OLG Jena: Unterlassungserklärung mit unbestimmter Vertragsstrafe

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Beschluss vom 20. Juli 2011

Das OLG Jena hat mit einem Beschluss vom 20. Juli 2011 entschieden, dass einer Unterlassungserklärung die erforderliche Ernsthaftigkeit fehlt, wenn die vom Gläubiger vorgeschlagene betragsmäßig feste Vertragsstrafe vom Schuldner ersatzlos gestrichen wird, so dass sich die Erklärung darauf beschränkt, für jeden Fall der Zuwiderhandlung „… eine Vertragsstrafe …“ zu zahlen. Eine solche Erklärung genüge nicht zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr (OLG Jena Beschl. v. 20. Juli 2011 – 2 W 343/11).

Ausgangspunkt der Entscheidung war eine Abmahnung der Klägerin wegen eines Wettbewerbsverstoßes der Beklagten. Dieser Abmahnung war – wie in der Praxis üblich – eine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt, die für jeden Fall der Zuwiderhandlung

     „ … eine Vertragsstrafe in Höhe von € 5.001,00 …“

vorsah. Die Beklagte änderte die Formulierung dahingehend um, dass sie lediglich bereit war, für jede Zuwiderhandlung

     „… eine Vertragsstrafe …“

zu zahlen. Nach Ansicht des OLG Jena weise eine solche Formulierung nicht die erforderliche Ernsthaftigkeit auf, um die durch den unstrittigen Wettbewerbsverstoß indizierte Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Der Abgemahnte müsse zwar eine Verpflichtung zur Zahlung einer festen Vertragsstrafe in einer vom Abmahner vorgeschlagenen Höhe nicht in jedem Fall akzeptieren. Er kann vielmehr einerseits auch eine andere – niedrigere – Vertragsstrafe versprechen, deren Höhe in Bezug auf die Gefährlichkeit des Wettbewerbsverstoßes, die Größe seines Geschäftsbetriebes und weitere Faktoren noch als angemessen erscheint und damit im Einzelfall auch unter € 5.000,00 liegen kann oder andererseits eine relative Vertragsstrafe in einer bestimmbaren Höhe nach dem so genannten „Hamburger Brauch“ versprechen. Nach den Feststellungen des OLG Jena kann die von der Beklagten abgegeben Erklärung allerdings keiner der beiden vorgenannten Alternativen zugeordnet werden. Die Beklagte hat nämlich weder einen festen Betrag noch ein Bestimmungsrecht der Klägerin oder eines Dritten in Bezug auf die Höhe einer Vertragsstrafe versprochen. Durch die Abgabe einer Erklärung, die sich auf eine völlig unbestimmte Vertragsstrafe bezieht, kann der Sinn eines Vertragsstrafeversprechens – die Abhaltung des Schuldners von weiteren zumindest kerngleichen Wettbewerbsverstößen - nicht erreicht und damit auch die durch den Wettbewerbsverstoß indizierte Wiederholungsgefahr nicht beseitigt werden. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestand mithin weiter fort.

Die Entscheidung des OLG Jena zeigt einmal mehr, welchen Risiken sich Abgemahnte aussetzen können, die – ohne Einholung qualifizierten juristischen Rates – eigenmächtig eine vorformulierte Unterlassungserklärung „zu ihren Gunsten“ einseitig abändern. In der Praxis kann die Entscheidung des OLG Jena, der im Kern uneingeschränkt zuzustimmen ist,
dazu führen, dass der Abmahner nach Erhalt einer – aufgrund eigenmächtiger Abänderung des Abgemahnten „zu seinen Gunsten“ – modifizierten Unterlassungserklärung weiterhin erfolgreich eine einstweilige Verfügung gegenüber dem Abgemahnten erwirken kann, während sich der Abgemahnte nach der Abgabe der von ihm modifizierten Unterlassungserklärung in Sicherheit wiegt.