Ersatzansprüche des Verkehrsunfallgeschädigten

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Wer haftet dem Geschädigten?

Von Rechtsanwalt Falk Brorsen

Das Verkehrsaufkommen ist mit inzwischen rund 45 Millionen zugelassenen PKW sehr groß und die Tendenz weiter steigend. Hierdurch häufen sich auch Verkehrsunfälle, die nicht selten mit erheblichem Sach- oder Personenschaden einhergehen. Für den Geschädigten ist es wichtig, seine Rechte für den Fall der Verwicklung in einen Verkehrsunfall zu kennen. Mit diesen Artikel soll ein grundsätzlicher Überblick über die Rechtslage verschafft werden.

Zunächst einmal haftet natürlich der Schädiger selbst, soweit er den Unfall verschuldet hat. Hat dieser den Unfall mit dem PKW eines Dritten verursacht, so haftet Letzterer als Halter neben dem Fahrer des PKW. Für die so genannte Halterhaftung kommt es auf ein Verschulden des Halters nicht an. Die Haftung begründet sich für den Halter bereits daraus, dass er ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr betreibt und von diesem Kraftfahrzeug naturgemäß erhebliche Gefahren für Sachen und Personen ausgehen. Sind Fahrer und Halter identisch, so haftet selbstverständlich der Fahrer auch verschuldensunabhängig als Halter des PKW. Diese so genannte Gefährdungshaftung ist nur ausgeschlossen, wenn der Unfall auf höherer Gewalt beruht, beispielsweise durch einen Blitzschlag verursacht wird.
Neben dem Fahrer und dem Halter haftet dem Geschädigten darüber hinaus die Haftpflichtversicherung des Gegners. Gegen diese besteht ein Direktanspruch des Geschädigten.

Was ist, wenn der Geschädigte am Unfall eine Mitschuld trägt?

Die Ersatzpflicht des Schädigers ist eingeschränkt, wenn bei Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat. Der Umfang des zu leistenden Schadenersatzes hängt davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder von dem anderen Teil verursacht worden ist.

In welchem Umfang haften mehrere Schadensverursacher?

Sofern der Schaden durch mehrere Personen verursacht worden ist, haften diese den Geschädigten gegenüber nur mit der Quote, die dem jeweiligen Verschuldensanteil hinsichtlich der Verursachung entspricht.

Eigene Kraftfahrzeugnutzung des Geschädigten

Ist der Geschädigte im Rahmen des Unfalls selbst mit dem PKW unterwegs gewesen, so muss er sich die von seinem Fahrzeug ausgehende „Betriebsgefahr“ anrechnen lassen. Hiermit meint man die Gefahr, die in jedem Fall von den Betrieb eines Kraftfahrzeugs ausgeht.

Haftungshöchstgrenzen

Ist jemand aufgrund eines Unfalles zum Schadenersatz verpflichtet, so haftet er nicht unbegrenzt. Seine Haftung bei Tötung oder Verletzung eines Menschen ist auf einen Betrag von höchstens 600.000,- € beschränkt. Sind im Falle der Sachbeschädigung mehrere Sachen beschädigt, so haftet er höchstens auf einen Betrag von 300.000 €.

Was kann der Geschädigte ersetzt verlangen?

Grundsätzlich kann der Geschädigte alle aus dem Unfall entstehenden Schäden ersetzt verlangen.

Sachschaden

Dies betrifft die zunächst die entstandenen Sachschäden. Ist - wie häufig - ein PKW beschädigt worden, sind grundsätzlich die tatsächlich entstandenen Reparaturkosten zu ersetzen. Gegenüber dem Haftpflichtversicherer werden die Kosten meistens mithilfe eines Sachverständigengutachtens ermittelt. Für den Fall, dass bei der Reparatur schon abgenutzte Teile ausgetauscht werden, die auch ohne den Unfall - lediglich zu einem späteren Zeitpunkt - hätten ausgetauscht werden müssen, ist grundsätzlich ein so genannter Abzug „neu für alt“ vorzunehmen, damit dem Geschädigten insoweit kein wirtschaftlicher Vorteil erwächst.

Betragen die Kosten für eine Reparatur mehr als 130 Prozent des Wertes des Fahrzeuges oder ist die Reparatur technisch nicht möglich, spricht man von einem so genannten Totalschaden. In diesem Fall werden lediglich die Kosten für die Anschaffung eines gleichwertigen gebrauchten Fahrzeuges ersetzt. Soweit das total beschädigte Fahrzeug einen Restwert hat, hat der Geschädigte die Wahl: Er kann das Fahrzeug an den Schädiger herausgeben oder sich den Restwert bei der Berechnung des Schadensersatzbetrages anrechnen lassen.
Eine Neuregelung gibt es hinsichtlich der in der Reparaturrechnung enthaltenen Umsatzsteuer. Diese kann nur noch ersetzt verlangt werden, wenn das Fahrzeug tatsächlich repariert worden ist.

Sachverständigengutachten

Ersatzfähig ist auch das vom Geschädigten eingeholte Sachverständigengutachten zum Beleg des Schadens. Es gilt jedoch eine so genannte Bagatellgrenze (ca. 800,- Euro Schadenshöhe). Unterhalb dieser Grenze werden die Kosten für ein Sachverständigengutachten nicht ersetzt, weil dann davon ausgegangen wird, dass auch ohne ein solches Gutachten eine sachgerechte Regulierung des eher kleinen Schadens möglich ist.
Gleichheit nicht ersatzfähig sind die Gutachtenkosten, wenn der Schädiger keine Einwendungen gegen die von Geschädigten beanspruchte Schadenshöhe vorträgt.

Mietwagenkosten

Auch die Kosten eines gleichwertigen Mietwagens sind für die Zeit der Reparatur als Schaden ersatzfähig. Soweit aufgrund eines Totalschadens ein neuer PKW angeschafft werden muss, werden die Kosten eines Mietwagens für einen Zeitraum von ca. zwei bis drei Wochen ersetzt, da davon ausgegangen wird, dass in diesem Zeitraum die Neuanschaffung durchgeführt werden kann.
Zu beachten ist, dass, sofern nur geringer Fahrbedarf von unter 20 Kilometern pro Tag besteht, ein Mietwagen vom Geschädigten nicht angemietet werden darf, sondern dieser darauf verwiesen ist, öffentliche Verkehrsmittel oder Taxis zu benutzen.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich der Geschädigte die wegen der Mietwagennutzung ersparten Aufwendungen anrechnen lassen muss, beispielsweise die nicht anfallenden Wartungskosten des eigenen PKW. Die Rechtsprechung nimmt hierfür Pauschalsätze zwischen 4 und 15 Prozent an.
Wer auf den Mietwagen verzichtet, kann unter Umständen auch Ersatz der fiktiven Mietwagenkosten verlangen.

Wertminderung

Da der Markt Unfallfahrzeugen einen geringeren Wert zumisst, kann zumindest bei neueren Fahrzeugen der so genannte „merkantile Minderwert“ ersetzt verlangt werden.

Rechtsanwaltskosten

Auch die Kosten für die Durchsetzung der Ersatzansprüche des Geschädigten durch den von ihm beauftragten Rechtsanwalt muss der Schädiger ersetzen, wenn diese angemessen sind. Letzteres ist lediglich in sehr einfach gelagerten Ausnahmefällen nicht der Fall. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Geschädigte anwaltlichen Rat benötigt. Regelmäßig ist dies sogar dann der Fall, wenn der Unfallgegner eine schnelle Regulierung verspricht.
Unabhängig von den Rechtsanwaltskosten kann auch der eigene Aufwand für Porto und Telefon ersetzt verlangt werden. Auf Grund der Schwierigkeiten des Nachweises und der Berechnung ist in der Rechtsprechung eine „allgemeine Unkostenpauschale“ anerkannt, die sich auf ca. 15 bis 30 € beläuft.

Erhöhung der Versicherungsprämien

Hat der Geschädigte zunächst die eigene Kaskoversicherung in Anspruch nehmen müssen, so ist die damit meist verbundene Höherstufung ebenfalls durch den Schädiger zu ersetzen. Dies gilt selbstverständlich nicht im Falle einer Höherstufung der eigenen Haftpflichtversicherung, deren Eintrittsverpflichtung gerade auf dem Mitverschulden des Geschädigten selbst beruht.

Kosten der Heilbehandlung

Auch die Kosten der Heilbehandlungen sind ersatzfähig. Wurden diese zunächst von der Krankenkasse oder der Krankenversicherung bezahlt, so geht der Anspruch auf letztere über.
Zu berücksichtigen ist, dass lediglich der Leistungsstandard ersetzt wird, den der Geschädigte auch auf eigene Kosten in Anspruch genommen hätte.
Nach der Heilbehandlung entstehende weitere Kosten für Pflege, berufliche Rehabilitation und Ähnliches sind ebenfalls bereits als Schadenspositionen anerkannt worden.

Schmerzensgeld

Der Geschädigte hat auch Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Höhe steht im Ermessen des Gerichtes und wird in der Praxis anhand von Schmerzensgeldtabellen ermittelt.

Verdienstausfall

Der Verdienstausfall in Höhe des üblicherweise zu erwartenden Einkommens während der unfallbedingten Erwerbsunfähigkeit kann ebenfalls ersetzt verlangt werden.

Kosten bei Tötung

Stirbt der Geschädigte an den Folgen des Unfalls, haben diejenigen, die die Beerdigungskosten zu tragen haben (in der Regel der Erbe), einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Beerdigung.
War der Getötete Dritten zum Unterhalt verpflichtet, so besteht zu Gunsten der Unterhaltsberechtigten ebenfalls ein entsprechender Ersatzanspruch.


Die Liste der ersatzfähigen Schäden ist, wie oben geschildert, lang, die genaue Ermittlung der Anspruchshöhe im Einzelfall oft nicht unkompliziert. Aus diesem Grunde stellen die Kosten der Regulierung durch einen Rechtsanwalt – wie bereits erwähnt - ebenfalls eine ersatzfähige Schadensposition dar. Die Einschaltung des Rechtsanwaltes hat nicht nur den finanziellen Vorteil, sämtliche in Betracht kommenden Forderungen zu berücksichtigen, sondern nimmt dem Geschädigten auch den umfangreichen und meist als unangenehm empfundenen Verwaltungsaufwand im Umgang mit dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung ab.


Rechtsanwalt Falk Brorsen
http://www.goettingen-recht.de