Erst Gebrauchsanweisung lesen! Gilt auch für Lasergeschwindigkeitsmessgeräte!

Mehr zum Thema: Verkehrsrecht, Lasergeschwindigkeitsmessgeräte, Verkehrskontrolle, Behörden
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1. Einleitung

Sind Sie ein Schnellfahrer? Werden Sie hin und wieder bei Verkehrskontrollen erwischt? Ärgern Sie sich auch, wenn Sie „mal wieder“ einen Starenkasten übersehen haben? Ich möchte jetzt keine Diskussion zum Sinn oder Unsinn von Verkehrsregeln allgemein oder ihrer konkreten Umsetzung im Einzelfall anstoßen. Wie so viele Regularien in einem Rechtsstaat unterliegen aber auch Geschwindigkeitsbeschränkungen sowie Ihre Messung und die justizförmige Ahndung bei Verstößen klaren Verfahrensregeln.

Dies bedeutet, dass dem Betroffenen bei jedem Verkehrsverstoß seine Schuld nachgewiesen werden muss. So ist bei einer mutmaßlichen Geschwindigkeitsüberschreitung nachzuweisen, dass der Verstoß mit einer bestimmten, korrekt nachgewiesenen Geschwindigkeit von dem identifizierbaren Fahrer (Fotonachweis) begangen wurde. In diesem Zusammenhang gilt dann die rechtsstaatliche, grundrechtlich und grundgesetzlich geschützte Unschuldsvermutung:

Bis zu einem entgegenstehen Schuldnachweis, den auf den Einspruch des Betroffenen hin ein Gericht zu erbringen hat, gilt der "Täter" auch bei Geschwindigkeitsübertretungen (wie im Strafrecht) als unschuldig.

Es ist nun so, dass zugrunde liegende Beweismittel oft fehlerhaft sind. Die Behörden teilen dies naturgemäß aus Unkenntnis heraus nicht mit, so dass Autofahrer aufgrund falscher oder unverwertbarer und daher illegitimer Beweismittel belangt werden sollen. Ein wichtiger Bereich ist hier auch die fehlerfrei durchzuführende technische Messung einer Geschwindigkeitsüberschreitung. Daher ergehen in diesem Bereich ein Fülle von Gerichtsentscheidungen.

Dies ist auch der Ansatzpunkt der nachfolgenden amtsgerichtlichen Entscheidung

2. Der besondere Fall

Dem Amtsgericht Rathenow (Beschluss vom 02.04.2008, 9 Owi 451 Js-OWI 6383/08) lag der Fall zugrunde, dass die Messbeamten offenbar versäumt hatten, dass Messverfahren so durchzuführen, wie die Bedienungsanleitung des Lasermessgerätes es vorgesehen hatte. Laut Messung mit dem Lasermessgerät Riegl LR90-235/P sollte der Betroffene aufgrund der erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung neben 2 Monaten Fahrverbot mit einer empfindlichen Geldbuße von 320 € bestraft werden.

Im Ergebnis war die Messung aber unwirksam und der Betroffene freizusprechen.

Zwar handele es sich bei der vorgenommenen Messung um ein standardisiertes Messverfahren, bei dem die Messung obergerichtlich als ordnungsgemäß angenommen werde. Dies gelte jedoch nur dann, so das Amtsgericht, wenn das Gerät vom Bedienpersonal standardmäßig verwandt werde. Dazu müsse das Gerät in einem geeichten Zustand, seiner Zulassung entsprechend und gemäß der vom Hersteller mitgegebenen Gebrauchsanweisung, verwandt werden. Dies gelte aber nicht nur für die eigentliche Messung, sondern auch für Gerätetests vor der Messung. Nur wenn durch diese Tests mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden könne, dass das Gerät einwandfrei arbeite, sei eine Messung im Ergebnis zu Lasten des Betroffenen verwertbar.

Im vorliegenden Fall wurden Gerätetests nicht streng nach der Gebrauchsanweisung durchgeführt. Zudem war auch im Eichschein der Hinweis enthalten, dass das Gerät fehlerfrei dann arbeite, wenn es nach der Gebrauchsanweisung gehandhabt werde. Anstatt der in der Gebrauchsanleitung vorgeschriebenen Tests, wonach unter anderem in einer Entfernung von ca. 300 m eine reflektierende Anzeigetafel angepeilt werden sollte, wurde auf diese Entfernung ein Leitpfosten angepeilt, der auf laut Bedienungsanleitung nur bei einer maximalen Entfernung von 150 – 200 m hätte angepeilt werden dürfen. Damit wurde die Herstellervorgabe komplett missachtet.

Das Gericht hielt treffend fest, dass bei einem „Verfahren, das belastende Folgen für den Betroffenen hat (…) und das auf einen festgelegten technischen Vorgang zurückgeht, an die Behörde die Forderung zu stellen ist, ihrerseits die Vorgaben des Herstellers für die Messung einzuhalten“.

3. Fazit

Wie Sie sehen, sollte dem Vorgehen der Behörden also im Zweifel nicht getraut werden. Aber was tun im Fall eines Falles? Auf keinen Fall sollten Sie auf einen Anhörungsbogen hin etwas zur Sache vermerken. Sie müssen ferner keineswegs bei der Polizei erscheinen. Auch wenn die Polizei vor der Tür steht, sind Sie keineswegs zur Kooperation oder zu irgendwelchen Aussagen oder Stellungnahmen verpflichtet. Wegen des verfassungsrechtlich verbürgten Selbstbelastungsverbotes müssen Sie sich überhaupt nicht einlassen. Auch Ihre Verwandten oder Ehepartner haben ebenfalls weitreichende Zeugnisverweigerungsrechte!

Was also tun? Erst einmal Akteneinsicht nehmen (lassen) und ruhig Blut bewahren! Denn ohne Akteneinsicht (diese wird dem Betroffenen ohne Anwalt nicht gewährt) ist eine Verteidigung nicht möglich. Ein verkehrsrechtlich orientierter Anwalt kennt sich mit Messverfahren und auch deren Durchführung und Angreifbarkeit aus. Überlassen Sie also dem Fachmann, die Lage zu sondieren. Wenn ein Verstoß vorschnell trotz fehlender anderer Beweise eingeräumt wurde, ist eine Verteidigung so gut wie unmöglich – und sei die Messung noch so fehlerhaft!

Von daher sollten Sie, insbesondere wenn Sie rechtsschutzversichert sind, getrost einen im Verkehrsrecht versierten Kollegen aufsuchen und den Fall prüfen lassen. Gerne stehe ich Ihnen für die weiterführende Beratung und Vertretung zur Verfügung. Ich bin schwerpunktmäßig mit dem Verkehrsrecht und unter anderem mit der Verteidigung bei Geschwindigkeitsverstößen befasst. Lesen Sie auch, für weiterführende Infos, meine anderen Ratgeber auf dieser Internet-Präsenz. Wenn Sie betroffen sind, senden Sie mir eine Email oder rufen Sie mich unverbindlich an. Denn: Vertrauen ist gut, Anwalt ist besser!


Hans-Christoph Hellmann
Rechtsanwalt

RA Hellmann ist u. A. Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Verkehrsrecht und Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein. Darüber hinaus hat er den Fachanwaltslehrgang Versicherungsrecht erfolgreich absolviert.

www.anwaltskanzlei-hellmann.de mail@anwaltskanzlei-hellmann.de
Tel: 05139 / 970 333 4