Zur Zulässigkeit von Werbeanrufen gegenüber Verbrauchern

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(Urteil des BGH vom 10. Februar 2011 - I ZR 164/09 - Telefonaktion II)*

Der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige 1. Senat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die strengen Anforderungen, die das deutsche Recht an die Zulässigkeit von Werbeanrufen bei Verbrauchern stellt, mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar sind.

Das Wettbewerbsrecht regelt, dass ein Verbraucher zwingend eine vorherige ausdrückliche Einwilligung in den Erhalt von Werbeanrufen erteilt haben muss. Verstöße gegen das Verbot unerlaubter Telefonwerbung können als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 50.000 € durch die Bundesnetzagentur geahndet werden. Die Einholung der Einwilligung zu dem Werbeanruf zu Beginn des Telefonats ist unzulässig.

Im entschiedenen Fall hatte sich eine Krankenkasse im Jahr 2003 gegenüber der Verbraucherzentrale Sachsen verpflichtet, es zu unterlassen, Verbraucher ohne deren Einverständnis zu Werbezwecken anzurufen. Für jeden Verstoß verpflichtete sie sich, eine Vertragsstrafe von 5.000 € zu zahlen. Zwei Verbraucher erhielten sodann im September 2008 von einem Call-Center einen Werbeanruf. Diese Anrufe waren im Auftrag dieser Krankenkasse durchgeführt worden. Die Verbraucherzentrale nahm sodann die Krankenkasse auf Zahlung in Höhe von 10.000 € in Anspruch .

Die beklagte Krankenkasse versuchte sich damit zu verteidigen, dass sie behauptete, die Einwilligung der Angerufenen im sog. Double-Opt-In-Verfahren erhalten zu haben. Hierbei hätten die Verbraucher bei einer Online-Gewinnspielteilnahme ihre Telefonnummer angegeben und durch Markieren eines Feldes ihr Einverständnis auch mit Telefonwerbung gegenüber der Krankenkasse erklärt. Daraufhin sei ihnen eine E-Mail mit dem Hinweis auf die Einschreibung für das Gewinnspiel (sog. "Check-Mail") an die angegebene E-Mail-Adresse übersandt worden, die sie durch Anklicken eines darin enthaltenen Links bestätigt hätten.

Die Klage der Verbraucherzentrale war erfolgreich, weil die Krankenkasse das erforderliche Einverständnis der Verbraucher in Werbeanrufe nicht nachweisen konnte. Sie hatte sich zwar auf die Einhaltung des Double-Opt-In-Verfahrens berufen; dieses Verfahren ist gemäß BGH als Nachweis jedoch ungeeignet. Selbst wenn bei Vorlage der dabei angeforderten elektronischen Bestätigung angenommen werden kann, dass der - die Einwilligung in Werbeanrufe enthaltende - Teilnahmeantrag für das Online-Gewinnspiel tatsächlich von der angegebenen E-Mail-Adresse stammt, so ist nicht sicher, dass es sich bei der angegebenen Telefonnummer tatsächlich um den Anschluss des Absenders der Bestätigungs- E-Mail handelt. So könne eine Vielzahl von Gründen für die versehentliche oder vorsätzliche Eintragung einer falschen Telefonnummer in Betracht kommen. „Das Gesetz verlangt aber zwingend, dass der konkret angerufene Teilnehmer vor dem Werbeanruf ausdrücklich sein Einverständnis erklärt hat." Dies hätte z.B. durch Ausdruck einer E-Mail des angerufenen Verbrauchers in Betracht kommen können, in der er sich ausdrücklich mit der Werbung einverstanden erklärt. Eine solche E-Mail zu speichern, wäre der Krankenkasse als Werbenden mithin ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen.

Im Ergebnis lag somit eine für den Verbraucher unzumutbare Belästigung durch den Werbeanruf vor.

*Quelle: PM BGH Nr. 29/2011

Hinweis: Da die Gesetzeslage und die hierzu ergehende Rechtsprechung ständig im Wechsel sind, kann der Autor keine Haftung für die Aktualität und Richtigkeit der zusammengestellten Informationen übernehmen. Wir bitten die Leser daher um Verständnis.