Jahresabschluss einer GmbH ohne Anhang unwirksam – und die Gewinnausschüttungen anfechtbar!

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Gewinnausschüttungen können zurückgefordert werden

Jahresabschluss einer GmbH ohne Anhang unwirksam – und die Gewinnausschüttungen anfechtbar!

Von Rechtsanwalt Luis Fernando Ureta

Bei einem Jahresabschluss ohne Anhang können Ausschüttungen vom Insolvenzverwalter zurückgefordert werden, bestätigte das Oberlandesgericht Stuttgart in einer aktuellen Entscheidung.

Der Jahresabschluss einer Kapitalgesellschaft (GmbH) umfasst zwingend die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung sowie den Anhang. Im Anhang sollen – vereinfacht ausgedrückt – Erläuterungen zu den vorangegangenen Zahlen erfolgen. In der Praxis fehlt jedoch häufig der Anhang, auch wenn Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung von einem Steuerberater erstellt wurden. Gründe hierfür sind u.a. der damit verbundene Arbeitsaufwand für den Berater, aber auch die fehlenden Informationen durch den Mandanten.

Luis Fernando Ureta
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Die Konsequenzen dieses „kleinen“ Versäumnisses sind drastisch. Da der Anhang ein gesetzlicher vorgeschriebener Bestandteil des Jahresabschlusses ist, liegt in diesen Fällen noch kein wirksamer Jahresabschluss vor. Mit der Folge, dass auch die darauf basierenden Beschlüsse zur Gewinnausschüttung unwirksam sind. Konsequenz: Die Zahlungen an die Gesellschafter erfolgten ohne Rechtsgrund und konnten in diesem konkreten Fall durch den Insolvenzverwalter der GmbH zurückgefordert werden.

OLG Stuttgart vom 11.02.2004

Praktische Konsequenzen

In der Praxis verzichten viele Steuerberater und GmbH auf die Erstellung eines solchen Anhangs. Dies dürfte zukünftig nicht mehr geschehen, da andernfalls die Gläubiger direkten Zugriff auf die Gesellschafter nehmen werden und der Steuerberater seinerseits wegen eines Beratungsfehlers haften kann. Betroffene sollten ihre Abschlüsse kontrollieren und ggf. nachbessern lassen.

Betroffene Gesellschafter können evtl. prüfen, ob sie den Steuerberater der GmbH in Haftung nehmen, wenn dieser das Fehlen des Anhangs zu verantworten hat.

Gläubiger einer insolventen GmbH sollten von sich aus prüfen, ob die Abschlüsse der Vergangenheit aufgrund fehlender Anhänge unwirksam sind und deshalb Rückforderungsansprüche gegen die Gesellschafter bestehen.

Weiterhin können sich im Einzelfall wohl auch einzelne Gesellschafter auf die Unwirksamkeit der Ausschüttung berufen und die Rückzahlung der Gelder einfordern. Dies dürfte u.a. bei umstrittenen Abschlüssen in Betracht kommen, wenn bspw. ein Minderheitsgesellschafter überstimmt wurde und sich die Mehrheitsverhältnisse zwischenzeitlich geändert haben.


Rechtsanwalt Luis Fernando Ureta
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