Geblitzt - was können Betroffene tun?

Mehr zum Thema: Verkehrsrecht, Anhörungsbogen, Schweigerecht, Verkehr
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Sie wurden geblitzt, weil Sie zu schnell gefahren sind oder einen Rotlichtverstoß begangen haben?

Erster Rat: Sagen Sie nichts – machen Sie zu der Sache selber keine Angaben!

Stefanie Helzel
Partner
seit 2007
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Verkehrsrecht
Elbinger Str. 11
90491 Nürnberg
Tel: 0911/95699944
Web: http://www.verkehrsrecht-nuernberg.eu
E-Mail:
Verwaltungsrecht, Ordnungswidrigkeiten, Strafrecht, Reiserecht

Ihnen wird ein Anhörungsbogen zugeschickt, in dem Sie sich zu dem Vorwurf äußern sollen. Alles was Sie in dem Anhörungsbogen ausfüllen müssen sind die Pflichtangaben, also die Angaben zu Ihrer Person, Wohnort, Geburtsdatum und –ort, ggf. Familienstand und Beruf.

Alle weiteren Angaben zur Sache müssen Sie nicht tätigen, und Sie sollten auch unbedingt von diesem Schweigerecht Gebrauch machen. Sie sind nicht dazu verpflichtet, Angaben zu dem Verstoß zu machen oder sich in irgendeiner Weise zu dem Vorwurf zu äußern.

Warum sollte von dem Schweigerecht Gebrauch gemacht werden?

In der Regel liegt der Verstoß, der Ihnen vorgeworfen wird, schon eine Weile zurück und Sie können sich vielleicht selbst nicht mehr daran erinnern oder haben diesen nicht begangen, da beispielsweise ein Familienmitglied mit Ihrem Fahrzeug gefahren ist. Jede Angabe die Sie zur Sache machen, kann Ihnen später nachteilig angelastet werden oder auch die Möglichkeit einer Verteidigung erheblich einschränken. Wenn Sie sich zu der Sache nicht äußern, darf Ihnen dies keineswegs negativ ausgelegt werden. Ihr Schweigen hat den erheblichen Vorteil eine Verteidigung in einem späteren Bußgeldverfahren wesentlich zu vereinfachen.

Denn der gemachte Vorwurf muss Ihnen nachgewiesen werden!

Naturgemäß fällt dies der Behörde wesentlich schwerer, wenn Sie zu der Sache keine Angaben machen. Das gilt vor allem dann, wenn die Bußgeldbehörde keine verwertbaren Beweismittel in der Hand hat.

Was kommt dann?

Senden Sie den Anhörungsbogen ohne weitere Angaben zur Sache zu der Bußgeldstelle zurück, wird Ihnen in der Regel nach einiger Zeit ein Bußgeldbescheid zugestellt werden. Spätestens jetzt ist es Zeit, einen Anwalt mit ins Boot zu nehmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Ihnen eine erhebliche Geldbuße, ein Punkteeintrag im Verkehrszentralregister oder sogar ein Fahrverbot droht. Ab einer Geldbuße von 40 € müssen Sie mit einem Eintrag von einem bis vier Punkte in Flensburg rechnen. Beachten Sie, dass die Einspruchsfrist gegen den Bescheid zwei Wochen beträgt. Bewahren Sie den gelben Umschlag auf und bringen ihn mit zu Ihrem Anwalt. Auf dem Umschlag ist das Zustellungsdatum vermerkt, welches für den Fristlauf maßgeblich ist.

Was kann der Anwalt für mich tun?

Gegen den Bußgeldbescheid besteht die Möglichkeit innerhalb von einer Frist von zwei Wochen Einspruch einzulegen. Gleichzeitig wird der Anwalt Akteneinsicht beantragen, um den Vorwurf zu prüfen. Sie selbst erhalten keine Akteneinsicht von der Behörde. Da aber allein die Kenntnis des Akteninhalts eine Verteidigung auf „gleicher Augenhöhe“ ermöglicht, ist diese zwingend notwendig, bevor zu der Sache selbst überhaupt Stellung genommen wird.

Bestehen denn überhaupt Chancen?

Welche Chancen der Verteidigung gegen den Vorwurf bestehen, lässt sich allein anhand des Akteninhalts beurteilen. Diesbezüglich gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Wie bereits erwähnt, muss Ihnen nachgewiesen werden, dass auch tatsächlich Sie diesen Verkehrsverstoß begangen haben. Wurden Sie beispielsweise bei einer Geschwindigkeitsmessung geblitzt, sind jedoch auf dem Foto kaum zu erkennen, reicht allein Ihr Fahrzeugkennzeichen nicht aus, um Sie wegen dieses Verstoßes zu belangen. Hier zeigt sich wieder, warum Sie sich zu der Sache nicht äußern sollten. Geben Sie schon im Anhörungsbogen den Verstoß zu, schränken Sie Ihre Chancen auf eine erfolgreiche Verteidigung erheblich ein. Gelingt es der zuständigen Behörde aber nicht, den tatsächlichen Fahrer zu ermitteln, wird diese das Verfahren in der Regel einstellen.

Aber auch wenn Sie auf dem Foto klar und deutlich als Fahrer zu identifizieren sind oder den Anhörungsbogen mit Angaben zur Sache zurück geschickt haben, gibt es weitere Möglichkeiten, die zu einer Verfahrenseinstellung führen können. Denkbar ist, dass Verfolgungsverjährung eingetreten ist und Sie für den Verstoß nicht mehr belangt werden können. Eventuell wurden bei der Rotlicht- oder Geschwindigkeitsmessung Fehler begangen und das Messergebnis ist nicht verwertbar. Es kommt in Betracht, dass die Polizei z.B. die Anlage nicht ordnungsgemäß aufgestellt hat oder die Eichfrist des Gerätes überschritten war, das Messprotokoll fehlerhaft ist, etc.

Gerade wenn Ihnen ein Fahrverbot droht, sollten Sie unbedingt anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Selbst wenn nachgewiesen wird, dass Sie den Verstoß begangen haben, besteht immer noch die Aussicht durch eine geschickte Verteidigung ein drohendes Fahrverbot abzuwenden.

Übernimmt meine Verkehrsrechtsschutzversicherung die Kosten?

Ihre Rechtsschutzversicherung übernimmt grundsätzlich die Kosten, die im Zusammenhang mit einem Bußgeldverfahren anfallen. Dazu zählen die Gerichtskosten, Anwaltskosten und soweit erforderlich auch Kosten für einen Sachverständigen. Wir klären zuvor für Sie ab, was Ihre Rechtsschutzversicherung übernimmt, damit Sie keinerlei Kosten zu tragen haben.

Sie sind im Übrigen nicht dazu verpflichtet, einen Anwalt zu beauftragen, den Ihre Rechtsschutzversicherung empfiehlt. Den Anwalt können Sie selbst wählen und auch dessen Kosten sind von Ihrer Rechtsschutz zu übernehmen.

Sofern Sie keine Rechtsschutzversicherung haben, informieren wir Sie gerne darüber, mit welchen Kosten Sie in Ihrem Fall zu rechnen haben.

Leserkommentare
von loeckchen am 29.01.2009 18:21:06# 1
Es ist schon erschreckend, mit welch dubiosen Ratschlägen Klientel in die Anwaltskanzlei gelockt werden soll. Mittlerweile ist die Beweisführung durch Fotobeweis perfektioniert und die Verjährungsfrist wird selbst in den schläfrigsten Bußgeldbehörden eingehalten, dank der mittlerweile perfektionierten Datenverarbeitung. Also mein Ratschlag bei einem eindeutigen Fotobeweis: Zur Ärger- und Kostenvermeidung den Dingen seinen Lauf lassen.
    
von Rechtsanwältin Stefanie Helzel am 30.01.2009 11:09:35# 2
Die Mandanten, deren Verfahren aufgrund der "dubiosen" Ratschläge eingestellt wurden, sehen das etwas anders.
    
von guest-12320.01.2018 13:38:07 am 20.07.2015 15:32:07# 3
loeckchen ist wohl auch der Propaganda verfallen, blitzen diene der Sicherheit? Das mag zwar in manchen Fällen so stimmen, allerdings gibt es andere Methoden, um für Sicherheit im Straßenverkehr zu sorgen ...
Will man mal hoffen, dass loeckchen nicht anderweidig mal mit dem Gesetz im Konflickt kommen. Sie würde keinen Anwalt/in nehmen und ggf. ins Gefängnis gehen. Mit Anwalt wäre das evtl. nicht passiert.