Die wichtigsten Fragen zur Prüfungsanfechtung

Mehr zum Thema: Verwaltungsrecht, Prüfungsanfechtung, Beurteilungsfehler, Verfahrensfehler, Berufsfreiheit, Anfechtung
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FAQ zur Anfechtung von Prüfungen: Abschlussprüfungen, Zwischenprüfungen, Leistungsbewertungen

1.) Was kann erreicht werden?

Es kann gegen das Nichtbestehen einer Prüfung mit dem Ziel vorgegangen werden, die Prüfung doch noch als bestanden werten zu lassen. Aber auch eine bestandene Prüfung kann bei einem Notenverbesserungswunsch angefochten werden, insbesondere dann, wenn man nur knapp unter der begehrten Punktzahl liegt. Gerade bei Juristen kommt es auf jede Nachkommastelle an. Aber auch in anderen Berufsgruppen kann die Note über den Fortgang des Studiums entscheiden.

2.) Woraus folgt, dass ich überhaupt anfechten darf?

Aufgrund der enormen Bedeutung von universitären bzw. staatlichen Prüfungen für das gesamte (Berufs-)Leben müssen derartige Prüfungen den Anforderungen von Art. 12 Abs. I GG [Berufsfreiheit] und Art. 3 Abs. I GG [Gleichheitsgrundsatz] standhalten.

3.) Was ist anfechtbar? Muss es eine Abschlussprüfung sein?

Die meisten Fälle von Prüfungsanfechtungen beziehen sich auf Abschlussprüfungen (Bachelor- und Masterprüfung, Staatsexamen und Staats- und Diplomprüfung). Allerdings können auch sonstige Prüfungen angefochten werden wie etwa vorgeschaltete Prüfungen in Grund- und Hauptstudium, Leistungsbewertungen in Praktika, Seminaren und Klausuren sowie Zwischenprüfungen. Auch „fortgeschrittene" Prüfungen wie Dissertationen, Promotionen oder Habilitationen sind anfechtbar. Die Prüfung muss überdies nicht zwingend schriftlich erfolgt sein; auch mündliche Prüfungen lassen sich anfechten.

4.) Welche Anfechtungsgründe gibt es? Wann ist eine Anfechtung sinnvoll?

Fehler, die bei jeder Prüfung unterlaufen können, lassen sich grundsätzlich in Verfahrens- und Beurteilungsfehler unterteilen.

Bei Verfahrensfehlern ist die Quote für eine erfolgreiche Anfechtung sehr hoch. Zu solchen Fehlern gehören insbesondere:

  • Unzumutbare Prüfungsbedingungen wie (Bau-)Lärm oder Hitze / Kälte
  • Befangenheit des Prüfers, v.a. bei mündlichen Prüfungen

Hierbei ist zu beachten, dass diese Mängel in der Regel unverzüglich gerügt werden müssen. Eine nachträgliche Berufung darauf, dass es z.B. während der Prüfung zu laut gewesen sei, ist grundsätzlich nicht mehr möglich. An dieser Stelle sollte der Prüfling sich daher vor der Prüfung über seine Mitwirkungspflichten unbedingt informieren.

Zu den Beurteilungsfehlern gehören z.B.:

  • Willkür
  • sachfremde Erwägungen
  • Verletzung allgemeingültiger Bewertungsmaßstäbe
  • unrichtiger Sachverhalt wird zugrunde gelegt
  • unangebrachte oder gar aggressive Randbemerkungen
  • der Erwartungshorizont wird nicht dargelegt
  • Antworten werden als „falsch" bewertet, obwohl die Antwort des Prüflings vertretbar ist
  • Ausführungen werden nicht beachtet, wenn ein bestimmtes Schlagwort fehlt, obwohl die „richtige" Antwort aus einer schlüssigen Argumentation durchaus erkennbar ist
  • negative Abweichung eines Votanten vom Erstvotanten, die nicht oder nur unzureichend begründet ist (v.a. dann, wenn die Zweitkorrektur dazu führt, dass die Prüfung als „nicht bestanden" gilt)

5.) Mit welchen Kosten muss ich rechnen?

Grundsätzlich wird gesetzlich nach der Vergütung für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG) abgerechnet. Allerdings sind Prüfungsanfechtungen sehr einzelfallorientiert. Je nach Aufwand variieren daher die Kosten, denn es hängt stark davon ab, ob nur eine Klausur oder sämtliche Prüfungsleistungen überprüft und angefochten werden sollen. Eine Lektüre der gesamten Klausur mit dazugehöriger Beurteilung des Korrektors ist hierbei unerlässlich. Aufgrund des womöglich hohen Zeitaufwands wird daher oft eine Honorarvereinbarung getroffen.

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