Aktuell: Haftung des Anschlussinhabers als Störer immer berechtigt?

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Aktuell: Haftung des Anschlussinhabers als Störer immer berechtigt?

Entscheidung des OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.12.2007, Az. 11 W 58/07

Abmahnung durch die Musikindustrie, Filesharing, P2P, DHV - Der Hörverlag GbmH, Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co.KG, Sony BMG Music Entertainment GmbH, edel records GmbH, edel Media & Entertainment, EMI Music Germany GmbH & Co.KG, Universal Music GmbH, Warner Music Groupe Germany.

Das Landgericht Hamburg hatte in seiner Entscheidung vom 25.01.2008, Az. : 308 O 58/06, entschieden, dass bei der Nutzung von Musiktauschbörsen im Internet nicht nur der tatsächliche Urheberrechtsverletzer auf Unterlassung hafte, sondern auch der Inhaber des Internetanschlusses. Als Begründung führen die Richter an, dass auch der Inhaber eines Telefonanschlusses als Störer hafte, da er Einfluss darauf haben könne, dass künftige Rechtsverletzungen zu unterbleiben haben.

Diesen in der Rechtsprechung bisher vorherrschenden Grundsatz hat das OLG Frankfurt in seiner Entscheidung vom 20.12.2007 modifiziert. Zwar kann als Störer für eine Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Ein solcher Beitrag kann vom Anschlussinhaber dadurch geleistet worden sein, dass er dem Täter seinen Computer und damit den Zugang zum Internet zur Verfügung gestellt hat. Allerdings setzt die Haftung desjenigen, der selbst weder Täter noch Teilnehmer der Verletzung ist, voraus, dass er Prüfungspflichten verletzt hat. Anderenfalls würde die Störerhaftung in nicht hinnehmbarer Weise auf Dritte erstreckt, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben.

Fraglich ist jedoch, welchen Umfang diese Prüfungspflichten haben. Hierzu hat das OLG Frankfurt wörtlich ausgeführt:

„Der Umfang der Prüfungspflicht richtet sich danach, inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Überlässt der Inhaber eines Internetanschlusses diesen dritten Personen, kann ihn die Pflicht treffen, diese Nutzer zu instruieren und zu überwachen, sofern damit zu rechnen ist, dass der Nutzer eine Urheberrechtsverletzung begehen könnte. Eine Pflicht, die Benutzung seines Internetanschlusses zu überwachen oder gegebenenfalls zu verhindern, besteht jedoch nur, wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der Nutzer den Anschluss zu Rechtsverletzungen missbrauchen wird. Solche Anhaltspunkte bestehen deshalb grundsätzlich nicht, solange dem Anschlussinhaber keine früheren Verletzungen dieser Art durch den Nutzer oder andere Hinweise auf eine Verletzungsabsicht bekannt sind oder hätten bekannt sein können. Das gleiche gilt für die Zurverfügungstellung des Internetanschlusses und ebenso wie gegenüber dem Ehegatten im Verhältnis des Anschlussinhabers zu seinen Kindern. Im Übrigen trifft den Anschlussinhaber, der wegen einer Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen wird, eine sekundäre Darlegungslast zur Angabe der Person, die seiner Kenntnis nach den Verstoß über seinen Anschluss begangen hat."

Hiernach kann der Anschlussinhaber, sofern nicht besondere Umstände Anlass dafür bieten, ohne weiteres davon ausgehen, dass erwachsenen Personen bekannt ist, dass sie derartige Rechtsverletzungen nicht begehen dürfen. Soweit eine Belehrungspflicht gegenüber Minderjährigen besteht, muss der Anschlussinhaber darlegen, dass er dieser Pflicht nachgekommen ist.

Dennoch gilt es hierbei zu berücksichtigen, dass es sich bei diesen Ausführungen in erster Linie um eine Argumentationshilfe handelt die für etwaige Vergleichsverhandlungen mit der Gegenseite verwandt werden kann. Die überwiegende Rechtsprechung folgt nach wie vor den Grundsätzen des LG Hamburg. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung ist es daher erforderlich, den Einzelfall sorgfältig zu überprüfen. Keinesfalls darf daher auf eine Abmahnung hin die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung vorschnell unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des OLG Frankfurt verweigert werden. Die hiermit verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen können für den Betroffenen ein ruinöses Ausmaß zur Folge haben.

Nutzen sie vielmehr diesen Argumentationsvorteil um sich gegen eine Abmahnung der Musikindustrie zur Wehr zu setzen. Die von der Musikindustrie beauftragten Kanzleien (insb. Rechtsanwälte Rasch bzw. Rechtsanwalt Clemens Rasch aus Hamburg) werden es zukünftig schwerer haben, sich auf eine Störerhaftung zu berufen. Unsere praktische Erfahrung zeigt, dass die Gegenseite immer für Vergleichsverhandlungen offen ist.

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