Beim Vorbeifahren ein Auto beschädigt - was jetzt?

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Wie verhält man sich bei Fahrerflucht und Unfallflucht - und was droht als Strafe?

Ein besonders häufiges unter den Verkehrsdelikten ist das "unerlaubte Entfernen vom Unfallort", § 142 StGB, das gerne als Fahrerflucht oder Unfallflucht bezeichnet wird.

Unfallflucht begehen die meisten nicht deshalb, weil sie sich der Verantwortung entziehen wollen, sondern aus bloßer Unwissenheit darüber, wie sie sich in einem solchen Fall zu verhalten haben. Dies möchte ich an dieser Stelle zunächst so kompakt wie möglich zusammenfassen. Dann zeige ich typische Fehlverhalten auf, bevor ich dazu komme, welche Strafe droht und was man tun sollte, wenn man sich am Unfallort nicht richtig verhalten hat.

Richtiges Verhalten nach einem Unfall:

  1. Sie haben im Vorbeifahren oder beim Ausparken ein anderes Fahrzeug beschädigt. Der Unfallgegner ist nicht anwesend. Sie steigen aus und sehen sich das Ergebnis an: Ein abgefahrener Außenspiegel, eine Delle oder ein Kratzer.

  2. Sie sollten am Unfallort unbedingt 30 Minuten warten. Sollte in dieser Zeit der Eigentümer des beschädigten Fahrzeugs nicht hinzukommen, sollten Sie

    • Die Polizei anrufen und den Schaden melden. Diese entscheidet dann, ob Sie zur Aufnahme des Unfalls auf einen Beamten warten sollen oder ob Sie ausnahmsweise, etwa weil Sie dringende Termine haben, weiterfahren können. Jedenfalls wird die Polizei Ihre Daten aufnehmen und an den Geschädigten weitergeben.

    • Hiernach können Sie auf jeden Fall sicher sein, sich nicht strafbar gemacht zu haben.

    • Sollten Sie es besonders eilig haben, rufen Sie sofort bei der Polizei an, um den Vorgang zu beschleunigen.

Typisches Fehlverhalten am Unfallort

Oft wird nicht oder nur sehr kurze Zeit am Unfallort gewartet. Manche stecken einfach einen schnellen Zettel mit ihren Kontaktdaten unter die Scheibe, und denken fälschlicherweise, dass das genügen würde. Andere haben keinen Zettel bei der Hand und rufen erst viele Stunden später bei der Polizei an, um den Unfall zu melden.

Oft haben dann aber schon Zeugen Strafanzeige gestellt. Dann ohne Strafe davonzukommen, ist schwierig und meist nur mit Hilfe eines Anwaltes möglich.

Was kann passieren, wenn man sich falsch verhalten hat?

Wenn man noch innerhalb von 24 Stunden ab dem Unfallzeitpunkt seine Daten bereitgestellt und die Tat zugegeben hat, bestimmt das Gesetz, dass der "reumütige" Unfallflüchtige vom Gericht eine Milderung oder ein Absehen von der Bestrafung erwarten kann. Ob die Tat allerdings vor Gericht landet, etwa im Rahmen eines Strafbefehlsverfahrens oder einer Hauptverhandlung, liegt im Ermessen der Staatsanwaltschaft. Nur wenn der Staatsanwalt im Rahmen des Ermittlungsverfahrens eine Straftat für wahrscheinlich vorliegend hält, wird es zum Gerichtsverfahren kommen. Um diese Frage zu ermitteln, werden Zeugen und auch Sie als Angeschuldigter von der Polizei befragt. Dabei werden Sie von der Polizei natürlich zuvor in Kenntnis gesetzt, dass gegen Sie ermittelt wird. Stellt sich dabei heraus, dass Sie sich vermutlich strafbar gemacht haben, wird es ein gerichtliches Verfahren geben.

Strafbefehl, Geldstrafe, Fahrverbot

Sollten Sie noch nicht weiter auffällig geworden sein, wird das Strafverfahren mit einem Strafbefehl auf eine Geldstrafe hinauslaufen. Die Höhe der Geldstrafe richtet sich nach der Höhe des verursachten Schadens, bei den Staatsanwaltschaften bestehen intern Tabellen mit Regelsätzen. So wird z.B. für einen Schaden von bis zu 500 Euro in der Regel eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen fällig, bei einem Schaden von bis zu 1000 Euro 20-30 Tagessätze, bei einem Schaden von 1000 - 1500 Euro 30-40 Tagessätze, usw.

Ein Tagessatz entspricht einem 30stel Ihres Nettoeinkommens.

Schnell können hier ein paar Tausend Euro zusammenkommen.

Für viele noch schlimmer ist aber das drohende Fahrverbot, das gem. § 44 StGB zwischen einem und drei Monaten Dauer liegt. Die Dauer ist ebenfalls grundsätzlich von der Schadenshöhe abhängig.

Vorwurf Fahrerflucht - Wie verhalte ich mich richtig?

Zunächst gilt, dass Sie ohne Akteneinsicht keine Aussage machen sollten. Denn Sie müssen sich nicht selbst belasten - und sollten das auch grundsätzlich nicht tun.

Sollte also unverhofft die Polizei vor der Türe stehen (manchmal bittet die Polizei auch schriftlich um Ihr Erscheinen zur Vernehmung als Beschuldigter), dann verweigern Sie vorerst zumindest die Aussage.

Akteneinsicht bekommt in Deutschland trotz Europarechtswidrigkeit dieser Tatsache immernoch nur ein Rechtsanwalt. Daher sollten Sie einen Anwalt mit der Verteidigung beauftragen. Er wird sehen, welche Beweise gegen Sie vorliegen und dann mit Ihnen gemeinsam entscheiden, wie weiter vorzugehen ist.

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