Bahn will die Provisionen für Reisebüros senken

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Von Rechtsanwalt Dr. Fabian Georg Heintze

Nach dem Schock durch den Provisionswegfall für Flugreisen der Lufthansa nun auch noch die Bahn: Für die Vermittlung von Bahnreisen soll das Reisebüro von jetzt zehn Prozent nur noch zwei Prozent Provision erhalten. Doch was bedeutet das für Sie als Betreiber eines Reisebüros?

  1. Kündigung des bisherigen Vertrages durch die Bahn und Abschluss eines neuen Vertrages.

    Wenn die Bahn die Provisionen tatsächlich drastisch reduziert, wird das einer Kündigung des Handelsvertretervertrages gleichkommen. In diesem Fall erhält das Reisebüro den so genannten Handelsvertreter-Ausgleichsanspruch. Dieser Ausgleichsanspruch hat in der Regel eine beträchtliche Höhe und es kann sich für das Reisebüro lohnen, den Verkauf von Bahntickets einzustellen und stattdessen den hohen Ausgleichsanspruch geltend zu machen.
    Wie hoch ist der Ausgleichsanspruch? Er beträgt im Durchschnitt das doppelte bis fünffache des Neukundenumsatzes im letzten regulären Vertragsjahr und darf nicht höher sein als der durchschnittliche Gesamtprovisionsumsatz.

  2. Ist die Bahn berechtigt, das Reisebüro vor die Wahl zu stellen, den Vertrag mit erheblich reduzierten Provisionen weiterzuführen oder den Verkauf von Bahntickets einstellen zu müssen?

    Grundsätzlich hat die Bahn dieses Recht, muss jedoch auch die Konsequenzen in Kauf nehmen. Geschieht dies in Form einer Kündigung, fällt der schon erwähnte Ausgleichsanspruch des Reisebüros an. Geht das Reisebüro auf das Angebot der Bahn ein, entscheidet der Einzelfall, ob es sich um eine Weiterführung des alten Vertrags zu veränderten Bedingungen handelt oder um eine Kündigung und das Angebot zum Abschluss eines neuen Vertrages. Im zweiten Fall wäre ein Ausgleichsanspruch von der Bahn zu zahlen, obwohl das Reisebüro weiterhin Fahrkarten verkauft.

  3. Sofern das Reisebüro Handelsvertreter für die Bahn bleibt, hat es auch einen Anspruch auf eine angemessene Provision.

    Wenn für ein Unternehmen regelmäßig und nicht nur gelegentlich ein Vertragsschluss vermittelt wird, ist das Reisebüro Handelsvertreter. Das bedeutet, dass das Reisebüro als Handelsvertreter auch einen Anspruch auf die Provision gemäß § 87 HGB hat. Eine Regelung in vorgefertigten Verträgen, die diesen Anspruch erheblich einschränkt, ist häufig unwirksam. Die Folge: Das Reisebüro hätte auch weiterhin einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung.

  4. Ratschlag für die Vorgehensweise des Reisebüros:

    Wenn Sie ein Angebot auf Änderung Ihres Vertrages von der Bahn oder einem anderen Unternehmen präsentiert bekommen, wenden Sie sich an einen spezialisierten Rechtsanwalt, um mit ihm die wirtschaftlichen und rechtlichen Konsequenzen zu erörtern. Er wird für Sie die Höhe des möglichen Ausgleichsanspruchs kalkulieren und Ihnen so die Grundlage für eine fundierte Entscheidung an die Hand geben. Ganz allgemein gilt an dieser Stelle wie immer der Rat: Bevor Sie etwas unterschreiben, wenden Sie sich an einen spezialisierten Rechtsanwalt.


Rechtsanwalt Dr. Fabian Georg Heintze
http://www.legitas.de/heintze

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