Die Lebensversicherung auf den Tod eines Dritten

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Zum Einwilligungserfordernis der Versicherten Person

Zur Frage, in welchen Fällen bei der Lebensversicherung auf den Tod eines Dritten eine Vertragsänderung der Einwilligung der Versicherten Person bedarf

Eine Lebensversicherung kann grundsätzlich auch für den Fall des Todes eines anderen abgeschlossen werden. In dieser Konstellation weichen also der Versicherungsnehmer und die versicherte Person voneinander ab. Soll nach Vertragsabschluss Änderungen vorgenommen werden, stellt sich vielfach die Frage, ob eine Zustimmung der versicherten Person erforderlich ist. 

Warum bedarf es bei einer Versicherung auf den Tod eines anderen dessen Zustimmung?

Nach § 150 Abs. 2 S. 1 HS 1 VVG zu der Wirksamkeit eines solchen Vertrags die schriftliche Einwilligung des anderen erforderlich. Durch dieses Einwilligungserfordernis soll vermieden werden, dass Dritte ohne Kenntnis der Person von dessen Ableben finanziell profitieren. Hierdurch soll die Gefahr der Herbeiführung des Versicherungsfalls vermieden werden und Spekulationen mit dem Leben eines anderen unterbunden werden.

Birte  Raguse
Partner
seit 2020
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Fachanwältin für Versicherungsrecht
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Was passiert, wenn die Einwilligung nicht vorliegt?

Nach der Gesetzesregelung muss die Einwilligung vor Vertragsschluss erklärt werden. Liegt eine solche nicht vor, ist der Vertrag unwirksam und kann auch nicht durch nachträgliche Genehmigung geheilt werden.

Kann der Vertrag nachträglich geändert werden?

Problematisch sind jedoch immer wieder Fälle, in denen nach Vertragsabschluss Änderungen vorgenommen werden sollen. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen einer Änderung der Versicherungsnehmerstellung sowie der Bezugsberechtigung. Weiter ist entscheidend, ob es um eine Versicherungsleistung im Erlebens- oder im Todesfall geht.

Bedarf eine Übertragung der Versicherungsnehmerstellung im Erlebensfall der Zustimmung der Versicherten Person?

In dieser Konstellation bedarf es keiner Zustimmung der versicherten Person. Das hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 27.06.2018, Az. IV ZR 222/16 klargestellt.

Dies ist folgerichtig. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll durch das Einwilligungserfordernis das Spiel mit dem Leben eines anderen verhindert werden. Das bedeutet, dass die versicherte Person darüber zu entscheiden hat, wer von dessen Ableben finanziell profitiert. Wird jedoch „nur“ der Versicherungsnehmer ausgetauscht, nicht jedoch die Bezugsberechtigte Person geändert, besteht dieses Risiko nicht.

Kann der Versicherungsnehmer bei einer Lebensversicherung auf den Tod eines anderen den Vertrag ohne Zustimmung der Versicherten Person kündigen?

Eine Kündigung ist ohne Zustimmung möglich. Der Versicherungsnehmer ist auch bei einer Versicherung auf das Leben eines Dritten Vertragspartner des Versicherers und kann diesen daher auch kündigen oder beitragsfrei stellen. Da eine Spekulation mit dem Leben der Versicherten Person dabei ausgeschlossen ist und keine Gefährdung gegeben ist, besteht kein Zustimmungserfordernis.

Kann der Versicherungsnehmer bei einer Versicherung auf den Tod eines anderen die Bezugsberechtigung im Erlebensfall ohne Zustimmung der Versicherten Person ändern?

Sofern die Bezugsberechtigung im Erlebensfall geändert wird, ist dies ohne Zustimmung der Versicherten Person möglich, da auch hier die besondere Schutzfunktion der Vorschrift nicht erforderlich ist.

Bedarf eine Übertragung der Versicherungsnehmerstellung im Todesfall der Zustimmung der Versicherten Person?

Eine Zustimmung der Versicherten Person ist auch in dieser Konstellation nicht erforderlich. Durch die Änderung des Versicherungsnehmers besteht für die Versicherte Person kein gesteigertes Risiko, sofern nicht zugleich die Bezugsberechtigung geändert wird.

Bedarf eine nachträgliche Änderung der Bezugsberechtigung im Todesfall der Zustimmung der Versicherten Person?

Ja, bei einer Änderung des im Todesfall Begünstigten bedarf es in analoger Anwendung des § 150 Abs. 2 Satz 1 HS 1 VVG der Einwilligung der versicherten Person.

Warum bedarf es der Einwilligung?

Der IV. Zivilsenat hat die Frage, ob die Vorschrift auf eine spätere rechtsgeschäftliche Übertragung der Versicherungsnehmerstellung oder der Bezugsberechtigung entsprechend anwendbar ist, in den Fällen bejaht, in denen die Änderungen das Risiko der versicherten Person beeinflussen. Nach den Urteilsgründen zielt das Einwilligungserfordernis darauf ab, die Spekulation mit dem Leben anderer zu unterbinden. Es soll insbesondere der Gefahr entgegenwirken, die sich daraus ergeben kann, dass der Versicherungsnehmer oder ein sonstiger Beteiligter in der Lage ist, den Versicherungsfall herbeizuführen.

Die zu versichernde Person soll sich der Gefährdung bewusst werden und das Risiko abwägen können, die sie mit der Einwilligung auf sich nimmt.

Die Vorschrift soll danach über ihren Wortlaut hinaus anwendbar sein, wenn ihr Schutzzweck, jeder Möglichkeit eines Spiels mit dem Leben eines anderen vorzubeugen, danach verlangt. Bei einer Vertragsänderung bedarf es nach dem Urteil der erneuten Einwilligung der Versicherten Person in analoger Anwendung der Vorschrift, soweit ihr Risiko beeinflussende Umstände abgeändert werden.

Dies ist nach den Urteilsgründen insbesondere bei allen Änderungen der Fall, die sich darauf auswirken, wer im Versicherungsfall profitiert und in welcher Höhe.

Gilt das Einwilligungserfordernis nur für gewillkürte Änderungen?

Hierzu liegt keine höchstrichterliche Entscheidung vor. In der Angelegenheit, welcher der o.g. Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde lag, lag der Fall einer gewillkürten (also beantragten) Änderung vor. Ist jedoch der verstobene Versicherungsnehmer zugleich die Bezugsberechtigte Person und tritt in dessen Vertrag ein Erbe ein, der dementsprechend Anspruch auf die Versicherungsleistung im Todesfall der Versicherten Person hat, muss die Schutzfunktionen aus meiner Sicht auch in diesem Fall eine analoge Anwendung der Vorschrift zur Folge haben. Eine analoge Anwendung ist immer dann vorzunehmen, wenn dessen Zweck, umfassend jeder Möglichkeit eines Spiels mit dem Leben eines anderen vorzubeugen, dies gebietet

Aus Sicht der Versicherten Person besteht kein Unterschied zwischen einer gewillkürten Änderung und der Änderung kraft Gesetzes. Das Schutzbedürfnis ist identisch.

Aufgrund meiner Erfahrung und langjährigen Tätigkeit als Fachanwältin für Versicherungsrecht auf Seiten der Versicherungsnehmer stehe ich Ihnen bundesweit für eine fachkundige Überprüfung und Durchsetzung Ihrer Leistungsansprüche gern zur Seite. Ich freue mich über Ihre Kontaktaufnahme.

Birte Raguse
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