Personenschaden nach Verkehrsunfall: Wer übernimmt meinen Haushalt?

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Betroffenen werden hohe Maßstäbe an die Darlegungslast beim Haushaltsführungsschaden abverlangt

Nach einem Verkehrsunfall mit Personenschaden haben die Geschädigten oft noch über einen längeren Zeitraum mit den Folgen zu kämpfen. Verletzungen verheilen nicht „planmäßig" oder nicht schnell genug und verhindern somit einen normalen Alltagsablauf. Insbesondere die Haushaltsführung stellt in diesem Zusammenhang ein großes Problem dar. Doch welche Ansprüche bestehen in einem solchen Fall?

1. Was ist ein Haushaltsführungsschaden?

Nach fast jedem Personenschaden, insbesondere häufig nach Verkehrsunfällen, entsteht ein so genannter Haushaltsführungsschaden. Gemeint ist damit der Schaden, der entsteht, wenn eine Person verletzungs- bzw. unfallbedingt nicht oder nicht mehr in der Lage ist, den Haushalt zu führen. Dabei kann sowohl ein Schaden im Bereich des Familienunterhalts (Erwerbsschaden) als auch ein Schaden im Bereich des Eigenbedarfs im Haushalt (vermehrte Bedürfnisse) entstehen.

Ein Haushaltsführungsschaden entsteht somit immer dann, wenn die verletzte Person vor dem schädigenden Ereignis den Haushalt alleine oder zumindest teilweise alleine geführt hat und dies aufgrund des schädigenden Ereignisses nunmehr (zeitweise) nicht möglich ist.

Gleichwohl ist dieser Schaden auch derjenige, der am Häufigsten übersehen und nicht geltend gemacht wird.

Der Haushaltsführungsschaden fällt unabhängig davon an, ob der Verletzte eine Haushaltshilfe eingestellt hat oder ob Familie und/oder Freunde diese Tätigkeiten übernehmen. Wurde eine Haushaltshilfe eingestellt, so sind die tatsächlichen Kosten zu ersetzen. Wird der Haushalt hingegen von Familie und/oder Freunden ausgeführt, so wird der Haushaltsführungsschaden „fiktiv" berechnet.

Die Rechtsprechung legt hohe Maßstäbe an die Darlegungslast beim Haushaltsführungsschaden an. Dabei sind vor allem zwei Fragen von größter Bedeutung:

Welche Arbeitsleistung hat der Verletzte im Haushalt vor dem Unfall tatsächlich erbracht?

In welchem Umfang ist er bei diesen Tätigkeiten durch die Verletzung gehindert?

Der Umfang der zugrunde zu legenden Arbeiten ist gem. § 287 ZPO zu schätzen.

Zu den haushaltsspezifischen Tätigkeiten gehören beispielsweise Aufgaben wie das Putzen, das Waschen der Kleidung, das Bügeln, die Nahrungszubereitung, der Einkauf, die Gartenarbeit, das Staubsaugen und die Organisation des Haushalts.

Zur Berechnung des Haushaltsführungsschadens stehen verschiedene Hilfsmittel, wie z. B. einschlägige Tabellenwerke von Schulz-Borck/Hofmann, zur Verfügung. Wenn keine Haushaltshilfe eingestellt wird, entsteht zunächst auch kein Schaden. Gleichwohl wird nach dem Prinzip des „normativen Schadensbegriffs" eine fiktive Entschädigung zuerkannt. Erstattungsfähig ist sodann der Nettolohn einer fiktiven Haushaltskraft.

Die Grundlage der Berechnung ist also der Vergleich mit den für eine Haushaltshilfe erforderlichen Kosten. Entscheidend ist also zum einen der Beeinträchtigungsfaktor (zeitlicher Arbeitsaufwand) und zum anderen der Stundenlohn einer fiktiven Haushaltshilfe (Nettolohn).

Diese Berechnung muss im Einzelfall individuell auf die verletzungsbedingten Bedürfnisse abgestimmt werden.

2. Wer kann einen Haushaltsführungsschaden geltend machen?

Anspruchssteller kann grundsätzlich nur der Verletzte selbst sein. Dies ergibt sich aus § 843 I BGB.

Dabei wird der Haushaltsführungsschaden in unterschiedliche Arten unterteilt. Handelt es sich bei der verletzten Person um eine verheiratete Person, so muss diese grundsätzlich gemäß § 1356 BGB einen Beitrag zum Familienunterhalt leisten. Dieser kann auch in der Haushaltsführung bestehen. Wird durch die Verletzung die Erbringung dieses Beitrages, nämlich der Haushaltsführung, ganz oder teilweise beeinträchtigt, so führt dies wiederum zur Beeinträchtigung des Erwerbs und somit zu einem Erwerbsschaden. Dies gilt nicht nur für Ehegatten gemäß §§ 1356, 1360 BGB, sondern gleichermaßen für lebenspartnerschaftliche Verbindungen gemäß § 11 LPartG.

Tritt der unglückliche Fall ein, dass der Verletzte nach dem schädigenden Ereignis verstirbt, so können die zum Zeitpunkt dieses Ereignisses Hinterbliebenen einen Anspruch auf Ersatz des damit gleichzeitig weggefallenen Beitrags zur Haushaltsführung geltend machen. Anspruchsberechtigt können in diesem Falle der Ehegatte, Kinder und in gerader Linie Verwandte sein.

Bei sonstigen, z.B. alleinstehenden Personen, tritt hingegen kein Wegfall einer Unterhaltsleistung ein. In solchen Fällen spricht man von angefallenen „vermehrten Bedürfnissen".

Häufig fällt der Haushaltsführungsschaden höher aus als das Schmerzensgeld, zum Beispiel bei lang andauernden Beeinträchtigungen oder bei bleibenden Schäden.

Da der Haushaltsführungsschaden und seine Berechnung als eine sehr komplexe Thematik einzustufen sind, ist es ratsam, eine/n Rechtsanwältin/-anwalt zu konsultieren.

Gerne stehen wir Ihnen bei Rückfragen zur Verfügung und helfen Ihnen, Ihre Ansprüche durchzusetzen.

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