Joint geraucht und später Auto gefahren - Zu Recht „bestraft"?

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(OLG Celle, Beschluss vom 12.01.2009, Az. 311 SsBs 136/08)

1.Ausgangsproblem

Wer mit Drogen im Straßenverkehr erwischt wird, handelt ordnungswidrig und wird daher zur Rechenschaft gezogen. Nach § 24a Absatz 2 StVG handelt nämlich ordnungswidrig, wer unter der Wirkung eines (…) berauschenden Mittels (z. B. Cannabis….) im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt (…).

Wegen dieser „Null-Toleranz-Regelung" genügen bereits Kleinstmengen (ab 1 Nanogramm Marihuana-Wirkstoff im Blut). Und das kann teuer werden!

Das Regelbußgeld liegt ab dem 01.02.2009, da tritt der neue Bußgeldkatalog in Kraft, 500,00 € und vier „Flensburgpunkte". Außerdem wird ein Fahrverbot von 1-3 Monaten verhängt. Bei Mehrfachtätern gibt es zusätzliche Erhöhungen.

Bei der Verteidigung derartiger Taten ist eine Menge zu beachten. Ein Aspekt aber, der hier besprochen werden soll, ist die Schuld des Betroffenen.

Dabei muss wenigstens, um zu einer Verurteilung zu gelangen, fahrlässiges Handeln beim Betroffenen gegeben sein. Spannend ist aber die Frage, ob diese auch dann vorliegt, wenn zwischen dem Konsum und der Autofahrt unwiderleglich eine erhebliche Zeitspanne gegeben ist. Darum dreht sich die nachfolgend besprochene Entscheidung, die ich erfochten habe.

2.Der Fall

Ich vertrete einen Betroffenen, der in der ersten Instanz verurteilt worden ist, fahrlässig ein Kraftfahrzeug unter Wirkung von Cannabis geführt zu haben. Er habe bei seiner Autofahrt noch eine Wirkstoffkonzentration von 1,4 ng/ml (Anmerkung: knapp über dem relevanten Grenzwert) Cannabis im Blut gehabt. Dabei war das Amtsgericht davon ausgegangen, dass er 48 Stunden vor der Fahrt einen Joint geraucht habe. Ferner meinte das Gericht, der Betroffene habe dies bei der ihm zumutbaren und erforderlichen Sorgfalt erkennen können. Dieser Zeitraum sei zu kurz, so die Argumentation des Gerichts, dass der Betroffene mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgehen konnte, dass der Betäubungsmittelwirkstoff weit genug abgebaut gewesen sei.

Dies genügte jedoch dem OLG Celle bei der Entscheidung über die von mir eingelegte Rechtsbeschwerde nicht und es hob das Urteil weitgehend auf, verwies es ferner zurück an die erste Instanz. Der betreffende Senat nahm damit erstmals zu der aufgeworfenen Fallproblematik (und auch zugunsten des Betroffenen) Stellung.

Angesichts der niedrigen THC-Konzentration und der Annahme des Konsums 48 Stunden vor der Tat hätte das Amtsgericht nämlich aufklären müssen, aufgrund welcher Umstände sich der Betroffene hätte bewusst machen können, dass der Drogenkonsum noch Wirkung zeige. Denn, so das Gericht, ein fahrlässiges Verhalten setze eben dieses Bewusstsein voraus. Vorwerfbar sei nämlich nicht alleine der Konsumvorgang sondern auch die erkennbare Wirkung der Droge.

Daran könne es aber fehlen, wenn zwischen dem Konsum und der Fahrt längere Zeit vergangen sei. Da hierzu jedwede Feststellungen fehlten, die ggf. auch ein Sachverständigengutachten erfordern, wurde das Urteil aufgehoben und zurückverwiesen.

3.Fazit

Der vorliegende, nach wie vor spannende Fall wird erneut verhandelt werden. Die Aussichten möchte ich an dieser Stelle aus Respekt vor dem dann erkennenden Gericht nicht weiter vertiefen. In jedem Fall werden die Karten nun neu gemischt. Gut ist in jedem Fall, dass die Rechtsauffassung des Betroffenen, anders als noch in der ersten Verhandlung, nach dem vorliegenden Beschluss endlich Gehör erhält. Dies stimmt mich in Anbetracht der konkreten Fallgestaltung mehr als zuversichtlich. Im Übrigen hat inzwischen ein anderer Senat aus Celle mit aktuell veröffentlichten Beschluss vom 09.12.2008 die relevante „lange Zeitspanne" für die Fahrlässigkeit mit sogar nur 23h angenommen.

Wie Sie sehen, kann es sich durchaus lohnen, gerichtliche Schritte einzuleiten und am Ball zu bleiben! Natürlich reicht dabei nicht eine bloße Behauptung früheren Konsums aus, aber hier ist taktisch der Einstieg in den Fall zu sehen, der dann natürlich nach den Regeln der anwaltlichen Kunst verteidigt werden muss. Hierfür ist anwaltliche Hilfe unverzichtbar! Überlassen Sie es verkehrsrechtlich versierten Kollegen, Ihren Fall zu prüfen, machen Sie aber vorher unbedingt von Ihrem Schweigerecht Gebrauch! Denn Vertrauen ist gut, Anwalt ist besser!

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