Wann liegen bei einer Musiktauschbörse ein „Geschäftlicher Verkehr" und/oder ein „gewerbliches Ausmaß" vor?

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Der § 97a UrhG (Urheberrechtsgesetz) und der § 101 UrhG sind mit der Umsetzung der so genannten Enforcement-Richtlinie zum 01.09.2008 in das UrhG neu aufgenommen worden bzw. modifiziert worden.

§ 97a UrhG stellt klar, dass ein Verletzer von Urheberrechten dem Berechtigten dessen durch die Abmahnung entstandenen Anwaltskosten erstatten muss.

Dies wurde bis zu der Gesetzesänderung von den Gerichten schon praktiziert, sollte aber noch einmal gesetzlich festgehalten werden. Gleichzeitig wurden die zu erstattenden Anwaltskosten in speziell gelagerten Fällen bei Rechtsverletzungen „außerhalb des geschäftlichen Verkehrs" auf 100 € beschränkt.

§ 101 UrhG sieht im Fall der Urheberrechtsverletzung einen Auskunftsanspruch vor. Dieser kann sich beispielsweise gegen einen Provider richten. Der Provider kann gegenüber einem Musiker verpflichtet sein, den Internetzugangsinhaber einer bestimmten IP-Adresse zu nennen. Der Musiker kann so ermitteln, wer seine Songs an einer Musiktauschbörse rechtswidrig zur Verfügung gestellt hat. Voraussetzung für diesen Anspruch ist unter anderem, dass das Urheberrecht „in gewerblichem Ausmaß" verletzt wird.

Von Bedeutung ist, was unter „geschäftlichem Verkehr" und „in gewerblichem Ausmaß" zu verstehen ist. Einige Gesetzeskommentare und Gerichte (z.B. Landgericht Frankenthal) verstehen unter diesen Wortlauten dasselbe. Wie das OLG Köln in dem Beschluss vom 09.02.2009 (Az. 6 W 182/08) klargestellt hat, ist dies abzulehnen.

Während eine Rechtsverletzung durch das Merkmal „außerhalb des geschäftlichen Verkehrs" hinsichtlich der Art und Weise ihre Begehung eingrenzt, stellt das Tatbestandsmerkmal „in gewerblichem Ausmaß" auf die „Schwere der beim Rechtsinhaber eingetretenen einzelnen Rechtsverletzung" ab.

Ein Handeln im „geschäftlichen Verkehr" setzt einen Zusammenhang mit Erwerb oder Berufsausübung voraus, deckt also nicht den privaten Bereich ab, während ein „gewerbliches Ausmaß" auch bei rein privatem Handeln erreicht werden kann. Entscheidend, aber auch ausreichend, ist es, dass die Rechtsverletzung ein Ausmaß aufweist, wie dies üblicherweise mit einer auf einem gewerblichem Handeln beruhende Rechtsverletzung verbunden ist.

Dieses Ausmaß ist beispielsweise bereits bei einem einmaligen Angebot eines Musikalbums während der relevanten Verkaufs- oder Verwertungsphase erreicht. Wenn ein Internetnutzer also ein gerade neu erschienenes Musikalbum komplett zum Download anbietet, liegt das „gewerbliche Ausmaß" vor.

Gleiches dürfte auch für eine Rolling Stones Platte, die vor zwanzig Jahren erstmalig erschienen ist, gelten. Denn die Rolling Stones stellen immer noch eine sehr bekannte und beliebte Band dar. Die Verkaufs- und Verwertungsphase ist für die Musik dieser Band weiterhin zu bejahen. Anders verhält es sich dementsprechend bei Musikern, die nur mit einem einzigen Song kurzzeitig aufgetreten sind und die nur einen geringen Bekanntheitsgrad erreicht haben.

§ 101 UrhG soll dazu beitragen, es zu verhindern, dass die wirtschaftliche Verwertung eines Werkes durch seinen Urheber während der hierfür erforderlichen Zeitspanne gefährdet wird. Nach Ansicht des OLG Köln ist daher auf die „relevante Verkaufsphase" abzustellen.

Ein Handeln im „geschäftlichen Verkehr" gemäß § 97a UrhG ist jede wirtschaftliche Tätigkeit auf dem Markt, die der Förderung eines eigenen oder fremden Geschäftszwecks zu dienen bestimmt ist. Der Begriff des „geschäftlichen Verkehrs" nach § 97a UrhG ist weit auszulegen. Das Runterladen eines einzigen Songs an einer Internet-Tauschbörse liegt mit Sicherheit „außerhalb des geschäftlichen Verkehrs". Das Runterladen von 500 Songs ist dagegen mit Sicherheit dem „geschäftlichen Verkehr" zuzurechnen. Wo der „geschäftliche Verkehr" an einer Tauschbörse beginnt, muss von den Gerichten noch geklärt werden. Das Hoch- oder Runterladen eines neu erschienen Musikalbums wird dem „geschäftlichen Verkehr" zuzuordnen sein. Denn der Nutzer möchte den entgeltlichen Erwerb der Songs durch seine Teilnahme an der Tauschbörse vermeiden, um Geld zu sparen und verschafft sich so einen eigenen wirtschaftlichen Vorteil bzw. verschafft einem anderen Teilnehmer einen solchen wirtschaftlichen Vorteil. Die Kostendeckelung auf 100 € wird daher in den wenigsten Fällen greifen.

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