BVG hebt Versammlungsverbot von Rechtsextremisten auf

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Verfassungshüter bemängeln die allgemeine Begründung des Verbots und Verstoß gegen die Verhältnismäßigkeit

BVG hebt Versammlungsverbot von Rechtsextremisten auf

Das Bundesverfassungsgericht hat Ende März eine Kundgebung von Rechtsextremisten im deutsch-niederländischen Grenzgebiet unter Auflagen gestattet. Es hob das vorherige Verbot der Versammlungsbehörde per einstweiliger Anordnung auf. Der Aufmarsch konnte daher am 24. März unter dem Thema "Gegen die Kriminalisierung nationaler Deutscher und Niederländer - Gemeinsamer Protestmarsch" in Herzogenrath stattfinden. (Az 1 BvQ 13/01)

Der Plan der Organisatoren sah vor, dass der Aufzug nach einer Auftaktkundgebung in Herzogenrath auf niederländischem Gebiet weitergeführt werden sollte. Die Abschlusskundgebung sollte wieder in Herzogenrath stattfinden. Als Hilfsmittel der Versammlung gaben die Antragssteller Landsknechtstrommeln, schwarze Fahnen, Transparente, Trageschilder, bis zu sechs Handlautsprecher sowie einen Lautsprecherwagen an.

Die Behörde berief sich bei ihrem Verbot auf § 15 Versammlungsgesetz mit der Begründung, es seien Straftaten zu erwarten. Der Aufzug würde viele Bürger an den Einmarsch der Deutschen Wehrmacht 1940 erinnern, dies stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung dar. Die angemeldete Versammlung habe ein nationalsozialistisches Gepräge, da das Datum der Versammlung das Datum der eigentlichen Machtergreifung Adolf Hitlers sei. Das Verwaltungsgericht Achen und das Oberverwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen als höhere Instanzen schlossen sich der Argumentation an und bestätigten das Verbot.

Nicht so das Bundesverfassungsgericht. Die Richter hoben die Anordnung der sortigen Vollziehung des Verbots auf und ermöglichten so die Durchführung der Veranstaltung. Weder die Versammlungsbehörde noch die Gerichte hätten hinreichend dargelegt, dass eine Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts aus der Versammlung zu erwarten sei, so die Verfassungshüter. Die Überschreitung der "Schwelle zur Strafbarkeit" müsse drohen, ansonsten seien Meinungsäußerungen durch die Meinungsfreiheit in Art. 5 GG gedeckt. Wenn Straftaten wie etwa die Volksverhetzung oder Verunglimpfung des Staates zu erwarten seien, wäre zwar die öffentliche Sicherheit gefährdet, eine entsprechende Gefahr gehe aber aus dem Verbot der Behörde und ihrer Begründung nicht hervor. Allein die Feststellung, die Erfahrung zeige, dass es bei entsprechenden Veranstaltungen immer wieder zu Straftaten komme, reiche nicht und stehe ohne hinreichend konkreten Bezug zu der von dem Antragsteller geplanten Veranstaltung.

Die Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG schützt Aufzüge, aber keine Aufmärsche mit paramilitärischem oder sonst wie einschüchterndem Charakter. Das Bundesverfassungsgericht ließ dahinstehen, ob dies bei der konkreten Veranstaltung der Fall war, jedenfalls sah es das Verbot als unverhältnismäßig an. Der Gefahr für die öffentliche Sicherheit bzw. für die Begehung von Straftaten hätte auch durch ein milderes Mittel vorgebeugt werden können, namentlich durch die Verhängung von Auflagen. Dies umso mehr, als die Antragssteller selbst angaben, für "Auflagen offen zu sein".

Die Versammlungsbehörde hatte am 15. März das Verbot der Versammlung ausgesprochen und gleichzeitig die sofortige Vollziehung angeordnet. Mit der "sofortigen Vollziehung" wird verhindert, dass Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung haben, weshalb die Demonstranten sich im Schnellverfahren bis zum Bundesverfassungsgericht hangelten, um die Demonstration noch am geplanten Datum durchführen zu können. Das Verfassungsgericht ordnete dann auch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung an.

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