Ist die Beitragserhöhung meiner Krankenversicherung rechtmäßig?
Mehr zum Thema: Versicherungsrecht, Beitragserhöhung, Krankenversicherung, Widerspruchsrecht, unzulässig, KündigungsrechtMöglichkeiten bei der Erhöhung der Beiträge der Privaten Krankenversicherung (PKV)
Es ist ein alltägliches Szenario: Sie öffnen Ihren Briefkasten und finden einen Brief Ihrer Krankenversicherung vor, der eine Beitragserhöhung ankündigt. Doch ist diese Erhöhung überhaupt rechtmäßig? In diesem Ratgeber gehen wir auf die rechtlichen Grundlagen ein und erklären, wann eine Beitragserhöhung zulässig ist und wann nicht.
Gesetzliche Grundlagen
Die rechtlichen Grundlagen für eine Beitragserhöhung finden sich im Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Gemäß § 203 VVG kann der Versicherer die Beiträge anpassen, wenn sich die Rechnungsgrundlagen geändert haben. Das bedeutet, wenn sich etwa die Kosten für medizinische Behandlungen erhöht haben, kann die Versicherung dies auf die Beiträge umlegen. Allerdings muss ein unabhängiger Treuhänder der Erhöhung zustimmen.
Verfahren der Beitragserhöhung
Die Beitragserhöhung wirkt zu Beginn des zweiten Monats, der auf die Mitteilung der Beitragsänderung an den Versicherungsnehmer folgt. Das bedeutet, wenn Sie im März eine Mitteilung über die Beitragserhöhung erhalten, wirkt diese ab Mai.
Widerspruchsrecht und Kündigungsrecht
Ein generelles Widerspruchsrecht gegen eine Beitragserhöhung gibt es nicht. Allerdings haben Versicherte nach § 205 VVG ein Sonderkündigungsrecht, wenn ihre Beiträge erhöht werden. Die Kündigung muss innerhalb eines Monats nach Zugang der Änderungsmitteilung erfolgen.
Unzulässige Beitragserhöhung
Nicht jede Beitragserhöhung ist zulässig. So muss die Erhöhung etwa angemessen und nachvollziehbar sein. Wenn die Versicherung die Beiträge beispielsweise drastisch erhöht, ohne dass sich die Kostenlage entsprechend geändert hat, könnte dies unzulässig sein. In solchen Fällen sollten Sie anwaltlichen Rat einholen.
Beispiele für unrechtmäßige Beitragserhöhungen
Es gibt verschiedene Situationen, in denen eine Beitragserhöhung unrechtmäßig sein kann. Im Folgenden finden Sie einige Beispiele:
- Unzureichende Begründung: Eine Beitragserhöhung muss nachvollziehbar und ausreichend begründet werden. Wenn der Versicherer die Erhöhung lediglich mit allgemeinen Kostensteigerungen begründet, ohne diese näher zu erläutern, kann dies unzulässig sein.
- Fehlende Zustimmung des Treuhänders: Eine Beitragserhöhung bedarf der Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders. Fehlt diese Zustimmung, ist die Erhöhung unwirksam.
- Unverhältnismäßige Erhöhung: Eine Beitragserhöhung muss angemessen sein. Wenn die Erhöhung in keinem Verhältnis zu den tatsächlich gestiegenen Kosten steht, kann dies unrechtmäßig sein.
Beispiele aus der Rechtsprechung:
In einem Fall hat das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 28.01.2020, Az. 9 U 138/19) entschieden, dass die Beitragserhöhungen der AXA im Tarif EL Bonus zum 01.01.2014 und 01.01.2015 sowie die des Tarifs Vital-Z-N zum 01.01.2014 unwirksam waren. Die Begründung der Erhöhungen war unzureichend und die Zustimmung des Treuhänders fehlte.
In einem anderen Fall hat das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 29.10.2019, Az. 9 U 127/18) entschieden, dass die Beitragserhöhungen der AXA im Tarif ECORA 1300 zum 01.01.2015 und zum 01.01.2016 sowie die Beitragserhöhung für die zahnärztliche Heilbehandlung im Tarif 541 unwirksam waren. Hier war die Erhöhung unverhältnismäßig und die Begründung unzureichend.
Diese Beispiele zeigen, dass es sich lohnen kann, eine Beitragserhöhung kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls anwaltlichen Rat einzuholen.
Gilt das nur in der PKV oder auch in der gesetzlichen Krankenversicherung?
Dieser Ratgeber zur Beitragserhöhung bezieht sich in der Regel auf private Krankenversicherungen. Bei diesen können die Beiträge aufgrund verschiedener Faktoren erhöht werden, wie zum Beispiel aufgrund steigender Gesundheitskosten oder Änderungen im Gesundheitszustand der Versicherten.
In der gesetzlichen Krankenversicherung sind die Beiträge hingegen weitgehend einheitlich und werden durch den Gesetzgeber festgelegt. Eine individuelle Erhöhung der Beiträge aufgrund von Risikofaktoren ist hier nicht möglich. Allerdings kann es auch in der gesetzlichen Krankenversicherung zu allgemeinen Beitragserhöhungen kommen, wenn beispielsweise die Gesundheitskosten steigen.
Fazit
Ob eine Beitragserhöhung Ihrer Krankenversicherung rechtmäßig ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grundsätzlich sind Beitragserhöhungen zulässig, wenn sich die Rechnungsgrundlagen geändert haben. Allerdings haben Versicherte bei einer Erhöhung ein Sonderkündigungsrecht. Bei Unklarheiten oder Zweifeln an der Rechtmäßigkeit einer Beitragserhöhung sollten Sie anwaltlichen Rat einholen.
Sie können Ihr Schreiben über Ihre Beitragserhöhung auf Frag-einen-Anwalt.de hochladen und unkompliziert prüfen lassen.