Fahrerflucht: nachträgliche Feststellungen ermöglichen

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Vielleicht können Sie sich selbst helfen. Besser wäre, schnell einen Rechtsanwalt zu befragen.

Ich habe in einem Fachbuch zum Verkehrsrecht (Das verkehrsrechtliche Mandat 1: Verteidigung in Verkehrsstraf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren) gelesen, dass der Betroffene die größten Chancen, einer Straf zu entgehen, bei Unfällen hat, bei denen er sich noch rechtzeitig nachträglich melden kann. Der Autor stellt fest, dass solche Fälle von der Verteidigung häufig nicht erkannt oder taktisch falsch angepackt werden.

Diese Fälle kommen in der (meiner) rechtsanwaltlichen Tätigkeit kaum vor, sodass ich gar nicht die Möglichkeit habe, den Mandanten richtig oder falsch zu beraten. Die meisten Mandanten kommen in meine Kanzlei, wenn sie von den gegen sie gerichteten Ermittlung Kenntnis erlangt haben. Dann ist es in der Regel zu spät, um sich noch nachträglich zu melden und sicher einer Bestrafung zu entgehen.

Worum geht es? In § 142 StGB ist die Unfallflucht (= unerlaubtes Entfernen vom Unfallort = Fahrerflucht) geregelt. Im ersten Absatz wird definiert, wer eine Unfallflucht begeht: Eine Unfallflucht begeht ein Unfallbeteiligter, der sich vom Unfallort entfernt, bevor er

- bestimmte Feststellungen ermöglicht hat oder

- eine angemessene Zeit gewartet hat.

Wer eine angemessene Zeit gewartet hat, darf sich zwar entfernen, muss die bestimmten Feststellungen aber unverzüglich nachträglich ermöglichen.

Wer sich nach einer angemessenen Wartezeit vom Unfallort entfernt und die Feststellungen unverzüglich nachträglich ermöglicht, begeht keine Unfallflucht. Es gibt also ein kleines Zeitfenster, in dem der Betroffene die Möglichkeit hat, die drohende Unfallflucht durch eine nachträgliche Meldung zu vermeiden.

Wie kann das aussehen?

A will seinen Wagen vor der Wohnung seiner Freundin abstellen. Beim Einparken stößt er gegen eines der Fahrzeuge und verursacht einen größeren Schaden. A fährt davon. Er hat keinen Zeugen gesehen. In seiner Wohnung denkt er darüber nach, ob er sich strafbar gemacht hat. Ihm ist auch klar, dass der Nachbar seiner Freundin früher oder später auf ihn als Unfallverursacher kommen wird. A meldet sich gleich am nächsten Morgen bei der Polizei und gibt dort an, dass er in der Nacht einen Unfall hatte und sich nach Ablauf der Wartefrist entfernt habe. Jetzt möchte er den Unfall melden und alle notwendigen Feststellungen ermöglichen. A hat damit eine Bestrafung wegen Unfallflucht vermieden.

Was muss ein Betroffener wissen?

Er sollte wissen, wie lang die Wartezeit nach einem Unfall ist. Die angemessene Wartezeit bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Bei reinen Sachschäden beträgt sie bis zu 45 Minuten. Bei schwereren Personenschäden beträgt die Wartezeit mindestens eine Stunde.

Er sollte auch wissen, wann die nachträgliche Meldung noch unverzüglich ist. Der Betroffene muss sich ohne schuldhaftes Zögern melden. Bei Unfällen am Tage bis z.B. 19:00 Uhr ist die Meldung am selben Abend notwendig. Bei nächtlichen Unfällen mit Sachschaden genügt die Meldung am nächsten Morgen bis 9:30 Uhr. Bei anderen Konstellationen kann sich diese Frist bis 11:15 Uhr oder bei Unfällen an Sonn- und Feiertagen auch bis zum nächsten Werktag verlängern.

Der Betroffene sollte sich beim Geschädigten melden, wenn er die oben erklärten Angaben machen kann. Das könnte auch ein Rechtsanwalt übernehmen. Falls jedoch die Angaben zur Wartezeit nachweislich nicht stimmen (z.B. ein Zeuge gibt andere Zeiten an) oder falls die Unverzüglichkeitsfrist abgelaufen ist, ist die nachträgliche Meldung nicht zu empfehlen.

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