Streit um Anerkennung der Zeugen Jehovas geht in die nächste Runde

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Der Streit um die Anerkennung der Zeugen Jehovas als Körperschaft des öffentlichen Rechts entwickelt sich zum juristischen Marathon. In seinem heute verkündeten Urteil hob das Bundesverwaltungsgericht eine Entscheidung des Berliner Oberverwaltungsgerichts auf, in der der Religionsgemeinschaft diese Rechte zuerkannt worden waren. Der Fall wird nun an die Vorinstanz zurückverwiesen, die prüfen soll, ob die Zeugen Jehovas deutlich in die Grundrechte besonders von Kindern und Familien eingreifen.

Die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas hatte beim Land Berlin 1990 die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts beantragt, was vom Berliner Senat jedoch unter anderem mit dem Hinweis darauf versagt wurde, die Zeugen Jehovas lehnten den Staat "als Bestandteil der Welt Satans ab" und würden an staatlichen Wahlen nicht teilnehmen. Mit dem von den Zeugen Jehovas begehrten Körperschaftsstatus sind für eine Religionsgemeinschaft besondere Vorteile verbunden, z.B. das Recht, Kirchensteuer bei den Mitgliedern einzuziehen oder die Möglichkeit, Vertreter in den Rundfunkrat zu entsenden.

Nachdem Klagen der Zeugen Jehovas auf Anerkennung der Körperschaftsrechte beim Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht Erfolg hatten, lehnte das Bundesverwaltungsgericht 1997 einen derartigen Anspruch mit der Begründung ab, die Religionsgemeinschaft würde mit ihrer ablehnenden Haltung gegenüber staatlichen Wahlen im Widerspruch zu einem der grundlegenden Prinzipien der deutschen Demokratie stehen. Diese Entscheidung hatte das Bundesverfassungsgericht jedoch mit Urteil vom 19. Dezember 2000 aufgehoben. Die Zeugen Jehovas müssten sich dem Staat gegenüber zwar loyal verhalten, das Verbot der Teilnahme an Wahlen allein könne die Verweigerung der Körperschaftsrechte jedoch nicht rechtfertigen. Vielmehr sei im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu prüfen, ob die Zeugen Jehovas deutlich in Grundrechte Dritter eingreifen.

Das Bundesverwaltungsgericht trug nun in seinem heutigen Urteil diesen Maßstäben Rechnung, indem es den Rechtsstreit mit der Begründung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwies, die bisher getroffenen Feststellungen bezüglich der Frage nach der Beachtung der Grundrechte durch die Zeugen Jehovas seien nicht ausreichend. Insbesondere mit Blick auf die Erziehungspraktiken der Zeugen Jehovas sei zu klären, ob die Religionsgemeinschaft aktiv darauf hinarbeite, dass Austrittswillige aus der Familie herausgedrängt oder der Kontakt von Kindern zu ihren Eltern erschwert würde.

Damit liegt es nun am Oberverwaltungsgericht Berlin, das jahrelange Tauziehen um den Rechtsstatus der Zeugen Jehovas zu einem Abschluss zu bringen.

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