Missbrauch und Verjährung

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Ein kürzlich veröffentlichtes Gespräch mit Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ( http://bit.ly/bzmt6P ) und die fortdauernde öffentliche Diskussion gibt Anlass, sich hier kurz mit der Frage nach einer Verlängerung oder gar Aufhebung der Verjährungsfrist bei sexuellem Missbrauch zu befassen.

Die Bundesjustizministerin hat sich im Bezug auf die Frage der Verlängerung der strafrechtlichen Verjährungsfristen wiederholt skeptisch geäußert. Zu recht wird u. a. darauf hingewiesen, dass Fälle, die schon verjährt sind, grundsätzlich rückwirkend nicht erfasst werden können.

In § 78 Abs. 3 des Strafgesetzbuches (StGB) ist geregelt:

Soweit die Verfolgung verjährt, beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, 20 Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als 10 Jahren bedroht sind, 10 Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als 5 Jahren bis zu 10 Jahren bedroht sind, 5 Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als 1 Jahr bis zu 5 Jahren bedroht sind und 3 Jahren bei den übrigen Taten.

Der sexuelle Missbrauch von Kindern (§ 176 StGB) verjährt also nach 10 Jahren, der schwere sexueller Missbrauch von Kindern (§ 176a StGB) nach 20 Jahren. Die Verjährung beginnt erst, wenn das Opfer volljährig ist, also das 18. Lebensjahr vollendet hat; das ergibt sich aus § 78b StGB.

Die zivilrechtliche Verjährung tritt bereits nach 3 Jahren ein. Nach § 208 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist die Verjährung bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs des Opfers gehemmt.

Nachvollziehbare Gründe, die gegen eine Verlängerung beider Verjährungsfristen sprechen würden, sind nicht erkennbar.

Insbesondere das Argument, dass die Aufklärung von Sachverhalten, die Jahrzehnte zurückliegen, mit zahlreichen Schwierigkeiten verbunden seien, vermag nicht wirklich zu überzeugen. Juristisch vielleicht zutreffend, aber gleichwohl nur schwer nachzuvollziehen, ist es, wenn im Rahmen der Diskussion über die strafrechtliche Verjährung mit der „Strafwürdigkeit eines Delikts" argumentiert und ausgeführt wird, dass diese nach einer gewissen Zeit abnehme und man bei der Bestrafung die Verhältnismäßigkeit wahren müsse.

Eine Lösung könnte hier wohl tatsächlich eine Erhöhung des Strafmaßes bewirken, würde eine solche doch in vielen Fällen automatisch eine Verlängerung der Verjährungsfrist bedeuten.

Eine nachträgliche Verlängerung von Verjährungsfristen dürfte – anders als eine völlige Aufhebung - mit dem Grundgesetz (GG) zu vereinbaren sein. Fälle, die schon verjährt sind, können grundsätzlich rückwirkend nicht erfasst werden, würde eine solche Regelung doch gegen rechtsstaatliche Grundsätze verstoßen.

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