Ausgangssperren wegen Corona rechtswidrig (Am Beispiel der Region Hannover)
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Die Ausgangssperre stellt einen direkten und sehr harten Grundrechtseingriff dar. Die Behörden haben in der Regel hierbei weder die Geeignetheit, noch die Erforderlichkeit noch die Angemessenheit beachtet. Auch ist die Allgemeinverfügung zu unbestimmt.
- Geeignetheit:
Die Maßnahme ist schon nicht geeignet, um das Infektionsgeschehen einzudämmen. Es gibt keinerlei Studien oder Belege hierfür, dass eine Ausgangssperre dazu beiträgt, dass das Infektionsgeschehen gesenkt wird, zumal die wenigsten Kontakte eben zu dieser „Sperrstunde“ von 22.00 Uhr – 05.00 Uhr stattfinden.
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- Erforderlichkeit:
Die Maßnahme ist auch nicht erforderlich. Die Infektionszahlen sind mittlerweile rückläufig, ebenso die Anzahl der Todesfälle und der Intensivmedizinbelegung. Ein einfaches Abstellen auf einen (zweifelhaften) Inzidenzwert ist rechtswidrig, da es nicht das gesamte Infektionsgeschehen erfasst. Insbesondere sind hierbei auch die Anzahl der Testungen und die Folgen für das Gesundheitssystem zu berücksichtigen. Dieses wird derzeit komplett außer Acht gelassen.
- Angemessen
Die Maßnahme ist nicht angemessen und berücksichtigt die gesamte Region Hannover in keiner Weise. Auch fand keinerlei Ermesse statt, da schlicht und einfach die Uhrzeit aus der Ermächtigungsgrundlage in voller Gänze genommen wurde, ohne zu prüfen, ob auch eine geringere Belastung möglich gewesen wäre. Hier wird unnötig der gesamte Zeitraum ausgenutzt, ohne jegliche Ermessensausübung.
Darüber hinaus kann eine Maßnahme im Ballungsgebiet der Stadt Hannover weniger unsinnig erscheinen, als in den ländlichen Regionen, wie auch am Wohnort des Antragstellers. Es ist völlig überzogen und unangemessen, wenn Bürger nach 22.00 Uhr nicht mehr das Haus verlassen dürfen, obgleich Fußgänger ab dieser Uhrzeit selten sind, insbesondere zwischen 22.00 Uhr und 05.00 Uhr morgens.
- Gleichheitsgrundsatz:
Die „triftigen Gründe“ für das Verlassen des Hauses nennen unter Anderem „Besuch von Gottesdienst und „ähnlicher religiöser Veranstaltungen“.
Die Religionsfreiheit steht unter dem besonderen Schutz, allerdings nicht höher als die Bewegungsfreiheit.
Die Freiheit der Person ist in Deutschland ein Grundrecht gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und Art. 104 Grundgesetz und bezeichnet die körperliche Bewegungsfreiheit. Die Freiheit der Person ist ein eigenes Grundrecht und grenzt sich zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG ab. Inhalt und Schutzbereich sind das Recht jedes Menschen, jeden zulässigen Ort seiner Wahl zu betreten, dort zu verbleiben und diesen zu verlassen, ohne durch die Staatsgewalt hieran behindert zu werden (körperliche Bewegungsfreiheit).
Insofern kann nicht nachvollzogen werden, dass Gottesdienste und „ähnliche religiöse Feste“ erlaubt sind, nicht aber Spaziergänge in ländlichen Regionen in der Freien Natur unter Einhaltung des Mindestabstandes.
Das Infektionsrisiko „an der Frischen Luft“ unter Einhaltung des Mindestabstandes ist kaum messbar, jedenfalls gibt es auch hierbei keinerlei Belege dafür, dass die Infektionen bei einem abendlichen/nächtlichen Spaziergang passieren und diese einen messbaren Einfluss haben.
Insofern hätte dies auch insofern eingeschränkt werden können und müssen, zum Einen in örtlicher Hinsicht unter Berücksichtigung der jeweiligen Bevölkerungsdichte in den einzelnen Regionen und zum Anderen hätten grundsätzlich einfach nur Verbote für Ansammlungen von mehr als einem Haushalt nach 22.00 Uhr in geschlossenen Räumen erlassen werden können, sofern es denn überhaupt sinnvoll erscheint,
Die Behörde hat daher nicht einmal dargelegt, welches Infektionsrisiko bei einem nächtlichen Spaziergang unter Wahrung des Mindestabstandes besteht.
Vielmehr wird der Einfachheit halber schlicht die gesamte Region Hannover „in einen Topf geworfen“, die Maximaldauer der Maßnahme aus der (rechtswidrigen) Rechtsgrundlage ohne Ermessensausübung abgeschrieben und rechtswidrig behauptet, die Maßnahmen seien ohne jegliche Alternative und wären hilfreich. Belege hierzu legt sie nicht vor.
Selbst wenn sie die Geeignetheit und Erforderlichkeit belegen könnte, wäre das angemessenere Mittel die Verpflichtung einer Mund-Nasenschutz-Bedeckung auch außerhalb geschlossener Räume. Das „Einsperren“ der Bürger ist die schärfste Maßnahme, die weder geeignet, noch erforderlich, insbesondere nicht angemessen ist.
Zur Verhältnismäßigkeit sei noch vorzutragen, dass es auch als milderes Mittel ausgereicht hätte, ab 22.00 Uhr den Besuch/Zusammenkunft mit einem weiteren Haushalt zu untersagen, möglicherweise dann noch mit der Verpflichtung des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung auch in nicht geschlossenen Räumen.
Warum ein einzelner Haushalt unter Wahrung des Mindestabstandes, möglicherweise noch mit Mund-Nansen-Schutz (als milderes Mittel als ein Ausgehverbot) sich nicht in nicht geschlossenen Räumen in Freier Natur aufhalten darf, noch dazu zu nächtlicher Ruhe- und Schlafenszeit, ist nicht zu vermitteln.
Bei weiteren Fragen oder wenn Sie bei diesem Fall Hilfe brauchen sollten, stehe ich Ihnen selbstverständlich jederzeit zur Verfügung, da unsere Kanzlei auch auf bundesweite Mandate ausgerichtet ist, ohne dass Ihnen dadurch Mehrkosten entstehen.
Falls Sie eine Rechtsschutzversicherung besitzen sollten, könnten wir eine kostenfreie Deckungsanfrage durchführen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hoffmeyer, LL.M.
Rechtsanwalt
Dass mehreren Hannoveranern der Widerspruch gegen die Ausgangssperre geglückt ist, habe ich mit Genugtuung den Medien entnommen. Allerdings hatten in etlichen anderen Städten und Landkreisen entsprechende Versuche weniger Erfolg. Woran lag das, an anders denkenden Richtern oder an einer abweichenden Ausgangssituation? Die Antwort interessiert mich auch im Hinblick auf die demnächst vielleicht kommende bundesweite Regelung, der ich dann ja ebenfalls unterworfen wäre und gegen die ich im Falle guter Widerspruchsaussichten vorzugehen in Betracht ziehen würde.