Leistungsausschluss bei Berufsunfähigkeit durch vorsätzliche Straftat?
Mehr zum Thema: Versicherungsrecht, Berufsunfähigkeit, Leistungsausschluss, Straftat, SprengkörperSich nicht verrückt machen lassen und den Versicherer (zunächst) prüfen lassen
Ich wurde vor einigen Wochen mit einem Fall beauftragt, in welchem die gegnerische Versicherung prüfte, ob die von meinem Mandanten vorgetragene Berufsunfähigkeit aus einer von ihm begangenen Straftat resultierte.
Bei der Beratung zu diesem Fall war es zunächst erforderlich, die Rechtsprechung der vergangenen Jahre auszuwerten und zu schauen, ob sich daraus Konsequenzen für meinen Mandanten ergaben.
seit 2010
Das Gute vorweg: Die Versicherung hat die Berufsunfähigkeitsrente an meinen Mandanten gezahlt. Was heißt das für Sie? Sich nicht verrückt machen lassen und den Versicherer (zunächst) prüfen lassen.
Jetzt aber zu zwei Gerichtsentscheidungen zur Thematik.
So hatten sich das Oberlandesgericht Saarbrücken im Jahre 2013 und das Oberlandesgericht Dresden im Jahre 2019 mit der Frage „Leistungen trotz Straftat" zu beschäftigen.
Zunächst zur Entscheidung des OLG Saarbrücken:
Was war geschehen?
Der Kläger, der bei der beklagten Versicherung eine Berufsunfähigkeitszusatz- und Unfallzusatzversicherung abgeschlossen hatte, begehrte Leistungen aus dieser. Der Kläger hatte infolge der von ihm ausgelösten Explosion einer sogenannten Kugelbombe (hier nicht zugelassene und erlaubnispflichtige Feuerwerkskörper) bei einem Eishockeyspiel seine Hände verloren.
Die Leistungsvoraussetzungen aus der Berufsunfähigkeitszusatz- und Unfallzusatzversicherung waren aufgrund der schwersten Amputationsverletzungen an beiden Händen, durch die der Versicherungsnehmer erwerbs- und berufsunfähig geworden war, unstreitig gegeben.
Das Gericht entschied, dass der Kläger dennoch die begehrten Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatz- und Unfallzusatzversicherung nicht erhalte, da die beklagte Versicherung dem Begehren ein Leistungsausschluss entgegenhalte konnte.
Die Versicherungsbedingungen sahen einen Ausschluss vor, wenn die Unfallfolgen durch den Versicherungsnehmer aus einer vorsätzlichen Straftat resultieren. Ähnlich war ein Ausschluss in den Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geregelt.
Durch das Zünden der Kugelbombe habe der Kläger vorsätzlich eine Explosion herbeigeführt und dadurch fahrlässig Leib oder Leben anderer Menschen, hier die sich um ihn befindlichen Personen, gefährdet.
Vorsatz bedeute dabei, dass der Kläger die Folgen wenigstens billigend in Kauf nahm. Ein etwaiges fehlendes Unrechtsbewußtsein des Versicherungsnehmers sei unbeachtlich für den Vorsatz, so das OLG.
Einer in der versicherungsrechtlichen Literatur vertretenen anderen Auffassung erteilt der Senat eine Absage. Der Kläger habe somit unter anderem § 308 Abs. 1 und 5 StGB vorsätzlich verwirklicht, sodass die nach den Bedingungen erforderliche vorsätzliche Straftat vorlag und die Versicherung dem Kläger somit den Leistungsausschluss entgegenhalten konnte. Unbeachtlich für die Anwendung der versicherungsvertraglichen Ausschlussklauseln sei es auch, dass hinsichtlich der konkreten Gefährdung des Zeugen B. kein Vorsatz beim Versicherungsnehmer vorlag.
Die Entscheidung des OLG Dresden:
Das Oberlandesgericht Dresden entschied am 09.01.2019 ebenfalls, dass die bedingungsgemäßen Voraussetzungen für den Ausschluss von Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung wegen einer durch eine vorsätzliche Straftat herbeigeführten Berufsunfähigkeit auch dann vorliegen, wenn der zugrundeliegende Straftatbestand hinsichtlich der Handlung Vorsatz fordert, in Bezug auf eine besondere Folge aber Fahrlässigkeit genügen lässt.
Auch in diesem Fall ging es um die „Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion" hier mit der Folge des Verlustes des Daumens und zweier Finger der rechten Hand.
Auch in diesem Fall hatte sich der Versicherungsnehmer ohne Erfolg vor dem Gericht darauf berufen, er habe nicht gewusst, dass das Entzünden des Feuerwerkskörpers nicht erlaubt sei.
Dazu das OLG Dresden (Zitat):
„Einen Verbotsirrtum des Inhalts, er habe nicht gewusst, dass das Entzünden dieses Sprengkörpers nicht erlaubt gewesen sei, kann sich der Antragsteller schon wegen seiner behaupteten Amnesie nicht berufen. Ob ein Verbotsirrtum für den Vorsatz im Sinne von § 7 C Comfort-Schutz überhaupt relevant ist (vgl. insoweit die Darstellung zum Streitstand in OLG Saarbrücken aaO, juris Rn 49f.), braucht daher hier nicht entschieden zu werden."
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