Radfahrer im Straßenverkehr: Geliebt, gehasst, gefährdet

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Radweg, Fußweg, Ampeln, Zebrastreifen, Alkohol... Was dürfen Radfahrer - und was nicht?

Der Graben zwischen Autofahrern und Radfahrern ist tief, so scheint es. Beide Gruppen werfen sich gerne gegenseitig Rücksichtslosigkeit vor. Der sich selbst erfüllenden Prophezeiung folgend werden die Vorurteile auf beiden Seiten durch brisante Situationen bekräftigt, die dann verallgemeinert werden. Häufiges Problem beim Konflikt zwischen Zweiradfahrern und Autofahrern ist jedoch Unwissenheit. Und zwar auf beiden Seiten. 

Radfahrer machen doch eh, was sie wollen!

Fällt dieser Satz während eines Gesprächs zwischen zwei Autofahrern, ist eigentlich alles gesagt. In trauter Einigkeit wird dann festgestellt, dass Radfahrer ständig bei rot die Ampel überfahren, sich nicht an die Regel der Einbahnstraßen halten und einfach mal nebeneinander herfahren und die halbe Fahrbahn blockieren.

Die beiden gedachten Radfahrer, die sich ebenfalls unterhalten, kommen zu ganz anderen Schlüssen. Für sie sind die Autofahrer Verkehrsteilnehmer, die ihre Macht missbrauchen. Beim Abbiegen wird keine Rücksicht genommen, Radfahrer werden geschnitten und abgedrängt, weil sie den „Blechmonstern“ einfach weniger entgegenzusetzen haben. Die Wahrheit liegt – wie so oft – in der Mitte. Trotzdem gelten die Verkehrsregeln für Rad- und Autofahrer. Eine Selbstverständlichkeit? Jein.

Die Sache mit dem Radweg

Besonders Radfahrer, die auf Rennrädern unterwegs sind, halten nicht viel von Radwegen. Durchaus zu Recht, denn oft sind die Straßenbelege einfach besser als Radwege. Die sind häufig lange Zeit nicht gepflegt worden, Unkraut bahnt sich seinen Weg in die Freiheit, plötzlich hört der Radweg auf oder es stehen Passanten darauf, so dass die Fahrt behindert wird. Das ist ärgerlich, und jeder Autofahrer könnte dafür Verständnis ausbringen. Viele denken jedoch stattdessen: nicht mein Problem. 

Tatsächlich sind Radfahrer verpflichtet, den Radweg zu benutzen. Allerdings nur, wenn das entsprechende Verkehrsschild dies vorschreibt. Das zeigt ein weißes Fahrrad auf blauem Untergrund. Fehlt dieses Schild, dürfen Radfahrer auf die Straße ausweichen. 

Ebenfalls regelmäßig zu Missverständnissen führt die Frage, ob Radfahrer grundsätzlich rechts fahren müssen. Müssen sie! Es sei denn, ein entsprechendes Schild zeigt mittels zweier Pfeile an, dass sowohl links als auch rechts gefahren werden darf. Diese Regelung ist übrigens durchaus ernst zu nehmen, denn wer gegen sie verstößt, muss mit einem Bußgeld von 15 Euro rechnen.

Tabu ist für Radfahrer der Fußgängerweg. Zuwiderhandlungen werden mit einem Bußgeld von 10 Euro geahndet. Auch hier gibt es aber eine Ausnahme: Kinder. Die dürfen bis zum 10. Lebensjahr auf dem Fußweg fahren, Kinder bis acht Jahre müssen sogar den Fußweg benutzen. Eine sinnvolles Lösung, schließlich geht es um den Schutz der Kinder. 

Fehlt noch der Ärger an Bushaltestellen, die an Radwegen liegen. Gut möglich, dass vor dem geistigen Auge einiger Leser jetzt ein Radfahrer in hohem Tempo auftaucht, der ohne abzubremsen auf die Bushaltestelle zufährt, klingelt und so etwas ruft wie „Platz da!“ oder ähnliches. Das kommt vor, und Radfahrer, die sich so verhalten, sind im Unrecht. Denn tatsächlich haben die Busgäste hier Vorrang, Fahrradfahrer müssen sich Bushaltestellen langsam nähern und auf ein- und aussteigende Gäste achten. Ist die Situation schwer zu überblicken, muss angehalten werden.

Ampeln und Zebrastreifen

Kaum ein Autofahrer kommt auf die Idee, bei rot die Ampel zu passieren (auch wenn man nachts in ruhigen Gebieten schon mal das Gegenteil beobachten könnte). Radfahrer dagegen scheinen ständig an der roten Ampel vorbeizurollen, weil ihnen die Rotphase zu lange dauert. Doch das ist selbstverständlich verboten. Genauso wie das kurzfristige Ausweichen auf den Fußgängerweg, der – wie wir ja wissen – sowieso nicht für Fahrradfahrer gedacht ist. Wer sich nicht an das Verbot hält und eine Ampel überfährt, die bis zu einer Sekunde rot war, muss 45 Euro Bußgeld zahlen. Darüber hinaus werden sogar 125 Euro fällig. 

Nicht ohne sind Zebrastreifen. Wenn ein Radfahrer beim Überqueren angefahren und verletzt wird, kann es juristisch ziemlich ernst werden. Denn Zebrastreifen sind ausdrücklich für Fußgänger gedacht, nicht für Radfahrer. Der Grund ist nachvollziehbar: Für Autofahrer ist es schwer bis unmöglich, einen heranfahrenden Fahrradfahrer rechtzeitig zu erkennen, weil er eine deutlich höhere Geschwindigkeit hat. Es wird daher dazu geraten, vom Rad abzusteigen, bevor der Zebrastreifen benutzt wird. 

Und noch ein paar Regeln …

Alkohol am Steuer? Bis zu einer bestimmten Grenze verboten. Aber was ist dran an der Legende, dass Radfahrer ihren Führerschein verlieren können, wenn sie sich alkoholisiert aufs Zweirad begeben? Die Polizei kann bereits bei 0,3 Promille eingreifen, wenn die Radfahrer Ausfallerscheinungen zeigt. Ab 1,6 Promille ist das Radfahren verboten. Wer trotzdem losfährt und erwischt wird, kann nur auf die Gnade des Richters hoffen, denn der entscheidet nach eigenem Ermessen. Das kann im schlimmsten Fall tatsächlich den Führerscheinentzug und sieben Punkte in der Verkehrssünderkartei bedeuten.

Das Handy am Ohr ist Autofahrern und Radfahrern gleichermaßen verboten. Nicht verboten dagegen sind Einkaufstaschen am Lenker, allerdings nur, wenn der Verkehr und die eigene Fahrtauglichkeit dadurch nicht behindert werden. Man stelle sich nun einen Radfahrer vor, der voll bepackt mit zwei Taschen links und rechts am Lenker durch die Gegen fährt und dabei in der einen Hand ein Handy hält. Gruselig.

Kopfhörer dürfen Radfahrer tragen, der Geräuschpegel darf jedoch nicht so hoch sein, dass wichtige Geräusche wie Martinshörner oder Autohupen überhört werden. 

Häufiges Ärgernis für Autofahrer ist das nebeneinander Fahren von Zweirädern. Nicht ganz zu Unrecht, denn auch wenn es romantisch sein mag, Hand in Hand mit dem Partner auf der Straße zu fahren, erlaubt ist es nur, wenn andere Verkehrsteilnehmer nicht behindert werden. Gleiches gilt für das Fahren in Fußgängerzonen. Dort gilt Schrittgeschwindigkeit, notfalls muss abgestiegen werden.

Fehlen noch der Gepäckträger und das freihändige Fahren. Wie der Name schon sagt, ist der Gepäckträger für Gepäck gedacht. Menschen haben dort nichts zu suchen, Kinder übrigens schon gar nicht. Für sie muss ein spezieller Kindersitz verwendet werden. Kategorisch ausgeschlossen ist das freihändige Fahren. Wer dabei von der Polizei erwischt wird, muss mit einem Bußgeld in Höhe von fünf Euro rechnen. Der Transport von Menschen auf dem Gepäckträger wird mit 10 Euro geahndet.

Und was sagt uns das?

Mal liegen Radfahrer mit ihrer Einschätzung konkreter Situationen richtig, mal die Autofahrer. Doch völlig unabhängig von irgendwelchen Paragraphen wäre es wichtig, wenn Autofahrer und Radfahrer an ihrer inneren Einstellung feilen würden. Die im Laufe der Jahre gewachsene Feindschaft sitzt tief, zu tief.

Es wäre allen geholfen, wenn man gegenseitig Rücksicht nehmen und sich mehr Wertschätzung entgegenbringen würde. Das kann man aber nicht per Gesetz beschließen. Das ist eine Frage der Reife der Verkehrsteilnehmer.

Leserkommentare
von Herbikum am 30.06.2016 12:54:32# 1
Grr!
Bitte diesen Absatz nochmal auf Bedeutung prüfen und korrigieren.

"Häufiges Ärgernis für Autofahrer ist das nebeneinander Fahren von Zweirädern. Nicht ganz zu Unrecht, denn auch wenn es romantisch sein mag, Hand in Hand mit dem Partner auf der Straße zu fahren, erlaubt ist es nur, wenn andere Verkehrsteilnehmer nicht behindert werden. Gleiches gilt für das Fahren in Fußgängerzonen. Dort gilt Schrittgeschwindigkeit, notfalls muss abgestiegen werden.

Grüße