Geschwindigkeitsmessung kurz vor dem Ende einer Geschwindigkeitsbegrenzung

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Verstoß gegen eine baden-württembergische Verwaltungsvorschrift?

Gegen den Betroffenen wurde wegen Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße in Höhe von € 100,00 festgesetzt. Er fuhr statt erlaubter 50 km/h innerorts mit 78 km/h in Richtung Ortsausgang.

Gemessen wurde etwa 90 Meter vor dem Ortsausgangsschild. Der Betroffene machte in seiner Rechtsbeschwerde gegen die Geldbuße geltend, dass das Amtsgericht die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums für die Sicherheitsarbeit der Polizei (VwV-VkSA) vom 19. Dezember 2006 (GABl 2007, 3; vgl. auch Sobisch DAR 2010, 48) nicht beachtet hat.

Der streitgegenständliche Abschnitt 4 dieser Vorschrift lautet wie folgt:

„Geschwindigkeitsmessungen sollen grundsätzlich in einem Abstand von 150 m zu den jeweiligen beschränkenden Verkehrszeichen stattfinden. Davon kann bei gefährlichen Stellen (Unfallstellen, Gefahrenstellen) sowie im unmittelbaren Umfeld von Schulen, Kindergärten oder Baustellen abgewichen werden.“

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wurde jedoch nicht zugelassen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.07.2011, 4 Ss 261/11). Das Gericht begründete dies damit, dass die Vorschrift den Abstand der Messstelle zu einem Verkehrszeichen regelt, das den Beginn einer Geschwindigkeitsbeschränkung anzeigt (bspw. das Ortseingangsschild). Da vor einem solchen Verkehrszeichen keine Geschwindigkeitsbegrenzung herrscht (ausserorts gilt zwar die Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h, diese wird aber nicht durch ein Verkehrszeichen bestimmt), bezieht sich der Abstand von 150 Metern auf den Bereich nach dem Verkehrszeichen. Die Vorschrift gilt auch nicht bei einem Verkehrszeichen, das eine Geschwindigkeitsbeschränkung aufhebt (etwa das durchgestrichene Ortsschild am Ortsende).

Rein objektiv liegt jedoch ein Verstoß gegen die besagte Vorschrift vor, denn das Ortseingangs- und das Ortsausgangsschild sind üblicherweise verbunden. Damit wäre das Messgerät 90 Meter vor dem Ortsschild unzulässig, weil es weniger als 150 Meter vor dem Ortseingangsschild aufgestellt wurde. Das Gericht stellt jedoch auf die Fahrtrichtung des Betroffenen ab, der ja gerade Richtung Ortsausgang unterwegs war. Aus seiner Sicht gab es daher kein beschränkendes Verkehrszeichen. Das Ortseingangsschild, das die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h bestimmt, bleibt hierbei außer Betracht, weil es nur für den Verkehr in Fahrtrichtung Ortseingang gilt. Das Messgerät wurde somit richtig aufgestellt.

Vorsicht also, wer am Ende eines Ortes beschleunigt, das Ortsende aber noch nicht erreicht hat. Hier darf geblitzt werden, was insbesondere dann teuer wird, wenn keine Häuser mehr zu sehen sind aber das Ortsausgangsschild noch nicht passiert wurde. Andersherum bleibt es aber dabei: Hier sind die 150 Meter einzuhalten. Aber auch hier ist Vorsicht geboten, da an gefährlichen Stellen diese Beschränkung nicht gilt. Und die Bestimmung einer gefährlichen Stelle liegt im Ermessen der ausführenden Behörde.