Straßenverkehrsunfall: Der Anspruch auf Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstätte
Mehr zum Thema: Verkehrsrecht, Unfall, ReparaturschadenGrundsätzlich steht es einem Unfallgeschädigten in den Grenzen der wirtschaftlichen Vernunft frei, wie bzw. ob er den Zustand des PKW vor dem Unfall wiederherstellt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil vom 29.04.2003 - VI ZR 398/02; BGH, Urteil vom 20. 10. 2009 - VI ZR 53/ 09) darf der Geschädigte seiner (fiktiven) Schadensberechnung grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Die Kosten des Sachverständigen sind dabei ebenfalls Kosten, die vom Schädiger zu erstatten sind.
Will der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, muss der Schädiger darlegen und ggf. beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht. Der Geschädigte muss sich im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht nicht auf Sonderkonditionen von Vertragswerkstätten des Haftpflichtversicherers des Schädigers verweisen lassen. Andernfalls würde ihm nämlich die Möglichkeit der Schadensbehebung in eigener Regie genommen (BGH, Urteil vom 12.07.2005 - VI ZR 132/04).
Selbst wenn der Schädiger die Gleichwertigkeit einer Reparatur in einer nicht markengebundenen Fachwerkstätte nachweist, so kann es nach der Rechtsprechung der Karlsruher Richter für den Geschädigten gleichwohl unzumutbar sein, eine Reparaturmöglichkeit in einer solchen Werkstatt in Anspruch zu nehmen.
Dies gilt vor allem bei Fahrzeugen bis zum Alter von drei Jahren. Denn bei neuen bzw. neuwertigen Kraftfahrzeugen muss sich der Geschädigte im Rahmen der Schadensabrechnung grundsätzlich nicht auf Reparaturmöglichkeiten verweisen lassen, die ihm bei einer späteren Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten, einer Herstellergarantie und/ oder von Kulanzleistungen Schwierigkeiten bereiten könnten.
Bei Kraftfahrzeugen, die älter als drei Jahre sind, kann es für den Geschädigten ebenfalls unzumutbar sein, sich im Rahmen der Schadensabrechnung auf eine alternative Reparaturmöglichkeit außerhalb einer markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen. Denn auch bei älteren Fahrzeugen kann die Frage Bedeutung haben, wo das Fahrzeug regelmäßig gewartet, "scheckheftgepflegt" oder ggf. nach einem Unfall repariert worden ist. Dabei besteht - wie entsprechende Hinweise in Verkaufsanzeigen belegen - bei einem großen Teil des Publikums insbesondere wegen fehlender Überprüfungsmöglichkeiten die Einschätzung, dass bei einer (regelmäßigen) Wartung und Reparatur eines Kraftfahrzeugs in einer markengebundenen Fachwerkstatt eine höhere Wahrscheinlichkeit besteht, dass diese ordnungsgemäß und fachgerecht erfolgt ist. Deshalb kann auch dieser Umstand es rechtfertigen, der Schadensabrechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde zu legen (BGH, Urteil vom 20. 10. 2009 - VI ZR 53/ 09). Dies kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes insbesondere dann gelten, wenn der Geschädigte das Unfallfahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen oder - im Fall der konkreten Schadensberechnung - sein besonderes Interesse an einer Reparatur in der markengebundenen Fachwerkstätte durch die Reparaturrechnung belegt.
Die Rechtsanwaltskosten des Geschädigten sind von der Versicherung des Unfallverursachers regelmäßig zu tragen.