Amazon unter verschärfter Missbrauchsaufsicht des Bundeskartellamts
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Das Bundeskartellamt (BKartA) erweitert seine beiden laufenden Prüfverfahren gegen den E-Commerce Giganten Amazon um die Anwendung des neuen § 19a GWB. Mittels dieses kartellrechtlichen Instrumentes ist es den Wettbewerbshütern nun möglich, potenziell missbräuchliche Geschäftspraktiken des Internethändlers zu untersagen.
Amazon: Marktübergreifende Bedeutung durch „digitales Ökosystem"
Im Juli hatte das BKartA nach einem gut einjährigen Prüfverfahren den US-Konzern mitsamt seinen zahlreichen Tochtergesellschaften bereits als „Unternehmen mit marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb" klassifiziert. Ausschlaggebend für diese Einordnung war – neben der enormen Finanzkraft des Unternehmens – dessen hybride Struktur als Einzelhändler, Online-Markplatz und Anbieter von Hosting- und Streaming-Diensten in Einem.
seit 2008
Mithilfe dieses „digitalen Ökosystems" würde der Konzern Händler und Endverbraucher derart an sich binden, dass diese Angebote anderer Wettbewerber nicht oder kaum noch nutzen würden, so die Wettbewerbshüter. Amazon legte dagegen umgehend Beschwerde beim Bundesgerichtshof ein. Bis dieser ein abweichendes Urteil fällt, hat das Ergebnis des wettbewerbsbehördlichen Prüfverfahrens jedoch Bestand.
Neues Aufsichtsinstrument ermöglicht effektiveres Eingreifen im E-Commerce
Die ergangene Einstufung Amazons als „Unternehmen mit marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb" war Voraussetzung für die nun veranlasste „erweiterte Missbrauchsaufsicht" nach §19a des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB).
Mit diesem erst im Januar 2021 in Kraft getretenen Aufsichtsinstrument des Wettbewerbsrechts ist es dem BKartA möglich, früher und effektiver regulierend einzugreifen, falls aus der wirtschaftlichen Machtposition eines Unternehmens schwere Schäden für den Wettbewerb drohen. Auf Grundlage der Vorschrift kann einem Unternehmen etwa untersagt werden, bei der Zugangsvermittlung zu Absatzmärkten die eigenen Angebote gegenüber denen von Wettbewerbern bevorzugt zu behandeln oder Mitbewerber auf anderen Absatzmärkten durch bestimmte Geschäftspraktiken auch nur mittelbar zu behindern.
Amazon ist mächtiger Mitbewerber auf eigenem Marktplatz
Die beschlossene Erweiterung der Missbrauchsaufsicht gilt für zwei laufende Missbrauchsverfahren der Bundesbehörde gegen den US-Konzern. In diesen werde untersucht, „ob und wie Amazon die Geschäftschancen von Händlern, die im Wettbewerb zu Amazons eigenem Handelsgeschäft auf dem Amazon-Marktplatz tätig sind, beeinträchtigt", so der Präsident des BKartA, Andreas Mundt.
Kaufpreis-Algorithmen & „Brandgating" – in Einklang mit Wettbewerbsrecht?In dem ersten Verfahren untersucht das BKartA die von Amazon konkret eingesetzten Algorithmen zur Preissetzungskontrolle. Diese Algorithmen stehen im Verdacht, Angebote von Dritthändlern schwerer auf dem Amazon-Marktplatz auffindbar zu machen als solche von Amazon selbst.
Das zweite Verfahren hat das sogenannte „Brandgating" zum Gegenstand. Dieses betrifft Abreden zwischen einem Hersteller und Amazon über exklusive Verkaufsrechte eines Händlers bezüglich bestimmter Produkte. Dieser eingeschränkte Zugang zum Produktkatalog könnte eine unangemessene Benachteiligung von Dritthändlern darstellen.
Tech-Riesen zunehmend im Fokus der verschärften Missbrauchsaufsicht
Mit den neuen Befugnissen des §19a GWB solle gerade auch eine solche weitreichende Regelsetzungsmacht eingegrenzt werden, wie sie mit Amazons Schlüsselposition im E-Commerce für den Amazon-Marktplatz einhergehe, so Präsident Mundt.
Auch gegen konkrete Verhaltensweisen der Tech-Riesen Google, Facebook und Apple laufen beim BKartA derzeit Prüfverfahren im Rahmen der Missbrauchsaufsicht.
Das Bundeskartellamt nahm zuvor eine überragende marktübergreifende Bedeutung bereits auch bei den Digital-Riesen Alphabet/Google und bei Meta/Facebook rechtskräftig an (siehe Pressemitteilungen vom 5. Januar 2022 bzw. vom 4. Mai 2022). Auf Basis der neuen Vorschriften laufen hier bereits Kartellverfahren, die sich gegen konkrete Verhaltensweisen richten, so gegen Google/Alphabet (siehe Pressemitteilungen vom 21. Juni 2022, vom 4. Juni.2021 bzw. 12. Januar 2022 und 25. Mai 2021), Meta/Facebook (siehe Pressemitteilung vom 28. Januar 2021) und Apple (siehe Pressemitteilung vom 14. Juni 2022).
Somit werden die Verhaltensweisen der großen Digitalkonzerne effektiv und zielgerichteter auf vorliegende Kartellverstöße untersucht. Ergebnisse bleiben abzuwarten.
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