EU-Führerschein: Achtung bei deutschem Wohnsitz

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Neue EuGH-Entscheidung zum deutschen Wohnsitz im Führerschein

Die hier angesprochene Frage betrifft vor allem die Erwerber von EU-Führerscheinen aus Tschechien vor dem 01.07.2006. Erst ab diesem Zeitpunkt hatte die Tschechische Republik die Regelung des Art. 7 der Richtlinie 91/439/EWG umgesetzt, nach der ein Führerschein nur dann ausgestellt werden darf, wenn der Erwerber mind. 185 Tage in Tschechien lebt. Bis dahin ausgestellte Führerscheine ziert der deutsche Wohnsitz des Erwerbers.

Bereits mit seinen Entscheidungen vom 26.06.2008 in den Rechtssachen Wiedemann (Az. C-329/06) und Zerche (Az. C-343/06) stellte der EuGH klar, dass bei den Erwerbern, denen zuvor die Fahrerlaubnis im Ausstellerstaat (zumeist Deutschland) entzogen worden war, der Aufnahmemitgliedsstaat diesen Führerschein, entgegen des Anerkennungsgrundsatzes des Art. 1 Abs. 2 der 2. Führerscheinrichtlinie, nicht anerkennen braucht, wenn ausweislich des Führerscheins der Erwerber seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Ausstellerstaat gehabt hat. Als Beweis dient hier vor allem der Aufdruck eines deutschen Wohnsitzes.

Marc N. Wandt
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In der Praxis bedeutet dies, dass in diesen Fällen der Führerschein in Deutschland nicht genutzt werden darf, da hier keine Anerkennung besteht. Dies, und das ist das gefährliche daran, ohne dass es einer Entscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde bedarf. Selbst wenn vor den v.g. Entscheidungen Verkehrskontrollen problemlos gemeistert wurden, kann die Nutzung nunmehr zu einem Strafverfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis führen. Hieraus resultieren oftmals empfindliche Geld-, teils sogar Freiheitsstrafen, bisweilen unter Verhängung einer isolierten Sperrfrist zum Erwerb einer Fahrerlaubnis.

Aktuell hat der EuGH nunmehr klargestellt, dass diese Grundsätze auch dann gelten, wenn keine Entziehung dem Erwerb der ausl. Fahrerlaubnis vorausgegangen ist. Im aktuellen Fall hatte die Erwerberin aus Zeitgründen eine tschechische Fahrerlaubnis erworben, ohne zuvor jemals im Besitz eines deutschen Führerscheins gewesen zu sein oder gar im Straßenverkehr aufgefallen zu sein. Das Wohnsitzprinzip sei ein so wichtiger Grundsatz europäischen Rechts, dass hiervon keinesfalls abgewichen werden dürfte (EuGH, Urt. v. 19.05.11, Az. C-184/10).

Insoweit kann als Fazit aus den Entscheidungen gezogen werden, dass ein deutscher Wohnsitz im Führerschein  nahezu in allen Fällen der Knock out für den entsprechenden Führerschein ist und das Führen von Kraftfahrzeugen unter Nutzung eines solchen Führerscheins eine Straftat nach § 21 StVG darstellt. Wer also über einen solchen Führerschein verfügt sollte sich dringend beraten lassen, ob und ggf. wie diese Problematik gemeistert werden kann.

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