Schweißperlen / rote Augen bei Verkehrskontrolle

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Führerscheinentzug wegen Drogenfahrt gerechtfertigt?

(vgl. Amtsgericht Bielefeld, 24.05.2008, Az. : 9 Gs-23 Js 721/08)

1. Einleitung

Derjenige, der alkoholisiert oder unter Drogeneinfluss ein Fahrzeug führt, begeht eine Straftat und kann seinen Führerschein entzogen bekommen. Gemäß § 316 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) macht sich nämlich wegen „Trunkenheit im Verkehr" strafbar, wer im öffentlichen Verkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Konsums von Alkohol oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. Nach § 316 StGB ist es verboten, ein Fahrzeug unter Einfluss von Drogen oder Alkohol zu führen.

Wer es trotzdem tut, riskiert regelmäßig eine (Geld-) Strafe und die Entziehung der Fahrerlaubnis. Der vorliegende Artikel möchte Probleme aufzeigen, die sich beim strafrechtlichen Nachweis dieser Tat ergeben.

Hauptvorwurf bei § 316 StGB ist, dass man als Fahrer das Fahrzeug rauschbedingt nicht mehr sicher führen kann. Dabei wird unterschieden zwischen absoluter (=vollständiger) und relativer (aufgrund von drogenbedingten Fahrfehlern bestimmter) Fahruntüchtigkeit. Bei Drogenkonsum (Amphetamin, Kokain, Marihuana, Ecstasy, Pilzen etc.) kann mangels bekannter Höchstgrenzen eine absolute Fahruntüchtigkeit im Regelfall nicht nachgewiesen werden. Daher muss für eine strafrechtliche Ahndung der Nachweis relativer Fahruntüchtigkeit gelingen. Dazu reichen aber nicht einfache Fahrfehler.

Zwar kann aus der Fahrweise auf die drogenbedingte Fahruntüchtigkeit geschlossen werden (Beispiel: Fahren in Schlangenlinien, ungewöhnliche Fehler bei langer Fahrpraxis, leichtsinniges Fahren bei überhöhter Geschwindigkeit). Allerdings ist dieser Rückschluss auf die Drogenbedingtheit der Fahruntüchtigkeit bei Fahrfehlern nur durch zusätzliche, schwerwiegendste Einschränkungen der Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit möglich (z. B. ein stark benommener Eindruck, völlige Unfähigkeit zu koordinierter Bewegung, Bewusstlosigkeit etc.).

Ist aber relative Fahruntüchtigkeit und damit die Strafbarkeit in diesem Sinne gegeben, kann der Führerschein bei dringendem Tatverdacht noch vor einer etwaigen Verurteilung – also noch im Ermittlungsverfahren - vorläufig entzogen werden. Mehr dazu finden Sie bei den Ratgebern Drogen im Straßenverkehr – Teil 1 und 2.

2. Der besondere Fall

Trotz der gerade aufgezeichneten Linie, dass kleinere Fahrfehler wie auch kleinere Ausfallerscheinungen nicht zur Verurteilung und daher auch nicht zum Entzug der Fahrerlaubnis führen dürfen, gibt es immer wieder Anträge der Staatsanwaltschaft oder gerichtliche Beschlüsse, wonach der Führerschein in derartigen Konstellationen entzogen wird.

In dem aktuellen Fall, den das Amtsgericht Bielefeld zu entscheiden hatte, lag unzweifelhaft der Konsum von Amphetaminen beim Beschuldigten vor; außerdem war er ohne Betätigung des Blinkers nach rechts eingebogen, zeigte auch kleinere Verhaltensauffälligkeiten, die möglicherweise aber auch auf Übermüdung zurückzuführen waren; schließlich hatte der Betroffene bei der Blutentnahme Schweißperlen auf der Stirn und stark gerötete Bindehäute. Das Amtsgericht entschied zu Recht, dass kleinere Fahrfehler nicht unbedingt drogenbedingt sein müssen und zudem – gerade zur Nachtzeit – schlichtweg durch Übermüdung verursacht sein können. Letzteres könne auch eine Bindehautrötung erklären. Der Schweiß auf der Stirn könne ebenso eine Folge der für den Beschuldigten unangenehmen Situation sein. Dementsprechend sei dann eine konkrete Fahruntüchtigkeit nicht nachgewiesen und daher auch eine (vorläufige) Entziehung der Fahrerlaubnis zurückzuweisen. Bedeutsam sei auch, dass keine konkrete Gefährdung aufgrund der aufgefallenen Fahrfehler bzw. Beeinträchtigungen vorlag (dies wäre wiederum als Straßenverkehrsgefährdung nach § 315c StGB zu verfolgen) und demnach ein dringender Tatverdacht, der eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigen könnte, zu verneinen gewesen sei.

3. Fazit

Immer wieder gibt es wichtige Entscheidungen, die zu derartigen praxisrelevanten Fällen Stellung beziehen. Insoweit verweise ich auf meine Artikelliste (vor allem zu Drogen im Straßenverkehr, MPU etc.). Da gerade im Bereich von Drogenkonsum und Entziehung der Fahrerlaubnis viele Verteidigungsansätze bestehen, sollte im Falle eines Falles anwaltlicher Rat eines verkehrsrechtlich ausgerichteten Kollegen eingeholt werden. Gerne stehe ich hierfür – auch überregional – zur Verfügung.

Lassen Sie die Auseinandersetzung mit den Behörden professionell durchführen! Eigene Äußerungen oder Kooperation mit den Strafverfolgern oder der Führerscheinstelle machen keinen Sinn, denn diese sind ohne Beratung und Vorsicht selten hilfreich. Und das Schweigen kann Ihnen auch nicht zum Nachteil gereichen.

Wenn der Anwalt die Akte geprüft hat, nur er darf Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen, dann wird er Ihnen aufzeigen können, ob bzw. welche Verteidigung Ihnen weiterhilft, ob ggf. eine Einlassung erfolgen soll oder nicht. Überlassen Sie nicht den Behörden, ungeprüft über das Wohl und Wehe Ihres Führerscheins zu entscheiden! Denn: Vertrauen ist gut, Anwalt ist besser!


Burgwedel, den 08.07.2008

© Hans-Christoph Hellmann
Rechtsanwalt
RA Hellmann ist u. A. Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Verkehrsrecht und Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein. Darüber hinaus hat er den Fachanwaltslehrgang Versicherungsrecht erfolgreich absolviert.


www.anwalt-hellmann.de mail@anwaltskanzlei-hellmann.de
Tel: 05139 970 35 70