Sterbehilfe und Patientenverfügung

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Von Rechtsanwalt Jochen Hägele

Viele Menschen, gerade auch jüngere, machen sich Sorgen über die letzte Phase ihres Lebens. Zwar erscheint diese oft noch so weit weg zu sein, doch durch Unfall oder Krankheit kommt man ganz schnell in die Situation, dass man entscheidende Weichen stellen muss und schwierige, mitunter lebenserhaltende oder auch lebensverkürzende Entscheidungen treffen muss. Hier kann man als Betroffener nur über eine Patientenverfügung noch mitreden.

Doch was kann man regeln, was kann man erlauben, was nicht verbieten und wie? Dafür muss man zunächst wissen, wie die Sterbehilfe im Strafrecht bewertet wird. Zunächst also ein kurzer Überblick über die Tötungsdelikte und ihre Relevanz bei Sterbehilfe:

§ 211 StGB bestimmt, dass derjenige ein Mörder ist, der aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken einen Menschen tötet.

Von diesen Mordmerkmalen muss der Täter eines verwirklichen, damit seine Tat als Mord eingestuft werden kann. Bei der Sterbehilfe ist hierbei vor allem die Heimtücke relevant. Bei den bekannten Fällen der Tötung von Schwerstkranken durch Pfleger oder Krankenschwestern war auch dieses Mordmerkmal in der Diskussion. Wenn diese z.B. alte Menschen im Schlaf mit einem Kissen erstickt haben, kommt hierbei die heimtückische Begehung in Betracht.

Wer einen Menschen tötet ohne ein Mordmerkmal zu verwirklichen begeht einen Totschlag. Dieser wird mit mindestens 5 und höchstens 15 Jahren Freiheitsstrafe bestraft. Der Todesengel, der nicht heimtückisch gehandelt hat, ist daher wegen Totschlags zu bestrafen.

Wer einen Menschen aufgrund dessen ausdrücklichen und ernsthaften Verlangens tötet, wird mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis 5 Jahren bestraft. So will es das Gesetz in § 216 StGB.

Dies bedeutet: Selbst wenn der Getötete es so wollte geht der Täter nicht straffrei aus. Eine strafbefreiende Einwilligung ist bei der Tötung ausgeschlossen.

Vor diesem Hintergrund ist die Sterbehilfe wie folgt zu bewerten:

Aktive Sterbehilfe: Unter aktiver Sterbehilfe wird das gezielte (schmerzlose) Töten eines Menschen bzw. die Beschleunigung des Todeseintritts verstanden. Diese ist nach § 216 StGB als Tötung auf Verlangen strafbar, auch und gerade wenn der Getötete ausdrücklich damit einverstanden war. Der verfassungsrechtliche Schutz des menschlichen Lebens verbietet es, die aktive Sterbehilfe frei zu geben. Ein Anspruch auf straflose Fremdvornahme zur Selbsttötung gibt es nicht.

Indirekte Sterbehilfe: Die indirekte Sterbehilfe ist die schmerzlindernde oder bewusstseinsdämpfende Medikation mit Schmerzmittel, wobei der Verabreichende (Arzt) als unbeabsichtigte Nebenfolge mit der Beschleunigung des Todeseintritts aufgrund seiner Medikation rechnet oder rechnen muss. Die Medikation muss ärztlich geboten sein, um den Patienten vor unerträglichen Schmerzen zu bewahren. Ist dies der Fall, ist die indirekte Sterbehilfe straflos.

Passive Sterbehilfe: Passive Sterbehilfe liegt vor, wenn bei einem tödlich Kranken, bei dem der Sterbeprozess bereits begonnen hat und dessen Tod kurz bevorsteht, eine Behandlung nicht mehr begonnen oder eine laufende Behandlung abgebrochen wird. Dann dürfen die Ärzte auch ohne Einwilligung des Patienten die Behandlung beenden.

Hat der Sterbeprozess noch nicht eingesetzt oder hat der Sterbeprozess schon eingesetzt, der Tod steht aber noch nicht unmittelbar bevor, dann darf ein Arzt die Behandlung nur dann abbrechen, wenn dies dem (mutmaßlichen) Willen des Patienten entspricht.

Für solche Entscheidungen ist jedoch der mutmaßliche Wille des Patienten sehr genau zu ermitteln. Dabei sind frühere Äußerungen des Patienten, seine religiöse Einstellung, seine persönlichen Wertvorstellungen, aber auch die altersbedingte Lebenserwartung oder das Erleiden von Schmerzen. Kann eine Maßnahme noch aufgeschoben werden bis ein Betreuer bestellt ist, so ist dies zunächst zu tun. Der Betreuer muss dann ebenfalls nach dem mutmaßlichen Willen entscheiden, ob eine Behandlung fortgeführt werden soll oder nicht.

Ihre Patientenverfügung kann diesen mutmaßlichen Willen für die Entscheidungsträger bindend festlegen. Außerdem können Sie eine Person ihres Vertrauens bestimmen, die zum Betreuer bestellt werden soll (Betreuungsverfügung). Nicht zuletzt können Sie dieser Person Vorsorgevollmacht erteilen, damit sie notwendig werdende Entscheidungen für Sie treffen darf.

Durch Patientenverfügungen können Sie so Ihren Willen im Vorfeld dokumentieren und dazu beitragen, dass sie auch am Lebensende so behandelt werden, wie Sie es wünschen.


Rechtsanwalt Jochen Hägele