Das kaufmännische Bestätigungsschreiben

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Einleitung

Ein in Vergessenheit geratender Handelsbrauch?

Von Rechtsanwalt Dennis Sevriens

Das kaufmännische Bestätigungsschreiben ist auf die Vorschrift § 346 Handelsgesetzbuch (HGB) zurückzuführen. In dieser Vorschrift ist geregelt, dass Handelsbräuche für die Auslegung von Willenserklärungen und die Rechtsfolgen von Handlungen und Unterlassungen heranzuziehen sind. Damit werden die normativen Regelungen der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) insoweit ergänzt, als dem Handelsbrauch als kaufmännische Verkehrssitte der Vorrang vor der allgemeinen Verkehrssitte zukommt. Der Handelsbrauch nach § 346 HGB kann demzufolge als lex specialis zu den §§ 133, 157 BGB verstanden werden.

Handelsbräuche und das hier besonders interessierende kaufmännisches Bestätigungsschreiben gelten allerdings nur unter Kaufleuten und nur dann, wenn es sich bei dem betreffenden Rechtsgeschäft um ein beiderseitiges Handelsgeschäft handelt. Hier besteht indes gemäß § 344 HGB eine Vermutung dafür, dass die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte im Zweifel als zum Betrieb seines Handelsgewerbes nötig waren. Kaufleute sind diejenigen, die ein Handelsgewerbe betreiben, wobei Handelsgewerbe diejenigen Gewerbebetriebe sind, die nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern. Wann nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Gewerbebetrieb vorliegt, hängt von der Praxis der jeweiligen Gewerbeaufsichtsämter ab. In Berlin zum Beispiel ist der Jahresumsatz eines Gewerbetriebes in Höhe von 100.000,00 € Grund genug, eine Eintragung als eingetragener Kaufmann (e.K.) im Handelsregister zu erhalten - es besteht dann natürlich bereits kraft § 1 HGB die Kaufmannseigenschaft. Es kommt daher nicht auf eine Eintragung im Handelsregister an. Wer die o.g. Voraussetzungen für sein Handelsgewerbe erfüllt, ist "automatisch" ein so genannter (Ist-)Kaufmann. Eine Pflicht zur Eintragung besteht nämlich nicht, so dass in der Praxis oft Unsicherheiten hinsichtlich der Kaufmannseigenschaft der Gewerbetreibenden bestehen. Im Zweifel sollte daher eine Eintragung ins Handelsregister zur Anmeldung gebracht werden, wenn man die Vor- und ggf. auch Nachteile der Vorschriften des HGB für seinen Gewerbebetrieb nutzen und in Kauf nehmen möchte.

Das kaufmännische Bestätigungsschreiben

Wer also die Kaufmannseigenschaft nach den soeben aufgeführten Grundsätzen erfüllt, kann die Vorteile eines kaufmännisches Bestätigungsschreibens in seinem Betrieb verwenden - muss aber zugleich auch die Wirkungen gegen sich gelten lassen. Das kaufmännische Bestätigungsschreiben hat den Zweck, den Inhalt eines Vertrages, der nach zähen Verhandlungen oftmals erheblich von dem ursprünglichen Angebot abweicht, schriftlich zu Beweiszwecken zu fixieren und dient damit der Sicherheit und Klarheit im Handelsverkehr. Das kaufmännische Bestätigungsschreiben hat vier Voraussetzungen.

  1. Zwischen den Parteien müssen mündliche oder fernmündliche Vertragsverhandlungen stattgefunden haben - bei rein schriftlichen Verhandlungen, z.B. per E-Mail oder Telefax ist nach herrschender Rechtsprechung kein Raum für das kaufmännische Bestätigungsschreiben. Es gibt allerdings auch nicht wenig Stimmen in der Literatur, die ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben auch nach schriftlicher Kommunikation gelten lassen wollen. Gerade in Zeiten der vielfach immer noch praktizierten unsicheren E-Mail-Kommunikation ohne Verschlüsselung und/oder Signaturen sollte meines Erachtens eine Zusammenfassung der virtuellen Korrespondenz per Brief oder Telefax den Anforderungen an ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben genügen.

  2. Das kaufmännisches Bestätigungsschreibenmuss muss seinem Inhalt nach einen vorausgegangen Vertragsschluss bestätigen wollen, hierbei spricht man von einem deklaratorischen kaufmännisches Bestätigungsschreiben, weil der eigentliche Vertragsschluss nicht durch das kaufmännisches Bestätigungsschreiben zustande kam, sondern zeitlich davor lag und dieser Vertrag nur zu Beweiszwecken schriftlich fixiert wird. Aus dem Schreiben muss der eindeutige Wille, den antizipierten Vertragsschluss dem wesentlichen Inhalt (essentialia negotii) nach vollständig zu bestätigen, erkennbar sein. Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben liegt deshalb nicht vor, wenn der Absender den Empfänger um eine Bestätigung bittet - dann liegt lediglich eine Auftragsbestätigung vor, die einer Annahme nach § 150 Abs. 2 BGB gleichkommt und ggf. unter den besonderen Voraussetzungen von § 151 BGB einem (weiteren) Angebot, dass keiner weiteren Annahme bedarf. Von einem konstitutiven kaufmännischen Bestätigungsschreiben spricht man hingegen, wenn sich die Parteien bei den Verhandlungen darüber einige waren, dass das mündlich Vereinbarte nur Gültigkeit haben soll, wenn es von einer Partei schriftlich bestätigt wird.

  3. Weitere Voraussetzung ist, dass das kaufmännische Bestätigungsschreiben zeitlich in engem Zusammenhang mit dem Vertragsschluss bzw. beim konstitutiven kaufmännischen Bestätigungsschreiben mit den Vertragsverhandlungen abgesandt und dem Empfänger zeitnah zugegangen ist. Der Beweis obliegt dem Versender eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens. Der enge zeitliche Zusammenhang dürfte im Allgemeinen mit einer Zeitspanne von etwa drei Tagen zwischen den Verhandlungen und dem kaufmännischen Bestätigungsschreiben gegeben sein.

  4. Keine Wirkung entfaltet das kaufmännische Bestätigungsschreiben, wenn der Versender bewusst unrichtig - also arglistig - vom Verhandlungsergebnis abweicht oder wenn der Inhalt so stark vom dem Ergebnis abweicht, dass mit einem Einverständnis vernünftigerweise nicht gerechnet werden konnte. Wenn beide Parteien inhaltlich abweichende kaufmännische Bestätigungsschreiben an den jeweils anderen versenden, kommt es natürlich auch nicht zu einem Vertragsschluss.

Fazit

Wer einem ordnungsgemäßen kaufmännischen Bestätigungsschreiben nicht fristgerecht widerspricht, muss den Inhalt gegen sich gelten lassen und kann sich nicht darauf berufen, er habe nicht gewusst, dass ein Vertrag bestätigt worden bzw. durch Schweigen zustande gekommen ist. Es gilt die widerlegliche Vermutung, dass ein Vertrag mit dem Inhalt des kaufmännischen Bestätigungsschreibens zustande gekommen ist. Wer mit dem Inhalt des kaufmännischen Bestätigungsschreiben nicht oder teilweise nicht einverstanden ist, sollte deshalb unverzüglich ganz oder einzelnen Punkten widersprechen und sicherstellen, dass er den Zugang seines "Widerspruchs" beweisen kann.

Ein einfaches Bestätigungsschreiben kann schon in der folgenden Formulierung liegen:

«Ich beziehe mich auf die mit Ihnen am 17.06.2005 geführten Verhandlungen. Wie besprochen und vereinbart, werde ich für Sie eine Homepage, ein neues Firmenlogo und einen Werbeprospekt erstellen. Die ersten Entwürfe werde ich Ihnen bis Ende nächste Woche übermitteln. Wir waren uns darüber einig, dass die Entwurfsarbeiten für die Homepage mit 700,00 €, für das Firmenlogo mit 500,00 € und für den Prospekt mit 300,00 € vergütet werden.»

Der Handelsbrauch des kaufmännischen Bestätigungsschreibens ist nach herrschender Rechtsprechung nicht auf Kaufleute beschränkt. So können auch Personen, die nicht Kaufleute im Sinne des HGB sind, aber ähnlich einem Kaufmann am Geschäftsleben teilnehmen, das kaufmännisches Bestätigungsschreiben als Bestätigender versenden und so die Folgen eines Vertragsschlusses herbeiführen. Hierunter fallen viele Kreative, die zum Beispiel das World Wide Web gestalten und programmieren. Dagegen sind die Voraussetzungen an die Kaufmannseigenschaft beim schutzwürdigeren Empfänger wesentlicher höher. Denn eigentlich kennt das deutsche Zivilrecht keinen Vertragsschluss durch Schweigen - insoweit handelt es sich um eine außerordentliche Ausnahme - nämlich um einem altem Handelsbrauch unter Kaufleuten aus einer Zeit als ein Handschlag noch ein Handschlag war und einen Vertrag krönte.