Die "reklamehafte Übertreibung"

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Weißer als weiß - warum darf Werbung unwahr sein?

Ein Wisch, und tagelang eingetrocknete Speisereste weichen strahlendem Glanz. Ein Waschgang, und der Dreck einer ganzen Fußballmannschaft löst sich in duftender Reinheit auf.

Der Griff zum Produkt, schnell ausprobiert beim nächsten Fest: Was folgt, ist meist mühsames Schrubben. Und die Erkenntnis: Strahlender Glanz mit einem Wisch? Gibt es nicht.

Warum dann dürfen Hersteller mit solchen Aussagen werben? Ist es nicht schlicht gelogen, Maschinenöl ließe sich mit einem Waschgang unsichtbar machen?

Was in der Werbung erlaubt ist und was nicht, findet sich im Wesentlichen in § 5 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, kurz UWG. Danach handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt. Das Gesetz hilft sogar bei der Definition des Begriffes der irreführenden geschäftlichen Handlung. Nach Satz 2 des ersten Absatzes der Norm ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben unter anderem über wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile und Risiken (…) enthält.

Ein Schelm, wer nun denkt, dass passe doch. Er werde doch durch solch maßlos übertreibende Werbung an der Nase herum geführt. Weit gefehlt, denn:

Umgekehrt wird ein Schuh draus. Selbst schuld, wer sich reinlegen lässt. Der Durchschnittsverbraucher wird doch erkennen, dass kein Produkt zu solch zauberhaften Leistungen fähig ist!

Zum rechtlichen Hintergrund:

Nach der Rechtsprechung der Unter- und Obergerichte wie auch des BGH greift das UWG nicht ein bei sogenannten „reklamehaften Übertreibungen“. Werde eine Anpreisung auf den ersten Blick als nicht ernstgemeinte Übertreibung ohne jeden sachlichen Hintergrund erkannt, so sei sie nicht geeignet, das Publikum irrezuführen (OLG Schleswig, Urteil vom 05.02.2002 - 6 U 64/01). Der durchschnittlich informierte, situationsadäquat aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher werde erkennen, wenn es sich bei einer Werbeaussage um eine reklamehafte Übertreibung handele (KG, Beschluss vom 03.08.2010 - 5 W 175/10).

Im Kern fehlt es bei den übertreibenden Werbeaussagen also an dem Merkmal der „Irreführung“.

Bei Anpreisungen, deren Inhalt zwar ganz oder teilweise objektiv nachprüfbar sei, die der Verkehr aber als reklamehafte Übertreibungen werte, fehle es an einer Irreführung, soweit der Verkehr die Angaben als Tatsachenbehauptung nicht ernst nehme (Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Auflage, § 5 Rn. 2.127).

So wurde der Slogan "Wir können nur billig - und die größte Auswahl der Welt. Mindestens." eines bekannten Elektromarktes trotz fehlender Feststellung der Wahrheit dieser Aussage als zulässig erachtet, weil er eine „groteske Übertreibung“ dastelle (OLG Schleswig, a.a.O.) und damit nicht in die Irre führen könne.

Zwar sei bei der Annahme, dass eine objektiv nachprüfbare Werbeangabe nicht ernst genommen werde, Zurückhaltung geboten. Wenn sie auf ein bestimmtes Erzeugnis hinweise, werde sie eher als ernst zu nehmende Aussage aufgefasst (OLG Stuttgart, Urteil vom 15.04.1988 - 2 U 261/87). So musste ein anderer Elektromarkt die Werbung mit der Angabe „Preisknüller des Jahres“ unterlassen.

Diese nicht zuletzt auch verbraucherfreundliche Auffassung scheint aber zumindest in der Wasch- und Spülmittelwerbung nicht zu gelten.

So werden wir wohl weiter gequält mit Werbespots aus heilen Welten, in denen Feen mit weißen Pulvern Wunder vollbringen.

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