Kein Sonderkündigungsrecht des DSL-Anschlusses bei Umzug

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In Zeiten beruflicher Flexibilität kann man nicht immer vorhersehen, wie viel Zeit man an einem Wohnort verbringt. Gerade im Falle längerfristiger Verträge – wie z.B. DSL-Verträge, die häufig über zwei Jahre hinweg laufen – gehen viele Kunden davon aus, dass sie im Falle eines Umzugs ein Sonderkündigungsrecht haben. Dies insbesondere dann, wenn am neuen Wohnort die entsprechende Leistung aufgrund fehlender technischer Gegebenheiten nicht mehr erbracht werden kann.

Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass dies nicht der Fall ist (BGH vom 11.11.2010 – III ZR 57/20). Der Umzug des Kunden an einen Ort, wo der Vertragspartner einen DSL-Anschluss nicht herstellen kann, sei kein Grund für eine außerordentliche Kündigung (§§ 314, 626 BGB). Auch aus anderen Gesichtspunkten sei nicht ersichtlich, dass der Kunde von der Pflicht zur Leistung der geschuldeten Gebühren befreit werde. So komme kein Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 3 Satz 2 BGB) in Betracht, da grundsätzlich jede Partei ihre aus dem Vertrag ersichtlichen Risiken selber trage und ein Umzug in der Risikosphäre des Kunden liege. Der Kunde werde auch nicht aufgrund der Unmöglichkeit der Leistung (vertragsgemäßer DSL-Anschluss) vom Erbringen der Gegenleistung (Zahlung der geschuldeten Gebühren) befreit (§ 275 Abs. 1 BGB). Vielmehr könne das Unternehmen die Gegenleistung wegen § 326 Abs.2 Satz 1 BGB trotzdem verlangen, weil der Kunde für die Unmöglichkeit allein oder weit überwiegend verantwortlich sei.

Der BGH erklärt zunächst, dass er dazu neige, den Vertrag, durch den sich der Anbieter von Telekommunikationsleistungen verpflichte, einem Kunden den Zugang zum Internet herzustellen, als Dienstvertrag zu qualifizieren, ohne dies endgültig zu entscheiden.

Im Rahmen der Prüfung der Frage, ob ein Grund für eine außerordentliche Kündigung des DSL-Vertrages vorliege, sei Voraussetzung, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung beidseitiger Interessen nicht mehr zumutbar sei. Diese Voraussetzung verneint der BGH im Falle eines Umzugs. Folgende Gründe hat der BGH in seine Überlegungen einbezogen:

  • Umzug liege in Risikosphäre des Kunden, dieser trage bei längerfristigen Verträgen das Risiko, dass er aufgrund Änderungen der persönlichen Verhältnisse die Leistungen nicht mehr nutzen könne.
  • Hier sei zudem die Wahl einer längeren Laufzeit zu günstigeren Monatsgebühren anstelle einer ebenfalls möglichen kürzeren Laufzeit zu höheren Monatsgebühren erfolgt.
  • Kosten des Anbieters für die Überlassung von Geräten (Router, W-LAN-Stick) amortisieren sich bei niedrigen Grundgebühren regelmäßig erst während des zweiten Vertragsjahres.
  • Es sei allgemein bekannt, dass nicht an jedem Ort in Deutschland die technischen Voraussetzungen für DSL-Anschlüsse erfüllt seien, so dass der Kunde damit rechnen müsse, dass bei einem Umzug nicht sicher sei, dass der Anbieter seine Leistung weiter erbringen könne.

Damit ist nun höchstrichterlich entschieden, dass im Falle eines Umzugs entgegen der landläufigen Meinung kein Sonderkündigungsrecht für die Kunden besteht, wenn der Anbieter seine Leistung am neuen Wohnort aufgrund der technischen Gegebenheiten nicht erbringen kann. Für den Kunden bleibt nur die Wahl einer kürzeren Laufzeit zu meist höheren Gebühren oder die Hoffnung auf Kulanz des Anbieters.