Verstärkte Kontrolle von Luftverkehrsprognosen und Bedarfszahlen
Mehr zum Thema: Verwaltungsrecht, Nachtflüge, Fluglärm, Flughafen, MünchenIst eine unbestimmte Zulassung von Nachtflügen möglich?
Von Rechtsanwalt Matthias Möller-MeineckeSachverhalt
Mehrere Gemeinden und private Grundeigentümer in der Umgebung des Flughafens München haben im Streit um die Genehmigung der neuen Nachtflugregelung für den Flughafen aus dem Jahr 2001 einen Teilerfolg errungen. Im Gegensatz zur alten Regelung enthält die Neuregelung keine zahlenmäßige Begrenzung der Nachtflugbewegungen mehr. Dies hat zur Folge, dass sich der Fluglärm insbesondere in den Tagesrandstunden (22.00 bis 23.30 Uhr, 5.00 bis 6.00 Uhr) erheblich erhöhen wird. Dagegen setzen sich die Kläger vor allem aus Gründen des Gesundheits- und des Eigentumsschutzes zur Wehr. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat ihre Klagen abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dieses Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Überprüfung der Nachtflugregelung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Verkehrsprognosen und Bedarfszahlen, welche die neue Nachtflugregelung nach Ansicht des beklagten Freistaates rechtfertigen, nicht hinreichend überprüft habe. Der Verwaltungsgerichtshof habe deshalb auch nicht abschließend beurteilen können, ob die Lärmschutzbelange der Kläger ihrem Gewicht entsprechend mit den öffentlichen Verkehrsinteressen und den wirtschaftlichen Interessen der Flughafenbetreiber gerecht abgewogen worden seien. Der Verwaltungsgerichtshof wird nun zu prüfen haben, ob die vom Freistaat angeführte erhebliche Steigerung des Nachtflugbedarfs auf abgesicherten Prognosen beruht oder ob die neue Nachtflugregelung eine verfrühte und deshalb unzulässige "Vorratsplanung" darstellt.
BVerwG 4 C 18.03 – Urteil vom 20. April 2005
Wirkung für die Praxis
Die Entscheidung fordert von der Planfeststellungsbehörde und ihr nachfolgend von der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle des Planfeststellungsbeschlusses eine sorgfältigere Überprüfung der vom Flughafenbetreiber vorgelegten Luftverkehrsprognosen und Bedarfszahlen, soweit die Zulassungsentscheidung den Anwohnern zusätzlichen Fluglärm zumutet. Das ist eine wichtige Korrektur. Dadurch wird die sachverständige Ermittlung der Basisdaten für die zukünftige Entwicklung insbesondere des Nachtflugbedarfs und die fachliche Methodik der Prognose einer verstärkten Kontrolle unterliegen. Beschränkt der Flughafenbetreiber den zeitlichen Horizont seiner Prognose auf die üblichen zehn Jahre ab Planungsbeginn, dann darf auch zu den besonders lärmsensiblen Nacht- und Tagesrandzeiten kein rechtlich unbestimmtes "Polster" für eine diese Dekade überschreitende Kapazitätsentwicklung in der Planfeststellung genehmigt werden. Konkret sind wohl die Zahl der Flüge in den besonders lärmsensiblen Nacht- und Tagesrandzeiten präzise zu bestimmen. Dies ist ein Schritt auch zu mehr Lärmschutz.
Matthias Möller-Meinecke, Rechtsanwalt
http://www.Moeller-Meinecke.de
Grundrechte, Verfassung Lärmschutz gegen Nachtflüge