Fiktive Schadensabtretung

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Bei fiktiver Schadensabrechnung sind auch Verbringungskosten, Ersatzteilzuschläge, Fahrzeugreinigungskosten und Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Werkstatt zu leisten.

Nach § 249 II S.1 BGB hat der Geschädigte Anspruch auf den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag. Das Gesetz macht keine Vorgaben, was mit dem Geldbetrag zu geschehen hat. Der BGH hat entschieden, dass der Kläger grundsätzlich zur fiktiven Schadensabrechnung berechtigt ist. Bei fiktiver Abrechnung stehen dem Geschädigten die in einer Vertragswerkstatt angefallenen Kosten zu, so dass er sich insbesondere nicht auf die Abrechnung mittlerer ortsüblicher Stundenverrechnungssätze anderer Werkstätten verweisen lassen muss.

Nunmehr weist die Versicherungsbranche immer wieder darauf hin, dass nicht die Stundenverrechnungssätze der markengebundenen Vertragswerkstatt anzusetzen seien, sondern andere Stundenverrechnungssätze ungebundener Werkstätten.

Dies kann so nicht rechtens sein. Die Grundlage des § 249 BGB kann nicht außer Acht gelassen werden. Hiernach darf der Geschädigte grundsätzlich auch in Eigenregie reparieren. Wird er nun auf eine Werkstatt verwiesen, mit der der Versicherer eine wirtschaftliche Verbundenheit hat, so kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass die Werkstatt auch die Interessen des Schädigers wahrnimmt, den Schaden möglichst gering zu halten. Von daher kann der Geschädigte nicht auf eine solche Werkstatt verwiesen werden, wenn es sich auch insoweit um eine Fachwerkstatt handelt.

Mittlerweile wird durch überwiegende Anzahl von Land- und Amtsgerichten ebenfalls judiziert, dass auch bei fiktiver Abrechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde zu legen sind. Die umfangreiche Liste der Urteile liegt vor.

Auch das Landgericht Aschaffenburg hat in seinem Urteil vom 09.11.2010, Aktenzeichen 112 C 1004/10, die gegnerische Versicherung dazu verurteilt, bei fiktiver Schadensabrechnung Verbringungskosten, Ersatzteilzuschläge und Fahrzeugreinigungskosten zu ersetzen. Dazu führt das Landgericht Aschaffenburg folgendes aus:

Verbringungskosten, Ersatzteilpreisaufschläge und Kosten der Fahrzeugreinigung sind erforderliche Kosten im Sinne des § 249 II BGB bei der Schadensabrechnung auf der Basis fiktiver Reparaturkosten. Diese sind nicht erst erstattungsfähig, wenn sie tatsächlich angefallen sind, wie die Kfz-Haftpflichtversicherung meint. Aus Anerkennung der Abrechnung auf Gutachterbasis, das heißt auf der Basis fiktiver Reparaturkosten, folgt, dass es auf einen konkreten Kostennachweis für eine tatsächlich durchgeführte Reparatur gerade nicht ankommen kann. Vielmehr bildet das Gutachten des vom Geschädigten beauftragten Kfz-Sachverständigen eine Grundlage für die Darlegung des Fahrzeugschadens.

Insofern lohnt es sich immer, auch bei fiktiver Schadensberechnung darauf zu achten, dass die Versicherung keinen Abschlag für Stundenverrechnungssätze, Sachverständigenhonorar und Verbringungskosten tätigt. Diese Kosten sind grundsätzlich nicht erst erstattungsfähig, wenn sie angefallen sind.

Bezüglich der Kürzung des Sachverständigenhonorars ist in der Versicherungswirtschaft eine deutliche Tendenz zu erkennen. Es werden immer wieder die Kosten des Sachverständigengutachtens gekürzt. Allerdings gilt hier, dass die Kosten des eingeholten Sachverständigengutachtens Teil des zu ersetzenden Schadens darstellen. Diese Kosten waren für die Schadensfeststellung notwendig. Eine Ersatzpflicht des Schädigers besteht selbst dann, wenn die Gutachterkosten zu hoch bzw. unangemessen sind. Lediglich bei falschen oder unbrauchbaren Sachverständigengutachten kann an eine Kürzung des Honorars gedacht werden. Mittlerweile gibt es auch hier umfangreiche Rechtsprechung, die die Kürzungen des Sachverständigenhonorars ablehnt bzw. dem Geschädigten die vollen Sachverständigengebühren zusprechen. Auch hier sollte der Geschädigte sich nicht scheuen, rechtlichen Rat einzuholen.