Rechtsrat nahezu kostenlos

Mehr zum Thema: Verfahrensrecht, Beratungshilfe, Prozesskostenhilfe, Berechtigungsschein, Anwaltskosten
0 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
0

Guter Rat ist nicht teuer:

Niemand soll aus finanzieller Not auf sein gutes Recht verzichten:Der Staat ermöglicht Menschen mit niedrigem Einkommen Rechtsberatung und Rechtsvertretung für eine „Schutzgebühr" von 15,-- €

Das Beratungshilfegesetz und das Gesetz über Prozesskostenhilfe gewähren Menschen mit niedrigem Einkommen die Möglichkeit, sich bei einem Rechtsanwalt fachkundigen Rat einzuholen und vor Gericht vertreten zu lassen.
Die Beratungshilfe ist grundsätzlich kostenlos; lediglich 15,-- € „Schutzgebühr" sind zu entrichten, damit dieser „Service" des Staates nicht ausgenutzt wird.
Wird ein Gericht mit der Sache befasst, werden die Kosten der Prozessführung ganz oder teilweise vom Staat getragen, wenn die Angelegenheit Aussicht auf Erfolg hat und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint.

Was ist der Unterschied zwischen Beratungs-/Prozesskostenhilfe?

Beratungshilfe erhält man für grundsätzliche rechtliche Fragen und die Rechtsvertretung (durch einen Anwalt) außerhalb gerichtlicher Verfahren und im so genannten obligatorischen Güteverfahren. Die Rechtsvertretung umfasst dabei nicht nur eine Beratung, sondern – wenn notwendig – auch die Vertretung außerhalb des Gerichtsverfahrens. Das heißt: der Anwalt schreibt gegebenenfalls auch den „bösen Brief" an die Gegenseite.

Prozesskostenhilfe wird gewährt, falls die Bemühungen um eine außergerichtliche Einigung scheitern sollten und ein Gericht mit der Sache befasst werden muss. Es werden die Kosten der Prozessführung, falls notwendig, ganz oder teilweise vom Staat getragen.

Wer erhält den nahezu kostenlosen Rechtsrat?

In den Genuss der fast kostenlosen Rechtsberatung kommen alle Menschen, die in der Bundesrepublik (außer Bremen und Hamburg) leben (auch Ausländer, soweit der Sachverhalt einen Bezug zum Inland hat) und die nach ihren „persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen können".
Die Frage, ob die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ausreichen, die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufzubringen, kann im Einzelfall kompliziert sein (hier erfolgt eine vereinfachte Darstellung). Davon sollte man sich aber nicht abhalten lassen, trotzdem sein gutes Recht geltend zu machen.
An dieser Stelle können wir Ihnen versichern, dass mehr Menschen in den Genuss von Beratungs- oder Prozesskostenhilfe kommen, als man denkt. Das eigene Vermögen braucht man nämlich nur einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Das ist nur der Fall bei hochwertigen Vermögensgegenständen, die man nicht zum Familienunterhalt oder zum Aufbau seiner beruflichen Existenz benötigt. Das Eigenheim für die Familie schließt also das Recht auf Beratungshilfe nicht aus. Dazu zwei Beispiele:

  1. Ein verheirateter Vater von zwei Kindern hat ein Arbeitseinkommen von netto 2.000,-- €. Nach Abzug von Versorgungsaufwendungen und Werbungskosten (die Kosten, die ihm entstehen, um z.B. zur Arbeit zu fahren) verbleiben der Familie 1.580,-- €. Er zahlt warm 420,-- € Miete.

    Es ergibt sich folgende Rechnung:
    Ausgangspunkt ist das Gesamtnettoeinkommen von 1.580,-- €.
    Davon sind Freibeträge für den Mann und die Frau (je 364,-- €) und die zwei Kinder (je 148,50 €) abzuziehen. Weiterhin ist ein weiterer Freibetrag für den erwerbstätigen Mann in Höhe von 148,50 € abzuziehen. Dann ist die Miete einschließlich Nebenkosten in Höhe von 420,-- € abzuziehen.
    Insgesamt sind von den 1.580,-- € Gesamtnettoeinkommen folglich 1.808,50 € abzuziehen.
    Ergebnis: Es verbleibt kein Einkommen. Der Vater erhält Beratungs- und Prozesshilfe ohne weitere Kostenverpflichtung.

  2. Gleicher Fall wie unter 1.), nur dass die Ehefrau selbst 1.200,-- € verdient.

    Es ergibt sich folgende Rechnung:
    Die Arbeitseinkommen der Ehepartner werden nicht zusammen gerechnet. Es entfällt lediglich der Freibetrag der Ehefrau (364,-- €), da dieser unterhalb des Einkommens der Ehefrau liegt.
    Ausgangspunkt ist folglich wieder das Gesamtnettoeinkommen von 1.580,-- €.
    Davon ist nur der Freibetrag für den Mann (je 364,-- €) und die zwei Kinder (je 148,50 €) abzuziehen. Weiterhin ist ein weiterer Freibetrag für den erwerbstätigen Mann in Höhe von 148,50 € abzuziehen. Dann ist die Miete einschließlich Nebenkosten in Höhe von 420,-- € abzuziehen.
    Insgesamt sind von den 1.580,-- € Gesamtnettoeinkommen folglich 1.444,50 € abzuziehen.
    Ergebnis: Es verbleibt ein „einsetzbares" Einkommen von 135,50€. Der Vater erhält Beratungs- und Prozesshilfe gegen Zahlung einer monatlichen Rate von 45,-- € (vgl. Tabelle § 115 ZPO) an das Gericht, bis die Kosten gedeckt sind (höchstens 48 Raten).

Ob Sie in den Genuss von Beratungshilfe kommen, klären Sie am Besten mit Ihrem Amtsgericht wie folgt:

Gehen Sie zunächst zu Ihrem Amtsgericht. Dort wenden Sie sich an die Rechtsantragsstelle und schildern dem zuständigen Rechtspfleger ihr Problem und legen Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dar (wenn möglich nehmen Sie am Besten gleich einen Bescheid über Sozial-/Arbeitslosenhilfe oder –geld, Ihre Gehaltsabrechnung und Ihren Mietvertrag mit). Bitten Sie den Rechtspfleger um die Ausstellung eines Berechtigungsscheins, um einen Anwalt aufzusuchen.

Wenn Sie den Berechtigungsschein erhalten haben, können Sie mit diesem eine Anwaltskanzlei Ihrer Wahl aufsuchen (wobei der Anwalt das Mandat im Einzelfall ablehnen darf) oder den Berechtigungsschein unter Angabe Ihrer Adresse, E-Mail-Adresse und/oder Telefonnummer und Ihres Rechtsproblems an die Kanzlei Filler, Weender Landstraße 1, 37073 Göttingen senden. Wir werden uns dann umgehend über E-Mail oder Telefon bei Ihnen melden und die Angelegenheit besprechen.

Soweit Sie Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen wollen, empfielt sich folgende Vorgehensweise:

Es empfielt sich immer, vor einer Beantragung von Prozesskostenhilfe Beratungshilfe in Anspruch zu nehmen. Deshalb raten wir Ihnen - wie geschildert - einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe an die Kanzlei Ihres Vertrauens zu senden.
Im Rahmen dieser kostenlosen Beratung können wir Ihnen zunächst Auskunft geben, ob Sie „im Recht" sind und auch, ob Sie Prozesskostenhilfe erhalten.

Bekommen Sie keine Beratungshilfe, können Sie trotzdem teilweise Prozesskostenhilfe erhalten. Sollten Sie aufgrund Ihrer wirtschaftlichen Situation vom Amtsgericht keinen Berechtigungsschein für Beratungshilfe erhalten, können Sie sich an eine Anwaltskanzlei Ihrer Wahl oder die Kanzlei Filler per Brief (Kanzlei Filler, Weender Landstraße 1, 37073 Göttingen) wenden. Sie sollten Ihr Rechtsproblem und Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Angaben zu Ihrer Person [Einkommen] und gegebenenfalls der Ihres Lebenspartners [Einkommen], Kindern, für die Sie unterhaltspflichtig sind [Höhe der Unterhaltsleistungen], Ihren Wohnkosten [Kaltmiete und Heizkosten], Ihrem Vermögen/ Ihren Schulden) schildern.
Wir werden uns dann kurzfristig bei Ihnen melden, um Ihnen zunächst mitzuteilen, ob Sie Prozesskostenhilfe erhalten und die weitere Vorgehensweise abzusprechen.

Fazit:

Menschen mit niedrigem Einkommen können mit dem Berechtigungsschein für Beratungshilfe in den Genuss von kostenlosem Rechtsrat gelangen und so Ihr gutes Recht durchsetzen. Zugegebenermaßen ist der „Weg" zum Erhalt des Berechtigungsscheins umständlich, dies sollte den Ratsuchenden aber nicht abschrecken.

Von Rechtsanwältin Regine Filler, Göttingen, Tel. : 0551 - 79 77 666
Interessenschwerpunkte: Verwaltungsrecht, Sozialrecht, Insolvenzrecht, Familienrecht, Straßenverkehrsrecht