Die Euroweb Internet GmbH lässt einen Rechtsanwalt wegen Google Adwords Werbung abmahnen!

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Euroweb Internet GmbH und die Rechtsanwälte von Berger LAW, ein Artikel in eigener Sache

Meiner Kanzlei liegt ein Schriftsatz von Berger LAW vor, in dem die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie die Übernahme der entstandenen Anwaltskosten aus einem Streitwert in Höhe von € 25.000,00 verlangt werden. Ein teurer Preis für eine Werbung, in der lediglich auf die vom BGH entschiedene Möglichkeit der Kündigung von Verträgen mit Euroweb verwiesen wird.

Aber so einfach lässt sich meine Kanzlei nicht einschüchtern. Der Inhalt der Unterlassungserklärung jedenfalls unterwirft mich einer konkreten Vertragsstrafe in Höhe von € 6.000,00, die sogar ohne Verschulden anfällt. Zudem soll mir die Verwendung von Keywords oder Keyword-Kombinationen verboten werden, die den Begriff „Euroweb“ enthalten. Wie ich finde ziemlich dreist, da das Urteil des BGH zur Verwendung fremder Marken als Keywords bei Google-Adwords gerade ein Jahr alt ist (BGH, Urteil vom 13.01.2011, Az. I ZR 125/07).

Berger LAW hat bereits im Frühjahr das gleiche Spiel mit einem bekannten Anwaltskollegen gespielt (LG Berlin, Beschluss vom 16.03.2011, Az. 96 O 26/11). Diese Entscheidung verkennt jedoch m.E. völlig die wettbewerbsrechtlichen Grundsätze. Ich zitiere aus diesem Beschluss: „Unzulässig ist es beispielsweise unmittelbar auf der Internetseite eines Mitbewerbers ohne dessen Zustimmung eigene Werbung zu setzen (…). Im vorliegenden Fall beeinträchtigt der Antragsgegner die Werbung der Antragstellerin mit dem unmittelbaren Interesse, eigene Kunden zu gewinnen, in einer Weise, die gleich schwer wiegt.“

Und weiter: „Für die Antragstellerin stellt es angesichts der Verbreitung der Suchmaschine Google und der Suchgewohnheiten des Verkehrs eine sehr effiziente Werbemaßnahme dar, dass bei Eingabe ihres Firmennamens als Suchbegriff ihre Webseite an erster Stelle der Suchergebnisse zu finden ist. Da viele Nutzer des Internets (…) über die Suchmaschine zur gewünschten Seite gelangen, ist es für jedes sich online präsentierende Unternehmen vorteilhaft, möglichst weit in der Liste der Suchergebnisse zu stehen. Dadurch, dass der Antragsgegner sich durch die Schaltung der Anzeige über den Nachweis der Seite der Antragstellerin stellt, bewirkt er in gleicher Weise wie durch eine direkte Behinderung des Internetauftritts, dass die Werbung der Antragstellerin nicht mehr zur Geltung kommt.“
Unfassbar. Das LG Berlin sieht in der Nutzung freier Werbemöglichkeiten wie Google-Adwords die gleiche Beeinträchtigung gegenüber einem Mitbewerber, wie wenn direkt auf dessen Homepage eigene Werbung geschaltet worden wäre, mit der Begründung, dass Euroweb durch die Werbung Dritter in seiner Online-Präsentation beeinträchtigt wäre. Dass es grundsätzlich Folge von Wettbewerb ist, Kunden von Mitwerbern für sich zu gewinnen (so schon BGH GRUR 1963, 197, 200) und es sogar zulässig ist, Kunden eines Mitbewerbers zur ordnungsgemäßen Vertragsauflösung zu bestimmen (vgl. BGH, Urteil vom 22.04.2004, Az. I ZR 303/01) hat das Gericht nicht berücksichtig. Vielmehr schützt es zugunsten von Euroweb die Adwords-Anzeigen im Sinne einer konkurrenzfreien und allein nutzbaren Werbezone.

Trotz der räumlichen Nähe ist eine solche Werbung aber nur dann unlauter, wenn durch die Anzeige auf potentielle Kunden eines Dritten derart eingewirkt worden wäre, dass diese die Anzeige als lästig empfunden hätten oder wenn der Zugang zu den Angeboten dieses Dritten durch diese Anzeige erschwert oder versperrt worden wäre, so dass ein potenzielle Kunde von seinem bereits gefassten Kaufentschluss abgehalten oder umgeleitet wird (zusammenfassend BGH GRUR 1960, 431).

Die Textanzeige hat in keiner Weise unseriöses über Euroweb verlauten lassen. Ein potenzieller Kunde, der im Übrigen eine kaufmännisch versierte Person ist,  lässt sich durch den Hinweis, dass Verträge von Euroweb auch wieder gekündigt werden können, kaum beeinflussen. Er wird jedenfalls soweit weiterforschen, dass jedenfalls nicht meine Anzeige der Hinderungsgrund für einen Vertragsabschluss mit Euroweb sein wird. Wer einmal den Begriff „Euroweb“ bei Google eingibt, kann sehen, dass Euroweb selbst die Ursache gesetzt hat, dass viele Kunden derzeit Ihre Verträge kündigen wollen. Die negativen Berichte in Zeitungen, Fernsehen oder Foren und Blogs überwiegen.
Vorgeworfen wurde mir zudem gegen Anwaltsrecht verstoßen zu haben. Solche Werbemaßnahmen hat glücklicherweise bereits das OLG München (NJW 2002, 902, 904) zugunsten der Rechtsanwälte entschieden. Jedenfalls wäre es schon merkwürdig, wenn Werbung unzulässig wäre, die auf die Kündigungsmöglichkeiten von Verträgen mit Euroweb hinweist. Als Anwalt möchte ich lediglich unzufriedenen Kunden helfen, sich angemessen und unter Beachtung der Rechtslage und derzeitigen Rechtsprechung von Euroweb zu lösen.

Apropos Rechtsprechung: Euroweb hat in letzter Zeit wieder Rechtsstreitigkeiten verloren. Das LG Düsseldorf hat eine Berufung abgewiesen, weil Euroweb bzw. deren Anwälte von Berger LAW nicht zum Termin erschienen (LG Düsseldorf, Versäumnisurteil vom 22.12.2011, Az. 21 S 204/10). Ebenfalls das LG Düsseldorf hat eine Klage von Euroweb komplett abgewiesen, weil die Endabrechnung bezüglich der von Euroweb vorgetragenen Personalkosten „betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbar“ wäre (LG Düsseldorf, Urteil vom 30.11.2011, Az. 33 O 73/11).

Auch wenn mir gegenüber offensichtlich versucht wird, keine Mandate mehr gegen Euroweb zu akquirieren, erkennen die Gerichte trotzdem für Recht. Bedanken möchte ich mich aber noch für die Abmahnung: Mein eigenes Interesse an Euroweb-Fällen hat sich damit erheblich gesteigert; insofern nehme ich mir auch die Zeit um in diesem Bericht zu berichten. Der Werbeeffekt wird im Übrigen durch die Veröffentlichung in verschiedenen Blogs und Foren um einiges höher sein als durch eine (zumal kostenpflichtige) Adwords-Kampagne. Danke Euroweb!

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