschäftigungsverhältnis befindet – mit einigen wenigen Ausnahmen keine freie Arzt- und/oder Therapeutenwahl zusteht, selbst dann nicht, wenn Ihr Euch zur Kostenübernahme aufgrund Hinzuziehung eines externen Arztes bereit erklären würdet. Im Krankheitsfall habt Ihr einen Anspruch, durch den Anstaltsarzt behandelt zu werden. Externe Ärzte sind zur Behandlung berufen, wenn der Anstaltsarzt in dringenden Fällen nicht zu erreichen ist oder er es nach Art oder Schwere für erforderlich hält, einen externen (Fach-) Arzt hinzuzuziehen. Sofern Ihr Euch vor Eurer Inhaftierung in ärztlicher Behandlung befunden haben solltet, hat der Anstaltsarzt, soweit erforderlich, Verbindung zum vorbehandelnden Arzt aufzunehmen, um Eure sachgerechte Weiterbehandlung zu gewährleisten. Voraussetzung dafür ist, dass Ihr die Ärzte von der ärztlichen Schweigepflicht entbindet.
Bei einem Vorstelligwerden beim Anstaltsarzt hat dieser lediglich eine fachärztliche Untersuchung sowie ggf. Behandlung zu veranlassen. Ob und wenn ja welcher Facharzt hinzuzuziehen ist, liegt dabei im Ermessen des Anstaltsarztes, wenn dies nach Art und Schwere des Falles erforderlich ist. Sofern erforderlich, hat Eure JVA die Zuziehung von Amts wegen auf eigene Kosten zu veranlassen, so dass Ihr extern zu untersuchen sowie bei Erforderlichkeit zu behandeln seid. Einen Anspruch auf eine bestimmte Untersuchung oder Behandlung habt Ihr nicht, sondern nur auf eine im Rahmen sachgerechter Erwägungen liegenden Heilfürsorge.
Die ärztliche Behandlung muss zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten unter Beachtung der Regeln der ärztlichen Kunst erfolgen und zudem ausreichend und zweckmäßig sein. Es muss unter anderem festgestellt werden, ob Ihr krank und/oder bettlägerig krank seid, in welchem Umfang Ihr arbeitsfähig seid, ob Ihr einer besonderen Unterbringung oder speziellen Behandlung bedürft oder ob Ihr gar vollzugsuntauglich seid. Die Krankenbehandlung umfasst das medizinisch gebotene und allgemein übliche Maß an Aufwendungen, wie es den Patienten in Freiheit zur Verfügung steht. Dabei hat der Arzt sowohl über die Art der Behandlung als auch über alle daraus folgenden therapeutischen Maßnahmen zu entscheiden, wobei alle Maßnahmen Eurer Zustimmung bedürfen. Leistungen, die für den Heilerfolg nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, könnt Ihr ebenso wenig wie die gesetzlich Krankenversicherten beanspruchen.
Zur ärztlichen Behandlung zählen neben der allgemeinmedizinischen Behandlung körperlicher Erkrankungen auch die Behandlung von Erkrankungen im psychischen und psychiatrischen Bereich. Und auch hier besteht kein Anspruch auf Behandlung durch einen Psychotherapeuten nach Wahl des Gefangenen, es sei denn, die vollzugsinternen Behandlungsmöglichkeiten reichen nicht aus. Das ist dann der Fall, wenn in der JVA entweder zur Therapie der Störung keine Angebote vorhanden sind oder wenn sich die Krankheit als so schwerwiegend erweist, dass sie mit den Mitteln der JVA nicht beherrschbar oder therapierbar ist.
Die zahnärztliche Behandlung umfasst nach § 28 Abs. 2 S. 1 SGB V die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Die Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen sowie die in diesem Zusammenhang zu erbringenden konservierend-chirurgischen Leistungen und Röntgenleistungen stellen zahnärztliche Leistungen dar. Bei einer notwendigen Behandlung habt Ihr einen Anspruch auf Zuschuss zu Zahnersatz und Zahnkronen. Die Höhe der Zuschüsse zu den Kosten der zahnärztlichen Behandlung und der zahntechnischen Leistungen bei der Versorgung mit Zahnersatz bestimmt sich nach den Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Die JVA ist nicht ermächtigt, Euch bei der Bestimmung bzw. Festsetzung der Zuschüsse ohne sachlichen Grund schlechter zu stellen als die gesetzlichen Krankenversicherten. Auch sollte die Strafdauer keinen Einfluss auf die Gewährung von Zuschüssen haben.
Auch ist es möglich, dass die gesamten Kosten durch Eure JVA übernommen werden, was insbesondere dann der Fall ist, wenn Ihr mittellos seid. Für die gerichtliche Überprüfung eines entsprechenden Klagebegehrens (Verpflichtungsantrag nach § 109 StVollzG) ist auf den Zeitpunkt der Entstehung der Aufwendungen abzustellen.
Neben Eurem Anspruch auf Zuschuss zu Zahnersatz und Zahnkronen besteht – anders als bei der ärztlichen Krankenbehandlung – aber auch eine grundsätzliche Verpflichtung zur Beteiligung an den Kosten, wobei Ihr an den Kosten nicht stärker beteiligt werden dürft als vergleichbare gesetzliche Krankenversicherte. Ein Anspruch auf volle Übernahme der Kosten besteht somit grundsätzlich nicht. Allerdings muss auch vermieden werden, dass Ihr während des Vollzugs die notwendige Zahnsanierung aufschiebt, da Ihr den Selbstkostenanteil nicht bezahlen könnt oder mit einer geringeren Zuzahlung nach Eurer Entlassung rechnet. Sollte somit eine zahnärztliche Leistung erforderlich werden, an deren Kosten Ihr grundsätzlich zu beteiligen seid, könnt Ihr bei Mittellosigkeit gegenüber Eurer JVA einen Antrag auf einen Zuschuss oder auf vollen Kostenersatz stellen. Dabei habt Ihr zur Begründung Eures Anliegens Eure Mittellosigkeit möglichst genau darzulegen. Sollte der Antrag abschlägig beschieden werden, könnt Ihr dagegen mit einem Verpflichtungsantrag nach § 109 StVollzG vorgehen.
IV. Ärztliche Schweigepflicht
Euer Anstalts(-zahn)arzt hat seine Befunde und Behandlungsmaßnahmen umfassend zu dokumentieren. Die Dokumentation erfolgt in eigenständigen Gesundheits- bzw. Krankenakten. Diese Akten sowie die Krankenblätter sind somit von den übrigen Gefangenenpersonalakten getrennt zu führen und besonders zu sichern. Therapeuten (insbesondere Psychologen) sollten darüber hinaus besondere Therapieakten führen.
Personenbezogene Daten, die Ihr dem Euch behandelnden Arzt, Zahnarzt oder aber Psychologen als Geheimnis anvertraut oder die diesen über Euch sonst im Rahmen der Berufsausübung bekannt geworden sind, unterliegen auch gegenüber der JVA der Schweigepflicht. Solche personenbezogenen Daten betreffen unter anderem Euren Gesundheitszustand, Erkrankungen und Therapiemaßnahmen.
Allerdings haben sich Anstaltsärzte und Anstaltspsychologen gegenüber dem Anstaltsleiter zu offenbaren, soweit dies für die Aufgabenerfüllung der JVA oder zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leib und Leben des Gefangenen oder Dritter erforderlich ist. Zur Aufgabenerfüllung der JVA gehören die Behandlungsuntersuchung und die Aufstellung des Vollzugsplans, die Zuweisung von Hafträumen und Arbeit, Entscheidungen über Außenkontakte und über wichtige Behandlungsmaßnahmen sowie die Entlassungsvorbereitung und Stellungnahmen zur vorläufigen Entlassung. In all diese Entscheidungen sind die Euch behandelnden Ärzte und Psychologen eingebunden (beispielsweise im Rahmen einer VPK). Ferner besteht eine Offenbarungspflicht, wenn dies zur Abwehr erheblicher Gefahren für Leib oder Leben des Gefangenen oder Dritter erforderlich ist, beispielsweise bei Verletzungen durch Mitgefangene oder bei ansteckenden gefährlichen Krankheiten bei konkreter Ansteckungsgefahr.
Die Euch behandelnden Ärzte und Psychologen dürfen die entsprechenden Tatsachen nur in der schonendsten Form offenbaren, was bedeutet, dass – von Ausnahmen abgesehen – die Mitteilung der genauen Diagnose nicht erforderlich ist. Bevor personenbezogene Daten aber überhaupt über Euch erhoben werden dürfen, müsst Ihr über die Offenbarungsrechte und -pflichten – mündlich und/oder schriftlich – informiert werden. Dies hat zu Beginn Eurer Inhaftierung zu erfolgen.
Die Rechte und Pflichten zur Offenbarung betreffen nicht nur die anstaltsinternen Ärzte und Psychologen, sondern auch Ärzte, Psychologen und Suchtberater außerhalb des Vollzugs, die mit Eurer Untersuchung oder Behandlung beauftragt werden. Zu unterrichten ist nicht nur Euer Anstaltsleiter, sondern auch Euer Anstaltsarzt und der Euch in der JVA behandelnde Psychologe. Die Unterrichtung soll einer umfassenden, aufeinander abgestimmten und durchgängigen Behandlung dienen.
V. Recht auf Auskunft und auf Akteneinsicht
Das Recht auf Auskunft und auf Akteneinsicht gegenüber der JVA in Eure Krankenakte sichert Eure Subjektstellung im Strafvollzug, die möglichst weitgehende Angleichung Eurer Position an die allgemeinen Lebensverhältnisse außerhalb des Vollzugs und den Anspruch auf aktive Teilnahme am Behandlungsvollzug.
Ihr habt sowohl einen Auskunftsanspruch zu den Unterlagen der Gesundheitsfürsorge als auch ein unbeschränktes Einsichtsrecht in Eure Krankenakte.
Begehrt Ihr Auskunft über zu Eurer Person gespeicherten Daten, so müsst Ihr einen entsprechenden mündlichen oder schriftlichen Antrag stellen. In dem Antrag sollten die Daten, zu denen Auskunft begehrt wird, näher bezeichnet werden, um ihr Auffinden zu erleichtern und den Auskunftsumfang einzugrenzen. Das Verfahren der Auskunftserteilung, insbesondere die Form (mündlich oder schriftlich) wird von der JVA nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt.
Ist Euer Ziel nicht nur die Auskunft, sondern die Akteneinsicht, habt Ihr darzulegen, dass nur dadurch Eure rechtlichen Interessen umfassend gewahrt werden und die Erteilung einer Auskunft nicht ausreichend ist. Dabei müssen im Antrag auch gerade diejenigen Teile oder Angaben, die hierfür relevant sind, näher bezeichnet werden. Regelmäßig besteht ein Einsichtsrecht im Hinblick auf die Behandlungsuntersuchung und den Vollzugsplan. Ebenfalls umfasst ist grundsätzlich die Einsichtnahme in Krankenunterlagen bzw. die in dieser enthaltenen objektivierbaren Befunde und Behandlungstatsachen. Ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht kann beispielsweise im Hinblick auf die (angedachte) außergerichtliche Geltendmachung von Leistungs- oder Schadensersatzansprüchen oder in gerichtlichen Verfahren bestehen, wenn von der Akteneinsicht die Geltendmachung rechtlich durchsetzbarer Ansprüche abhängt. Sowohl das Recht auf Auskunft als auch auf Akteneinsicht kann sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich nicht nur durch Euch als Betroffene, sondern auch durch Euren Rechtsanwalt bzw. Verteidiger geltend gemacht werden. Dazu bedarf es einer ärztlichen Schweigepflichtentbindungserklärung, was bedeutet, dass Ihr den Euch behandelnden Arzt gegenüber Eurem Anwalt von seiner Schweigepflicht befreit.
VI. Rechtsschutz
Anträge zur Gesundheitsfürsorge und medizinischen Versorgung sind an Euren Anstaltsarzt zu richten. Lehnt dieser eine gewünschte Behandlung ab oder will er eine von Euch abgelehnte Behandlung durchführen, kann diese Entscheidung im Wege eines Anfechtungs- oder Verpflichtungsantrages nach § 109 StVollzG gerichtlich angegriffen werden. Zu beachten ist, dass Ihr den für Euch zuständigen Arzt durch Eure Antragstellung automatisch von dessen ärztlicher Schweigepflicht entbunden habt. In einigen Fällen kann es geboten sein, neben einem 109er auch einen Eilantrag nach § 114 StVollzG zu stellen, um so vorläufigen Rechtsschutz zu erlangen. Richtige Antragsgegnerin ist Eure JVA, vertreten durch den Anstaltsleiter.
Zivilrechtlich kann eine fehlerhafte medizinische Behandlung oder deren Unterlassung Schadensersatzansprüche begründen und – sofern sich die JVA nicht außergerichtlich bereit erklären sollte, Euch entsprechend zu entschädigen – im Wege eines Amtshaftungsanspruchs gerichtlich geltend gemacht werden.