Keine Studienplatz zum Wunschstudium erhalten? So funktioniert eine Studienplatzklage

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Wintersemester 2012/2013

Studienplatzklage – Ein Überblick

A. Einführung

Wie jedes Jahr werden tausende von Bewerbern daran gehindert, das Wunschstudium zu beginnen. In den sog. „harten" Studienfächern wie Humanmedizin, Zahnmedizin, Tiermedizin, Psychologie, und Pharmazie zeigt sich der Verlauf der vergangenen Semester, dass eine Bewerbung immer schwieriger wird und zahlreiche Hürden zu nehmen sind. Die Aussetzung der Wehrpflicht und doppelte Abiturjahrgänge verschärfen die Vergabe von Studienplätzen und sorgen mehr oder weniger für ein Vergabechaos an den deutschen Hochschulen.

In jüngster Zeit werden über die Hälfte der zu vergebenden Studienplätze nach den Auswahlkriterien der einzelnen Hochschulen vergeben. Dabei spielt die Abschlussnote des Abiturs eine zentrale Rolle. Dadurch erhöht sich der Druck auf die Bewerber mit einer "schlechten" Abiturnote. Konsequenz ist, dass die Wartezeit als Kriterium für die Vergabe von Studienplätzen abgewertet wird. Da zudem auch die Auswahlverfahren immer härteren Anforderungen unterlegen, steht eine Großzahl von jungen Menschen ohne einen Studienplatz da. Letzter Ausweg ist in diesen Fällen eine gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs auf den gewünschten Studienplatz. Hier kommt die Studienplatzklage zum Einsatz.

Die Studienplatzklage ist ein juristisches Instrument den grundgesetzlich verankerten freien Zugang zu den Ausbildungseinrichtungen aus Art. 12 Abs. 1 GG zu ermöglichen. Das Grundgesetz garantiert in Art. 12 Abs. 1 S. 1 allen Deutschen die freie Wahl der Ausbildungsstätte. Aufgrund des allgemeinen Gleichbehandlungsgebots des Art. 18 AEUV gilt Art. 12 Abs. 1 GG auch für alle Bürger anderer EU-Staaten.

Der nachfolgende Leitfaden gibt einen Überblick über das rechtliche Instrument der Studienplatzklage.

I. Das Bewerbungs- und Vergabeverfahren

1. Bewerbung

Jeder Abiturient, der sein Wunschstudium aufnehmen möchte, muss sich zunächst ordnungsgemäß bewerben. Bei den sog. harten Studienfächern wie Human-, Zahn- und Tiermedizin sowie Pharmazie erfolgt die Bewerbung über die Stiftung für Hochschulzulassung. Bei den übrigen Studienfächern erfolgt die Bewerbung grundsätzlich an den Hochschulen selbst. Für den Bewerber ist es dabei überaus wichtig sich rechtzeitig und mit allen erforderlichen Unterlagen bei der jeweiligen Universität oder bei der Stiftung für Hochschulzulassung zu bewerben. Werden die Bewerbungsfristen versäumt, scheidet der Bewerber bei der Vergabe von freien Studienplätzen aus.

2. Der außerkapazitäre Zulassungsantrag

Die Bewerbung bei der Hochschule oder bei der Stiftung für Hochschulzulassung alleine reicht jedoch nicht aus, wenn die Studienplatzklage vorangetrieben werden soll. Der außerkapazitäre Zulassungsantrag richtet sich auf die Studienplätze, die seitens der Universität nicht vorgesehen sind. Dieser Antrag ist an besondere Form- und Fristerfordernisse gebunden. Wird dieser Antrag nicht form- und fristgerecht gestellt, ist ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht unzulässig.

3. Der Ablehnungsbescheid

Bekommt der Bewerber einen Ablehnungsbescheid, so muss er dagegen den entsprechenden Rechtsbehelf einlegen. Ob Widerspruch oder Klage eingereicht werden muss, hängt vom jeweiligen Bundesland ab. Auch hier dürfen die vorgegebenen Fristen nicht versäumt werden.

 

II. Die Studienplatzklage

Streng formal gesehen ist der Begriff der Studienplatzklage falsch. Ein Klagverfahren würde in der ersten Instanz häufig ein bis zwei Jahre dauern. Damit wäre dem Studienplatzbewerber nicht geholfen. Daher wird im Bereich des Hochschulzulassungsrechts ein gerichtliches Eilverfahren eingeleitet, welches in den meisten Fällen zügig entschieden wird.

1. Voraussetzungen des Eilverfahrens vor dem Verwaltungsgericht

Für das Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht gibt es insgesamt zwei prozessuale Voraussetzungen, die für einen erfolgreichen Prozess erfüllt sein müssen.

Der Anordnungsgrund bedeutet, dass ein Eilbedürfnis vorliegen muss. Dieses liegt in den zulassungsbeschränkten Studiengängen unproblematisch vor. Dies setzt jedoch voraus, dass der Eilantrag spätestens zum bzw. kurz nach Vorlesungsbeginn gestellt wird. In der Regel empfiehlt es sich jedoch, den Eilantrag frühzeitig zu stellen, d.h. sobald der Ablehnungsbescheid vorliegt.

Problematisch wird die Eilbedürftigkeit jedoch dann, wenn der Studienbewerber bereits einen Studienplatz besitzt, jedoch nicht am gewünschten Studienort. Gleiches gilt für den Umstand, dass ein Studienplatz an einem anderen Ort mit dem jeweiligen Notendurchschnitt bei regulärer Bewerbung erhalten würde. Auch für den Fall, dass der Bewerber bereits mehrere Hochschulen gerichtlich in Anspruch genommen hat und eine Zusage an einem Studienort bekommt, wären alle übrigen Anträge bereits prozessual unzulässig. Doch auch hier bestehen Möglichkeiten das bzw. die Verfahren zu Gunsten des Studienbewerbers positiv zu beeinflussen.

Soweit die Eilbedürftigkeit bejaht worden ist, muss daneben auch ein sog. Anordnungsanspruch vorliegen. Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens muss sich dann herausstellen, dass zusätzliche Studienplätze vorhanden sind, die im regulären Vergabeverfahren nicht vorhanden waren. Zum einen ergibt sich die Kapazität aus dem „Lehrangebot" und der „Lehrnachfrage". Die Details hierzu lassen sich in den einzelnen Kapazitätsverordnungen der Bundesländer finden. Darüber hinaus spielt der sog. „Curricularnormwert" eine Rolle. Dieser bemisst sich nach dem Ausbildungsaufwand des jeweiligen Studienganges. So ist beispielsweise der Studiengang Humanmedizin betreuungsintensiver als Sozialwissenschaften, so dass der Studiengang Humanmedizin einen deutlich höheren CNW als der Studiengang Sozialwissenschaften hat. Beide Werte sind für das Gerichtsverfahren von entscheidender Bedeutung und können im Einzelfall zu einer Vergabe von weiteren Studienplätzen führen.

Eine weitere Möglichkeit für den Studienplatzbewerber besteht in der Möglichkeit, mit den Hochschulen einen „Zulassungsvergleich" abzuschließen. Dies wird oftmals dann seitens der Hochschule in Erwägung gezogen, wenn der Aufwand bezüglich der gerichtlichen Darlegung für die Erschöpfung der Kapazitäten für die Hochschulen zu hoch ist. Insbesondere bei kleineren Studiengängen scheuen die Hochschulen den erheblichen Prozessaufwand und sorgen mittels des Vergleiches für eine Deeskalation.

2. Erfolgsaussichten

Zuverlässige Aussagen über den Ausgang einer Studienplatzklage sind fast unmöglich zu treffen. Vielfältige Faktoren verändern die Erfolgsaussichten von Semester zu Semester. Insbesondere hängen die Erfolgsaussichten davon ab, wie viele andere Studienplatzbewerber ebenfalls den Klageweg bestreiten. Auch die eigene Abiturnote und die Anzahl der eigenen Wartesemester üben ebenfalls Einfluss auf die Erfolgsaussichten aus. Wenn weitere Studienplätze durch das Gericht festgestellt werden, ist zu fragen, ob die Plätze mittels Losverfahren, nach Abiturnote oder Wartezeit vergeben werden.

Generell kann man jedoch feststellen, dass bei kleineren Studiengängen die Erfolgsaussichten relativ gut sind. Im Bereich der Humanmedizin und der Zahnmedizin bietet es sich inzwischen an, mehrere Hochschulen zu verklagen, um die Erfolgsaussichten zu erhöhen.

3. Anwaltliche Vertretung

Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass eine anwaltliche Vertretung sinnvoll ist. Da sich inzwischen auch einige Hochschulen durch einen Anwalt vertreten lassen, gebietet es schon das Prinzip der Waffengleichheit einen spezialisierten Anwalt zu beauftragen. Einer der Hauptgründe, warum sich die Hochschulen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, ist der Kostenfaktor. Sobald auf der Gegenseite ein Anwalt eingeschaltet wird, erhöhen sich die Gesamtkosten einer Studienplatzklage. Dieser Abschreckungseffekt ist gewollt, führt jedoch aber auch dazu, dass sich bei weniger Antragsstellern die Chancen auf einen Studienplatz erhöhen, wenn am Ende des gerichtlichen Verfahrens per Losverfahren über die zusätzlich berechneten Studienplätze entschieden wird. Auch aus organisatorischen Gründen bietet sich die Beauftragung an. Der Studienbewerber sollte die jeweiligen landes- und hochschulspezifischen Frist- und Formvorschriften nicht unterschätzen, sondern auch strikt beachten. Wird beispielsweise die Frist für den außerkapazitären Zulassungsantrag versäumt, ist ein einstweiliges Anordnungsverfahren vor dem Verwaltungsgericht unzulässig.

4. Kosten

Die Gesamtkosten einer Studienplatzklage setzen sich aus den Kosten der anwaltlichen Beauftragung, den Gerichtskosten, den Kosten eines Anwalts der jeweiligen verklagten Hochschule, den Auslagen der Hochschule und den Kosten des Verwaltungsverfahrens. Die Höhe der Gebühren der Rechtsanwälte hat der Gesetzgeber im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt. Die Höhe der Anwaltskosten hängt vom sog. Streitwert ab, den die Gerichte für das einstweilige Anordnungsverfahren und einer Klage im Hauptsacheverfahren festsetzen. Je nach Bundesland variieren die Streitwerte zischen EUR 2.500,00 bis EUR 5.000,00. Diese Streitwerte zahlt natürlich nicht der der Studienplatzbewerber. Die Streitwerte bilden lediglich eine Grundlage, anhand derer die Anwaltsgebühren berechnet werden. Im Zuge der anwaltlichen Beratung sollte das Thema Kosten unbedingt aufgegriffen werden, da die Gesamtkosten neben dem Anwaltshonorar vom jeweiligen Verfahrensablauf abhängt und je nach Bundesland und Hochschule die (prozessuale) Entwicklung unterschiedlich ausfallen kann.

B. Zusammenfassung

Auch wenn es wieder zu Rekordbewerbungen zum Wintersemester 2012/2013 an deutschen Hochschulen kommen wird, bleibt das Recht auf Bildung aus Art. 12 I GG nach wie vor bestehen und sollte notfalls gerichtlich durchgesetzt werden. Jedes Wartesemester führt zwar zu einer Verbesserung der Chancen bei einer erneuten Bewerbung. Die dadurch entstehenden Kosten dürften im Allgemeinen langfristig höher als die Kosten einer Studienplatzklage sein. Unabhängig vom Kostenfaktor sollte auch der Zeitfaktor in Erwägung gezogen werden. Insbesondere dann, wenn der gewünschte Studiengang nur im Wintersemester angeboten wird. Studienplatzklagen bieten sich jedoch auch für Lehramtsstudenten, die einen Wechsel ihrer Fächer anstreben. Auch Zweitstudienbewerber sowie Quereinsteiger und abgelehnte Bewerber bei einem Auswahlverfahren können eine Studienplatzklage in Anspruch nehmen.