Verkehrsrecht: Was tun beim Autounfall?

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Der Verursacher muss Gutachten- und Anwaltskosten tragen

Verkehrsrecht: Was tun beim Autounfall?

Die Zahl der Verkehrsunfälle in Deutschland liegt bei jährlich über zwei Millionen, im Schnitt ereignet sich alle zwei Minuten ein Unfall mit Personenschaden.

Sind Sie an einem Unfall beteiligt, ist das erste Gebot: Ruhe bewahren!

Nach § 34 Straßenverkehrsordnung muss jeder Unfallbeteiligte, auch wenn ihn vermeintlich kein Verschulden trifft, unverzüglich anhalten, andernfalls könnte er sich wegen Unfallflucht strafbar machen. Der Verkehr ist zu sichern, etwa durch Aufstellen eines Warndreiecks, Verletzten ist zu helfen, nötigenfalls ist der Notarzt zu alarmieren. Im Übrigen ist jeder Unfallbeteiligte und auch Zeuge verpflichtet, auf Verlangen seinen Namen und Anschrift anzugeben. Unfallspuren dürfen nicht beseitigt werden, bevor die Beteiligten oder die Polizei die Spuren gesichert hat. Bei Unklarheiten zur Schuldfrage oder Verletzten sollte immer die Polizei gerufen werden.

Unabhängig von der eigenen Meinung zum Verschulden sollte vorsorglich die eigene Kfz-Haftpflichtversicherung informiert werden und zwar innerhalb einer Woche. Ob ein Schaden letztlich von der Kfz-Versicherung oder vom Versicherungsnehmer selbst getragen wird, damit der Schadenfreiheitsrabatt „gerettet“ werden kann, kann noch später entschieden werden, wenn die Schadenshöhe feststeht.

Bei der Schadenmeldung an die eigene Versicherung sollte eine eigene Einschätzung der Schuldfrage erfolgen.

Steht fest, dass der Unfallgegner den gesamten Schaden zu übernehmen hat, diesen also ein Alleinverschulden trifft, besteht ein Direktanspruch sowohl gegen den Kfz-Halter als auch gegen die gegnerische Versicherung, unter Umständen auch gegen den Fahrer. In einem solchen Fall ist die gegnerische Haftpflichtversicherung verpflichtet, auch etwaige Anwaltskosten des Geschädigten sowie bei größeren Schäden die Kosten für ein Sachverständigengutachten zum Schadensumfang zu übernehmen.

Bei kleineren Schäden reicht häufig die Vorlage eines Kostenvoranschlags einer Fachwerkstatt aus, um eine Kostenerstattung zu erreichen; hilfreich ist es meist auch, Fotos von den Schäden zu fertigen. Der Geschädigte hat bei jedem Unfall in Deutschland auch einen Anspruch auf Zahlung einer Unkostenpauschale von ca. 25,00 €, die ohne weitere Prüfung von der gegnerischen Kfz-Versicherung zu erstatten ist.

Nach wie vor besteht die Möglichkeit, den Schaden am eigenen Fahrzeug auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens abzurechnen. Wird das Fahrzeug jedoch nicht repariert, dann sind lediglich die voraussichtlichen Nettoreparaturkosten ohne Mehrwertsteuer zu erstatten.

Vorsicht ist geboten bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs während der Reparaturzeit. Der Mietwagen muss von Größe und Ausstattung dem beschädigten Fahrzeug entsprechen, auch rechnen manche Versicherungen so genannte „ersparte Eigenaufwendungen“ für die Dauer der Mietzeit in Höhe von bis zu 15 % der Mietwagenkosten an. Unter bestimmten Umständen kann der Nutzungsausfall aber auch „fiktiv“, also ohne dass tatsächlich ein Ersatzfahrzeug angemietet wurde, geltend gemacht werden, hierzu sind sämtliche Fahrzeuge in so genannte Typenklassen eingeordnet worden. Für gewerblich genutzte Fahrzeuge kann ein solch fiktiver Nutzungsausfall jedoch nicht geltend gemacht werden, hier ist der Schaden für das Unternehmen im Einzelfall nachzuweisen.

Weitere Schadenspositionen können Arzt- und Heilbehandlungskosten, Verdienstausfall oder der so genannte „Haushaltsführungsschaden“ sein.

Eine Schmerzensgeldforderung kommt dann in Betracht, wenn der gegnerische Fahrer mindestens fahrlässig, also schuldhaft, gehandelt hat. Die Höhe des Schmerzensgeldes ist jedoch in Deutschland häufig (noch) nicht zufriedenstellend. Zudem gibt es hier erhebliche Differenzen zwischen der Rechtsprechung verschiedener Gerichte.

Neben den oben geschilderten zivilrechtlichen Folgen eines Verkehrsunfalls muss ein Unfallverursacher auch mit einer strafrechtlichen Belangung rechnen, etwa wegen fahrlässiger Körperverletzung, wenn Personenschäden vorliegen. Bei „kleineren“ Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung können Bußgelder verhängt werden. Wenn der Vorwurf, der in einem Anhörungsbogen mitgeteilt wird, nicht richtig erscheint oder der Betroffene mit der Höhe des Bußgeldes nicht einverstanden ist, kann hiergegen Einspruch eingereicht werden. Die Sache ist dann vor dem Amtsgericht (Strafrichter) zu verhandeln.


Der Autor Ralf Thormann ist als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Recklinghausen tätig.